Foto: Outfittery

Anna Alex: „Wenn es einfach wäre, wäre es ja auch langweilig“

Anna Alex und Julia Bösch gehören zu den Startup-Gründerinnen Deutschlands. Für ihr Unternehmen Outfittery sammelten sie über 15 Millionen Euro ein.

 

Schöner Shoppen für Männer

In einem verklinkerten Hinterhofgebäude im Herzen Kreuzbergs sitzt Outfittery. Die Idee hinter dem Berliner Startup ist denkbar simpel: Männer können sich beim Online-Shopping beraten lassen. Über fünf Etagen erstrecken sich die Räume des Startups. 2012 gründeten Anna Alex und Julia Bösch den Shopping-Dienstleister, 150 Mitarbeiter haben die beiden Gründerinnen mittlerweile. Über 15 Millionen Euro konnten die beiden für ihr Startup von Investoren wie Holtzbrinck Ventures, Highland Capital Partners Europe und RI Digital Ventures einsammeln. Kein Wunder, dass die Jury und unsere Nutzer die beiden unter die 25 Frauen für die digitale Zukunft wählten.

Wir treffen uns in der mit Männermode und den gewonnenen Awards der letzten Jahre ausstaffierten Besucherlounge im vierten Stock, wo eine handbeschriebene Tafel verkündet, dass heute Computer-Aufräumtag ist und die Sonne gegen 17.00 Uhr untergehen wird. Vor mir stehen Anna und Julia, zwei so freundlich wie resolut wirkende Unternehmerinnen, die mich mit einem festen Händedruck begrüßen, bevor sie mich in den Showroom führen. Hier schauen auch regelmäßig die männlichen Onlineshopper vorbei. Einerseits um sich ganz altmodisch analog vom Sortiment zu überzeugen und andererseits davon, dass sie wirklich von Menschen beraten werden, wie Julia schmunzelnd erzählt.

Das Aha- Erlebnis

Die Idee zu ihrem Unternehmen kam den beiden Frauen bei einem Aha-Erlebnis in New York. Hier nahm ein gemeinsamer Freund einen Personal Shopper in Anspruch und kam Stunden später glücklich sowie ausgestattet mit Kleidern für ein Jahr zurück. „Genau diese männliche User-Experience wollten wir dann online übersetzen“, sagt Anna. Keine Überraschung, kommen doch beide aus dem E-Commerce. Kennengelernt haben sich die Gründerinnen bei Rocket Internet, wo sie für Zalando gearbeitet haben. Julia hat die Internationalisierung des Online-Retailers begleitet, Anna im Bereich Produkt und IT gearbeitet. Schnell war ihnen klar, dass sie etwas gemeinsam hochziehen wollen. Einmal beschlossen, finanzierten sie die Gründung des Unternehmens erst einmal eigenständig und arbeiteten selbst als Stylisten, von der Beratung bis zum Packen der Pakete. Mittlerweile haben sie sich Investoren mit ins Boot geholt. Anfang letzten Jahres bekamen sie in ihrer Series B (3 Finanzierung für ein Startup) 13 Millionen Euro.

Individuelle Auswahl und ein kühles Bier

Julia zeigt mir die Versandboxen. Sorgfältig bepackte Kartons mit einem persönlichen Begleitschreiben und einer Flasche Outfittery-Bier. Ein silbern-glänzendes Gimmick, das von Detailverliebtheit erzählt, die auf Klischees trifft – und bei der Zielgruppe, der über 30-Jährigen, berufstätigen Männern ankommt, glaubt man den Zahlen der Gründerinnen. Mit den 13 Millionen wollen die beiden Gründerinnen weitere Märkte erschließen.

Doch brauchen Männer wirklich Hilfe, um sich gut kleiden zu können? „Nein“, sagt Anna bestimmt, „viele unserer Kunden können sich selbst sehr gut kleiden, haben aber einfach andere Prioritäten im Leben als sich mit Einkaufen zu beschäftigen und wollen das gerne abgeben.“ Bei Outfittery werden sie dann von Stylisten zu Fragen über Kombinationen, Schnitte oder auch bestimmten Anlässe beraten. Dass ihre Styling-Team hauptsächlich aus jungen, gutaussehenden Frauen besteht, sieht Julia in einer grundsätzlichen Modeaffinität von Frauen begründet: „Es liegt einfach in der Natur der Frauen, dass sie Männer gerne anziehen. Zudem hat sich bei einer unserer Facebook-Umfrage herausgestellt, dass Frauen von Männern eine natürliche Modekompetenz zugesprochen wird.“ Wie hoch bei dieser Auswahl die Retourquote ist, wollen sie nicht verraten. Nur so viel, dass jeder Shopper im Schnitt Kleidung für 250 Euro behält.

Optimierung durch offenes Feedback

Und, Outfittery soll weiter wachsen. „Wir wollen uns, unsere Arbeit und unser Team täglich verbessern. Das ist nicht immer leicht, denn ein solcher Prozess geht mit einem offenen Feedback einher. Doch es ist essentiell, um den Fokus nicht zu verlieren“ sagt Anna. Ob dass das schwierigste an ihrem Job ist? „Nein, es werden einem doch täglich Steine in den Weg gelegt, die man wegräumen muss. Aber das gehört zum Gründen dazu und wenn es einfach wäre, wäre es ja auch langweilig“, führt Julia aus.

Gerade beschäftigen sich die beiden mit der Erschließung neuer Märkte. Neben Deutschland ist Outfittery derzeit in acht Ländern vertreten, weitere sollen folgen. Bei der Frage, wann sie wussten, dass der Plan aufgehen und sie erfolgreich sein werden, lachen sie: „Ich glaube das ist einem eigentlich nie klar“, sagt Anna. „Wir sehen unser Unternehmen ja mit ganz anderen Augen und wissen, was wir noch vor haben oder wie viel wir noch wachsen wollen. Wir ruhen uns auf nichts aus.“

 

 

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