Rotterdam: eine Liebeserklärung an die kleine, coole Schwester von Amsterdam

Der nächste City-Trip steht an? Warum nicht mal abseits der üblichen Pfade wandeln und eine neue, aufregende Metropole erkunden? Rotterdam pulsiert – und kann weit mehr als nur Industrie und Hafen!

Rotterdam: Das Bochum der Niederlande?

Rotterdam, die zweitgrößte Stadt der Niederlande, ist keine klassische Schönheit, das muss vorab gesagt werden. Charmante Altbauten entlang kleiner Grachten mit unzähligen Brücken und niedlichen Hausbooten wie in Amsterdam oder Utrecht sucht man hier (fast) vergeblich. Das liegt daran, dass Rotterdam im zweiten Weltkrieg fast komplett zerbombt wurde, erklärt mir City-Guide Hassan, der mich und eine Gruppe anderer Touristen durch seine Herzensstadt führt. „Für die Rotterdammer damals war das natürlich grausam“, ergänzt Hassan „aber anschließend hatten Architekten und Künstler den Freiraum, die Stadt nach eigenen kreativen Vorstellungen und Ideen neu aufzubauen.“ 

Und das tun sie noch heute: Rotterdam ist zu einem Open-Air Museum für moderne und zeitgenössische Architektur und Kunst geworden. Hier reiht sich ein beeindruckendes Gebäude an das nächste. Besonders sehenswert: die „Markthal“, ein 40 Meter hoher Indoor-Food Market in U-Form, dessen Innenseite mit einem 11.000 Quadratmeter großen Gemälde geschmückt ist, und die „Erasmus Brücke“, Rotterdams Wahrzeichen, die über den Fluss Maas verläuft und entfernt an einen Schwan erinnert. Schon heute bezeichnen die Niederländer die Skyline Rotterdams als „Manhattan on the Maas“. Die Stadt hat noch Großes vor. So laufen derzeit etwa zehn architektonische Großprojekte, erklärt mir Hassan, die das Aussehen der Stadt bis 2020 noch einmal komplett verändern werden.

Kreativ-Metropole im Wandel

Rotterdam befindet sich im Wandel und das nicht nur architektonisch. Noch vor fünf bis sechs Jahren galt Rotterdam eher als Bochum der Niederlande, erzählt mir Carolien, mein Couchsurfing-Host. Sie wohnt in einer der wenigen Altbau-Gegenden im Norden der Stadt, die die Bombenangriffe im Zweiten Weltkrieg überlebt haben, doch hat einige Jahre in Deutschland studiert. Viel Industrie, der große Hafen (übrigens der größte Hafen Europas!), Arbeiter aus aller Welt das war für viele Niederländer nicht gerade attraktiv. Heute sei das anders. Gerade Städte wie Amsterdam seien zu teuer, zu überlaufen; darum suchen vor allem junge Holländer nach einer Alternative und finden diese in Rotterdam. Die Stadt zieht viele Kreative an, hier eröffnet gerade ein hippes
Caf
é nach dem anderen und lauter junge Startups schießen aus dem Boden, so Carolien.

Heimat von mehr als 170 Nationalitäten

Der „Place to be” für junge, kreative Menschen ist wohl definitiv die sogenannte Witte de Withstraat. Hier findet man unzählige Cafes, Bars, Concept Stores und
Galerien. Ich treffe mich mit meiner Freundin Elena im King Kong Hostel, dem –
laut Hostelworld
besten Hostel der Niederlande. Es ist ein super schöner, warmer Donnerstagabend im Juni und die Straße ist voll mit Menschen, die ein Bier in der Sonne genießen, Freunde treffen und den Abend bei guter Stimmung und Musik, die aus den vielen Restaurants und Bars tönt, ausklingen lassen. Die Mitarbeiter des Hostels scheinen irgendeine Party zu feiern, einige sind verkleidet und mit Schwimmringen, Hawaii-Hemden und Blumenkränzen unterwegs. Ihre gute Laune ist super ansteckend. Elenas Eltern sind vor vielen Jahren, schon vor Elenas Geburt, aus dem Kongo nach Rotterdam gekommen. Sie liebt den multikulturellen Vibe der Stadt, die das zu Hause von mehr als 170 Nationalitäten ist. Man bekommt Essen aus aller Welt, trifft Menschen von überall und lernt unheimlich viel über verschiedene Kulturen und Länder, schwärmt Elena. So ist sie auch keineswegs überrascht als uns die niederländische Bedienung direkt auf Englisch anspricht, anstatt auf Niederländisch. Hat sie gemerkt, dass ich Ausländerin bin? Nein, lacht Elena. Hier wird man oft einfach direkt auf Englisch angesprochen.”

Kunst und Design

Nach einem Vino in der Sonne zeigt mir Elena den Museumspark, der sich
gegen
über der Witte de Withstraat befindet. Hier kann man das bekannte Museum Boijmans van Beuningen, das niederländische und europäische Kunst ausstellt, besuchen und Kunstwerke von Rembrandt oder Van Gogh bewundern. Modernere Kunst findet man in der Kunsthal, wo jährlich etwa 20 neue Ausstellungen ihren Platz finden. Momentan kommen dort Fans von PRINCE auf ihre Kosten: in Gedenken an den in letztem Jahr verstorbenen Sänger, stellt die Kunsthal Erinnerungsstücke an seine Live Shows und sein Lebenswerk aus. Spannender findet Elena allerdings Rotterdams Street Art, die sich in der ganzen Stadt finden lässt und die Kreativität der Rotterdammer am besten wiederspiegelt. Mit der „Rewriters“-App kann man diese Kunst am besten entdecken. Die App führt einen mithilfe einer interaktiven Karte von Highlight zu Highlight und liefert obendrein Hintergrundinformationen zu den Kunstwerken in Audio- und Textformat. Also, ab aufs Rad und diese coole Metropole erkunden! 

Rotterdam ist anders als Amsterdam und der Rest der Niederlande – weniger typisch, weniger gezellig, doch erstaunlich pulsierend, innovativ und modern, vor allem in Sachen Architektur, Design und Kunst. Definitiv eine Reise wert!


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