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Scheitern mit Geduld – Warum Sie sich in Ihren Pannen suhlen sollten

Wenn ein Mensch erfolgreich ist, dann ist das Anlass genug für Lobeshymnen von jeder Seite. Doch wenn er scheitert, wird die ganze Angelegenheit so schnell wie möglich stillschweigend unter den Teppich gekehrt – vor allem vom Betroffenen selbst. Der Lerneffekt dabei? Null. Das muss besser gehen …

 

Den Mann des Lebens verlieren, das karriereentscheidende Meeting versemmeln, alles auf eine Karte setzen und sich grandios verspekulieren … 

Keine Frage, Scheitern fühlt sich mies an. Und so ist es nicht verwunderlich, dass sofort die Aufräumarbeiten beginnen. Bagger rollen an und schaufeln den ganzen Haufen zerschlagenen Porzellans beiseite. Haken dran, schnell vergessen.

Soweit zumindest der Plan …

Abhaken und weiter geht’s

„Andere Mütter haben auch schöne Söhne. Ich geh’ gleich heute zu einer Single-Party.“

„Na gut, dann nehme ich eben Plan B in Angriff.“

„Was soll’s, dann probiere ich was Anderes aus!“

Dieser Impuls, alles wieder in den Griff zu bekommen, die Dinge ungeschehen zu machen, zum nächsten Punkt auf der Tagesordnung überzugehen, kommt in 99,9 Prozent aller Pannen vor. Verständlich, aber nicht nützlich. Wenn Sie den Haufen zu früh wegräumen, haben Sie rein gar nichts davon, dass Ihr Plan zerschellt ist. Weil Sie damit die wichtigste Phase im Prozess des Scheiterns einfach weglassen.

Zwischen dem Moment, in dem Sie erkennen, dass Sie gescheitert sind, und der vorschnellen Frage, was jetzt werden soll, fehlt nämlich etwas Entscheidendes: die Zeit zum Lernen!

Der Lerneffekt im Scheitern 

Damit das Lernen wirklich gelingt, braucht es diese vier Phasen – nicht nur die erste und die letzte:

  1. Das faktische Erkennen

    Auch wenn Ihre Umwelt es manchmal vor Ihnen weiß – irgendwann kommt der Moment, in dem Sie realisieren: „Ich bin gescheitert.“

  2. Annehmen

    Nicht leugnen, nicht schönreden, nicht verdrängen. Es ist, wie es ist. Schon mit diesem Punkt haben 50 Prozent der Menschen Schwierigkeiten. Aber ohne zunächst das schlechte Gefühl zu fühlen, kann niemand in die Lernphase eintreten.

  3. Verdauen

    Das ist die schwerste Phase. Verdauen können Sie nicht, während Sie hektische Lenkbewegungen machen, um das Scheitern aus der Welt zu schaffen. Jetzt braucht es den ruhigen Blick auf den Scherbenhaufen. Was zeigt sich, wenn Sie darüber nachdenken?
    Wenn Sie an dieser Stelle Ruhe bewahren und Ihrem Geist die Chance geben, zu arbeiten, wird irgendwann die Frage auftauchen: Bin ich denn wirklich gescheitert? Oder habe ich mich nur verrannt? Kann es sein, dass ich mich auf einem Feld bewege, das schlicht nicht meines ist? Das Verdauen Ihres Scheiterns führt Sie unweigerlich zu einer Erkenntnis. Aber nur dann, wenn Sie es zulassen. Tun Sie es nicht, schlittern Sie immer wieder in gleiche oder ähnliche Probleme – bis sie womöglich eskalieren …

  4. Erkenntnis gewinnen

    Egal welche! Wenn Sie sich mit der Situation auseinandergesetzt haben, gelangen Sie meistens zu einer Erkenntnis: Was lerne ich für mein weiteres Leben daraus?
    Herzlichen Glückwunsch! Denn dann fangen Sie an, die Dinge ein bisschen anders zu machen. Dann entwickelt Sie sich! Und spätestens an diesem Punkt heißt es: Aufhören mit der Heulerei!

Jetzt mal Hand auf’s Herz, wenn am Ende dieses Prozesses immer eine Erkenntnis steht, dann haben Sie in anderen Worten doch mit jedem Scheitern gewonnen, oder?

Deshalb sage ich: Faktisch gibt es kein Scheitern! Es gibt nur etwas, das Sie erlebt haben und das nicht zu Ihren Vorstellungen gepasst hat. Ihre Illusion bröckelt möglicherweise. Na und? Lassen Sie sich getrost desillusionieren! Das rückt Ihre Vorstellungen gerade und Sie werden durchs Scheitern gescheiter.
Auf lange Sicht wird der erfolgreich, der in der Phase des Scheiterns am meisten Geduld hat, sich so richtig darin zu „suhlen“. Badeanzug raus! Es ist Zeit für ein Scheitern-Bad!

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