Foto: ©Marek & Beier Fotografen

Mein Körper, mein Leben und ich

Das gefällt mir noch nicht.

Hier könnte ich noch ein bisschen weniger haben, da ein bisschen mehr.

Die sieht aber toll aus.

Jahrelang kämpfte ich, tagein, tagaus.

 

Ich wollte „normal“ sein.

Dazugehören.

Schön sein.

Verglich mich mit anderen, strengte mich an, glaubte wenn ich mich nur genügend anstrenge, dann müsste ich es doch auch schaffen.

Schließlich schaffen es doch die anderen auch.

Also liegt es an mir.

Diese Gedanken führten dazu, dass ich wütend wurde.

Auf das was ein Geschenk ist, unbezahlbar und eben dadurch auch so unendlich wertvoll.

Mein Leben, meinen Körper.

Das ich diesen Kampf nie gewinnen werde, begriff ich erst vor wenigen Jahren.

Was mir half und worüber ich so froh bin, dass ich diese Erinnerung erst vor ein paar Tagen nochmal durch die Worte von Laura Malina Seiler bekam:

„Inneren Frieden findest du erst, wenn du aufhörst zu kämpfen.“

Sollten andere schlecht über dich reden, dich nicht so behandeln wie du es dir wünscht, ist das alles nichts,

gegen die Worte, die du gegen dich selber richtest.

Weil du denkst oder glaubst, du müsstest jemand anderer sein, als du bist.

Weil du glaubst so wie du bist, bist du nicht gut genug.

In dem Moment wo wir aufhören uns selbst zu bekriegen, zu bekämpfen, können wir nicht nur Frieden finden, sondern auch anfangen uns zu das zu geben, wonach wir uns alle so sehr sehnen.

Liebe.

„Denn wir sind es, die Liebe zu uns selbst, aus der alles entspringt, wo alles seinen Anfang nimmt.“

 

Alles Liebe,

Jaqueline

 

Mein Körper und ich 

Ich habe dich geschunden,
beinahe wärst du mir komplett entschwunden.
Habe dich gequält, gefoltert,
am Ende konnte ich dich nur noch hassen.
Weil ich nicht verstehen,
nicht sehen
wie du aussiehst,
nicht fassen,
dass ich das wirklich sein sollte.
Dieser Mensch im Spiegel.
Nein.
Bin vorbeigelaufen,
fast übergelaufen an Hass und Wut.
Das tat mit gar nicht gut.
Nur noch all die anderen gesehen,
die Schlanken und Ranken,
die Schönen und Glücklichen.
Nicht verstehen, wenn es doch so einfach scheint.
Wieso bin ich es nicht, die auch so erscheint?
Hilft es wenn ich aufhöre zu essen?
Ob ich dann vergesse, all die Wut in meinem Bauch?
Ich probierte all die Diäten aus,
ließ fast nichts aus.
Wollte es so sehr,
den perfekten Körper,
schön sein,
schlank sein,
beinahe um jeden Preis,
nur mich und dich lieber Körper irgendwann nicht mehr.
Du wurdest zu meinem Feind.
Einen gegen den ich mich wehrte,
den ich hungern ließ,
dann wieder aß und fraß.
Bis nichts mehr saß.
Hab das alles nur schwer ertragen.
Mich mit dir vertragen?
Wie sollte das möglich sein?
Wo du doch so gemein.
Nein, so konnte, sollte das nicht sein.
Mit all den Jahren wuchs die Wut,
der Hass und die Kleidergröße in die ich passte, in dem Maß, wie ich dich hasste.
Bis da plötzlich jemand kam,
der fragte mich:
Hast du schonmal gesagt: „Ich liebe mich?“
All das Gebaue, das Geschinde,
der Hass, die Wut, die Schuld
aus der entstand meine Mauer,
fiel mit einem Mal und ich wurde richtig sauer.
Was erlaubt der sich, dachte ich.
Unverschämtheit, Gemeinheit,
konnte nicht sehen oder verstehen das er mir helfen wollte mich zu befreien.
Stattdessen, fing ich an zu schreien und zu weinen.
Fühlte mich enttarnt, nackt,
woher konnte er es wissen,
ich bekam ein schlechtes Gewissen.
Alles war durch diese eine Frage wieder da,
so verdammt nah.
Die Wut und dieser Schmerz, auf dich mein Körper, auf mich.
Schnell packte ich alle Sachen,
wollte mich davon machen.
Weg von allem.
Flüchten.
Ganz weit weg, in irgendein Versteck.
Wieder einmal.
Doch noch bevor ich ging, stand ich da,
fragte mich und dachte nach, wies mir in meinem Leben erging.
Brach zusammen.
Meine Welt, die ich mir so mühsam und sorgsam erschaffen,
in der ich mich jeden Tag aufs Neue, musste aufraffen.
All diese Schranken und das tagtägliche Wanken.
Ich konnte nicht mehr, wollte nicht mehr.
Aufhören.
Eine Entscheidung musste her,
sie kam, war da, ganz klar,
will mehr.
Vom Glück auch ein großes Stück.
Denn schließlich bin ich auch ein Teil von „alle“, auch wenn ich nur mir gefalle.
Was dort an diesem Tag begann,
ist etwas was bei dir begann.
Mein lieber Körper,
lange warst du mir ein verhasster Fremdkörper
wollte mich von dir trennen,
wegrennen,
mir einen neuen kaufen.
Jetzt höre ich endlich auf dich mit anderen zu vergleichen und stelle neue Weichen.
Fange an dich, mich zu lieben und frage mich, was hat mich nur soweit getrieben.
So dankbar, dass du mir bist geblieben.
Du bist ein Teil von mir,
ich darf in dir wohnen,
an dir mich erfreuen,
auf dich vertrauen,
mit dir neue Wege bauen.
Da war der Hass und auch die Wut,
heute ist da endlich Mut und das Wissen, es wird gut.
Denn ich habe mich und dich dabei und bin endlich frei.

Der Beitrag ist auf www.vliender.de unter dem Titel “Mein Körper und ich” am 25.Oktober 2017 erschienen.

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