Mit 50 nochmal voll durchstarten: naiv oder wagemutig? Unsere Community-Autorin hat sich getraut.
Ein halbes Jahrhundert hinter mir
In etwas mehr als zwei Monaten ist es soweit- ich werde 50! Ob mich das erschreckt? Da bin ich mir noch nicht so ganz sicher, das entscheidet sich wohl erst kurz vor dem Stichtag. Im Moment würde ich sagen, 40 zu werden war wesentlich schlimmer. Diese Gewissheit jetzt echt und endgültig erwachsen zu sein … Mit fast 50 bin ich mit mir im Reinen wie zu keinem Zeitpunkt davor und das genieße ich.
Die Kinder sind aus dem Haus und ich habe das „Empty-Nest-Syndrom” mittlerweile überwunden, obwohl ich absolute Vollblutmutti war und bin. Es war einfach Zeit die Kinder in ihre eigene Welt zu entlassen. Allerdings habe ich jetzt verständlicherweise auch sehr viel mehr Zeit für mich – was ich auch genieße. Ich muss zum Beispiel zu keiner bestimmten Zeit mehr zuhause sein, weil ich kochen muss. Überhaupt koche ich nur noch, wenn mir danach ist und am Wochenende. Ich kann den ganzen Tag schalten und walten wie ich möchte. Bitte nicht falsch verstehen, ich sitze nicht zuhause und drehe Däumchen, mitnichten. Aber ich kann mir meine Arbeit in der Agentur meines Mannes, als Bloggerin und Hausfrau, frei einteilen.
Beruflich noch einmal neu anfangen, geht das?
Und dennoch würde ich mich gerade arbeitszeittechnisch gerne wieder fest binden. Soll heißen, ich möchte mich auf meine fast schon alten Tage beruflich verändern, ich möchte einen Job der mich erfüllt, in dem ich gut bin, mit einigermaßen geregelten Arbeitszeiten.
Im Hinblick darauf habe ich eine mehr als zweijährige Ausbildung an einer Journalismusschule absolviert. Schon als ganz junges Ding wollte ich eigentlich Journalistin werden, habe es mir aber schlichtweg nicht zugetraut: zu schüchtern, zu wenig Selbstvertrauen, zu viel Angst vor Ablehnung. Und heute?Genannte Probleme habe ich nur noch in geringem Ausmaß, also so, dass ich bestens damit leben kann.
Heute habe ich dafür etwas anderes: ALTER! Mit 50 reißen sich wohl die wenigsten Arbeitgeber um einen. Vermutlich weil sie davon ausgehen mit 50 wäre eine Arbeitskraft nicht mehr dynamisch, flexibel und kreativ genug. Aber ich kann allen Arbeitgebern da draußen versichern, dem ist nicht so! Nie in meinem Leben war ich dynamischer, flexibler oder kreativer als gerade jetzt.
50 hat auch seine Stärken
Warum das so ist? Weil ich mich gerade jetzt voll auf das konzentrieren kann, was ich möchte und was mir gut tut. Ich bin frei für neue Gedanken und Aufgaben, ich bin ein glücklicher, zufriedener Mensch und genau deswegen eine hervorragende Arbeitskraft. Ich habe Erfahrungen, die keiner mit Mitte zwanzig haben kann. Ich werde nicht mehr schwanger, ich muss nicht zuhause bleiben, weil eines der Kinder krank ist, ich muss nicht dringend zu einer bestimmten Zeit zuhause sein. Das sind „Vorteile”, die ich jüngeren Frauen gegenüber habe. Ich will damit aber natürlich keineswegs sagen, liebe Arbeitgeber stellt nur noch alte Schachteln ein. Nein, im Gegenteil, ich finde ein Mix aus jung und „alt” könnte ein Erfolgsrezept sein, eines in dem man sich gegenseitig inspiriert.
Es steht jedoch zu befürchten, dass die meisten Arbeitgeber diese Ansicht zumindest noch nicht teilen. Aber zumindest werden es immer mehr. Es wird ihnen auch gar nichts anderes übrig bleiben, denn wie wir alle wissen wird die Bevölkerung immer älter.
Sprung ins kalte Wasser
Ich für meinen Teil bin jedenfalls gerade mittendrin im Bewerbungswahnsinn. Ich habe meinen Abschluss von der Journalistenschule in der Tasche und nun würde ich das dort erlernte Wissen und Können auch gerne praktisch anwenden – sofern man mich läßt, sofern man mir eine Chance gibt. Es gibt durchaus viele schöne Jobangebote in der Richtung, trotzdem bleiben berechtigte Zweifel – obwohl ich immer positiv denke – ob man in der Arbeitswelt ausgerechnet auf mich alte Schachtel wartet, ob irgendjemand da draußen die Vorzüge meines Alters erkennen und wertschätzen kann.
Ich habe schon einige Bewerbungen losgeschickt und bisher nur Absagen bekommen. Ich befürchte, auch wenn das keiner jemals zugeben würde, es liegt oft an meinem Alter. Jedesmal heißt es in der Antwort, es hätte Bewerbungen gegeben deren Profil besser passe. Mag ja sein, aber aus welchem Grund?
Dennoch bin ich keineswegs so weit demoralisiert, dass ich ans Aufgeben denken würde. Im Gegenteil, ich denke oder rede mir ein, dass bisher einfach noch nicht das Richtige für mich dabei war. Wenn es soweit ist, dann wird es auch klappen mit dem Job. Manchmal braucht man eben einfach einen etwas längeren Atem. Und den habe ich und den sollten wir alle, jenseits der 40 oder 50, haben. Wahrscheinlich gab es noch nie bessere Chancen für ältere Arbeitsuchende als heute, tatsächlich nochmal einen Job zu finden für den man brennt. Wir sollten uns trauen, Altes hinter uns zu lassen, wenn es uns nicht glücklich macht und neue Wege gehen, auch wenn es sicher nicht leicht ist und wir viele Hindernisse umgehen müssen. Ich bin mir sicher, es lohnt sich.
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