Foto: fromaustria.com

„Nur ein Produkt zu verkaufen reicht nicht mehr“

Dinge, die niemand kennt, sucht auch kein Mensch auf Google. Wie also erreichen regionale Produkte neue Kunden?

 

Zissa Grabner und Alexandra von Quadt haben sich mit österreichischer Bodenständigkeit selbstständig gemacht. In ihrem Onlineshop fromaustria.com verkaufen sie ausschließlich regionale Produkte von oftmals kleinen und unbekannten Herstellern – in die ganze Welt. Im Interview erzählt die Wahlwienerin Alexandra von Quadt, wie sie es geschafft haben, neue Marken und besondere Produkte bekannt zu machen, die aufgrund ihrer Qualität und nicht ihres Preises gekauft werden sollen.

In eurem Onlineshop verkauft ihr ausschließlich österreichische Produkte. Wie kam es zu der Idee?

„Als meine langjährige Freundin Zissa und ich bei einer Buchpräsentation in der alt-glamourösen Eden Bar in der Wiener Innenstadt saßen und zuerst ich sagte, dass ich keinen Bock mehr auf das Beraterleben und ständige Herumgereise habe, und sie erwiderte ‘Und ich weiß nicht, ob ich mir jetzt einen Job in einem Konzern suchen oder was Eigenes aufziehen soll’ haben wir den Grundstein für die Idee gelegt. Etwas mit Sinn, etwas, das uns Spaß macht, sollte es sein. Ich hatte mich mit dem Thema E-Commerce zwar schon intensiv auseinandergesetzt, jedoch immer konzeptionell und nur einmal in eigener Sache operativ, in einer Zeit, als selbst Zalando nur ein Zukunftstraum der Samwer Brüder war.“

Wie ging es weiter?

„Aus dem Gespräch in der Bar wurde bald ein Shop-Konzept und im März 2013 gründeten wir eine GmbH. Im Juni 2013 war es dann soweit. Unser Onlineshop startete mit einem Mix aus bekannten österreichischen Traditionsmarken, zahlreichen Designern und kleinen, feinen Herstellern österreichischer Qualität. Zielgruppe: Österreich-Liebhaber und Touristen, deren Ansprüche weit über das Wörtchen „pauschal“ hinausgehen.“

Wie grenzt man sich als Onlineshop von der Konkurrenz ab?

„Ich bin als ehemalige Journalistin ein großer Fan von Storytelling. Die thematische Platzierung von Möbeln in ansprechenden Wohnlandschaften beispielsweise, oder die Geschichte aus dem hintersten Winkel des schottischen Hochlands über den Wollpulli schaffen es, Produkte emotional aufzuladen und in einen Kontext zu stellen, der mit Träumen, Interessen oder dem Wunsch von Kunden spielen, die etwas Besonderes besitzen wollen. Das Produkt allein reicht also nicht mehr.”

Wie übersetzt man diese Geschichten für Produkte, die online verkauft werden?

„Es war uns klar, dass wir, wenn wir die die Plattform als eine mit internationaler Ausrichtung etablieren wollen, tief in den Geschichtentopf greifen müssen. Auf Google sucht nun mal kaum ein Mensch nach einer Lederhosen-iPad-Hülle aus handgegerbtem Hirschleder, und von einer Firma namens Apreciouz hat in England noch nie jemand gehört. Also haben wir schon lange bevor wir online gegangen sind unser Magazin und unsere Facebook-Seite gestartet, über typisch österreichische Themen berichtet und so Österreich-Fans auf uns aufmerksam gemacht. Jetzt nutzen wir fast alle Social-Media-Kanäle – von Instagram über Pinterest bis hin zu Twitter – und halten das gesamte Team dazu an, kleine Geschichten in Form von Bildern aus ihrem Leben zu erzählen, um uns als Onlineshop haptisch zu machen.“

Kann eine Content-Strategie einer Preis-Strategie-Konkurrenz machen?

„Guter Content ist King – auch wenn das erst einmal banal klingt. Das machen High-End-Onlineshops seit jeher vor und wenn man ein „nice to have“-Impuls-Produkt verkauft und nicht Spülmittel, welches meist über den Preis seinen Absatz findet, sollte man sich Mühe geben und den Kunden anregen, sich eine Geschichte oder schöne Bilder anzusehen. Unsere Produkte sind saisonal unabhängig und werden auch von unseren rund 80 Herstellern nicht billiger abverkauft. Also machen wir – bis auf wenige Ausnahmen – keine roten Sticker mit einem Minus- und einem Prozentzeichen drauf. Müssen wir auch nicht. Unsere Produkte sind zu 75 Prozent nicht auf Amazon erhältlich – dem Preiswahnsinn und der Vergleichswut von Kunden setzen wir uns also nicht aus. Außerdem legen wir unsere Hersteller komplett offen, erzählen deren Unternehmensgeschichte – sie sind unserer größtes Asset!“

Content-Marketing ist viel Arbeit. Wie steigert ihr die Reichweite eures Shops außerdem?

„Neben Banner-Werbung, PR und Kooperationen ist ein Teil unserer Strategie, unseren Content weiterzugeben, und zwar an Medien und Unternehmen, die viel mit Touristen in Kontakt sind. Das ist ein Tauschgeschäft – Inhalte für Reichweite. Im Gegenzug können Unternehmen, die eine ähnliche Zielgruppe wie wir ansprechen, auch bei uns inhaltlich ‘stattfinden’. Bei der Auswahl sind wir natürlich sehr restriktiv, wir würden niemals ein Produkt oder einen Dienstleister über unsere Kanäle kommunizieren, der nicht zu unserem Konzept passt. Außerdem verfassen wir die Inhalte selbst, da greife ich auch gerne zum Hörer und erkläre Marketing-Managern, dass wir ihre Inhalte nicht eins zu eins übernehmen können, um unserem Qualitätsanspruch treu zu bleiben.“

Was für Geschichten finden Kunden bei euch?

„Unsere wichtigsten Lieferanten für gute Geschichten sind unsere Hersteller. Sie haben oft eine jahrhundertlange Firmengeschichte, waren kaiserliche Hoflieferanten oder sind seit der siebten Generation in Familienbesitz. Das allein ist in einer Zeit, wo alles schnell, anonym und etwas seelenlos zu werden droht, schon interessant. Unsere Kunden wollen sich inspirieren lassen, etwas Besonderes für sich oder ihre Lieben kaufen. Sie stöbern in Concept Stores und Museumsshops und interessieren sich für Kultur. Und genau diese Menschen wollen auch Produkte kaufen, die eine Geschichte erzählen.“

Bild: Zissa Grabner (links) und Alexandra von Quadt sagen: „Wir verkaufen Österreich.“

 

Über Strategien und Storytelling im E-Commerce sprachen wir zuletzt mit Anna Bojic von Merisier. Die studierte Bildhauerin erzählt im Interview mit EDITION F von der großen Bedeutung von Aufmerksamkeiten: unter Freunden und im Geschäftsleben. Sie sagt: „Geschenke sind ein wunderbares Kommunikationsmittel.“

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