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Selbstoptimierung: Heute schon perfektioniert?

Wir kennen nur noch eine Richtung: immer vorwärts. Unsere permanente Optimierung nimmt immer größere Dimensionen an. Wir machen uns ständig Druck und wer nicht gestresst ist, scheint was falsch zu machen, strengt sich nicht genug an. Seit wann reicht ein Okay nicht mehr?

 

Gewöhnlich ist langweilig?

Wir wollen alles richtig machen und dabei besser als der Sitznachbar sein: Der Job muss uns mit Leidenschaft erfüllen. Die schnöde Sicherung des Lebensunterhalts reicht längst nicht mehr aus. Der Partner soll das perfekte Gegenüber sein, die Beziehung allzeit harmonisch. Auch der große Sommerurlaub spiegelt unseren Selbstoptimierungswahn wieder: Wandern in den Alpen? Zu gewöhnlich! Da hat man ja retrospektiv nichts zu erzählen. Es muss schon der Erlebnisurlaub sein. Wenn uns der ganze Optimierungsdruck zu viel wird, überwachen wir unsere Stimmungsschwankungen und Schlafprobleme mit Apps.

Während ich mich selbst beim Versuch ertappe, bei der Selbstoptimierungswelle mitzuhalten, alle Situationen zu kontrollieren, meine Lebenszufriedenheit wie einen ökonomischen Prozess zu maximieren, stolpere ich über die Frage: Seit wann ist ein okayer Tag nicht mehr erlaubt? 

Lebensinhalt: Stress

Sicher, ehrgeizige Ziele beflügeln unsere Leistungsfähigkeit. Wenn wir ungesunde Angewohnheiten loswerden möchten oder uns weiterentwickeln wollen, ist der Optimierungswille hilfreich – in gesundem Maß. Wenn wir zu streng mit uns selbst umgehen, nie zufrieden sind, unsere Ansprüche an uns selbst nie Feierabend machen, bleiben wir schnell auf der Strecke. Das Leben wird zur To Do Liste und wir finden immer seltener Zeit für Pausen. Das fällt nicht mehr in die Kategorie „an sich selbst arbeiten“, sondern in den Bereich „Selbstoptimierungswahn“: Es folgt: dauernder Stress. Statt uns mit Energie zu erfüllen, frisst die Qualitätskontrolle unseres Alltags noch den letzten Rest Akku.

Ja zum Okay!

Das Leben ist komplex genug, nicht jeden Umstand kann man ändern. Deswegen verabschiede ich mich heute von selbst produziertem Druck: Nur 20 Minuten Joggen gewesen? Sei stolz auf Dich! Urlaub in der Lüneburger Heide? Wie schön! Pizza bestellen anstatt eine Buddha Bowl mit Superfoods zu kreieren? Soulfood pur!

Dankbarkeit für die kleinen Dinge trägt so viel mehr zur Zufriedenheit bei als ein perfekter Alltag. Enttäuschungen und nicht ganz so optimale Tage gehören dazu und sind vollkommen natürlich. Schwächen ganz genauso: Sie machen uns zu denen, die wir sind. Und wir sind hundertprozentig okay.

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