Alle Jahre wieder werden gute Vorsätze gefasst: Mehr Sport, weniger essen, mit dem Rauchen aufhören ‒ zwei Wochen wird eisern durchgehalten, manchmal sogar länger, manchmal aber auch nur bis zum 2. Januar. Warum ist das so?
Demotiviert durch gute Vorsätze
Viele gute Vorsätze scheitern einfach nur daran, dass man sich viel zu viel vornimmt. Zehn Kilo Übergewicht können Sie nicht bis Februar abnehmen, und wenn zu Hause und auf der Arbeit fleissig gequalmt wird, dann reicht es vielleicht nur für eine kurze Rauch-Pause. Wenn die alten Gewohnheiten euch schneller einholen, als euch lieb ist, dann sorgt das vor allem für zwei Dinge: ein schlechtes Gewissen und miese Stimmung. Der Selbstwert sinkt. Es ist halt nicht so toll, wenn man sich eingestehen muss, dass der Geist zwar willig, das Fleisch aber schwach ist und man bei seinen selbst gesteckten Zielen versagen. Hier kommen sieben Tipps:
1. Nicht auf den Jahreswechsel warten
Wieso überhaupt ausgerechnet Neujahr? Viele Menschen starten mit guten Vorsätzen ins neue Jahr: ab sofort mehr Gelassenheit, weg mit den Rettungsringen, weniger Internet und so weiter. Das Jahresende scheint dafür wie geschaffen. Man schaut zurück und dann nach vorne. Und automatisch drängt sich beim Bilanzieren der Gedanken auf, dass man ja auch das eine oder andere an den eigenen Gewohnheiten ändern könnte. Mit Prosecco und Feuerwerk als Motivationsschub wird die Sache besiegelt. So wird das Jahresende zum Bilanzdatum mit vielen löblichen Absichten im Gepäck.
Gibt es einen anderen, besseren Zeitpunkt? Ja, den gibt es – jetzt! Es braucht keinen besonderen Anlass, um unliebsame Gewohnheiten auf den Prüfstand zu stellen. Nehmt euch auch während des Jahres häufiger die Zeit, um innezuhalten und das eigene Verhalten zu reflektieren. Das kontinuierliche Feinjustieren hat zudem den Vorteil, dass man sich nicht zu viel vornimmt.
2. Gut überlegen und dann konkret formulieren
Viele gute Vorsätze sind sehr diffus und unkonkret. Man hat zwar schon „irgendwie so eine Idee“, aber selbst der eigene Verstand weiss nicht so recht, was zu tun ist – geschweige denn das Unterbewusstsein. Wichtig ist daher, genau zu definieren, was man verändern möchte und vor allem warum.
3. „Risikosituationen” überdenken und Alternativen suchen
Dass viele Absichten zu ambitioniert, oft sogar unrealistisch sind, wissen wir ja bereits. Oft fehlen zudem Alternativen, insbesondere wenn die neue Verhaltensänderung mit Verzicht einhergeht. Für künftige Nichtraucher ist es z.B. sinnvoll, alternative Verhaltensweisen parat zu haben, wie Kaugummi kauen oder zu etwas Gesundem greifen, wenn das Verlangen kommt. Das gilt vor allem für „Risikosituationen“ wie beispielsweise eine Party. Mit Notfall-Mega-Menthol-Bonbons mag den meisten eine Zigarette nicht so recht schmecken. Damit ein Vorsatz gelingt, sollte man potenziellen Rückfallsituationen vorweggreifen und nach Alternativen suchen.
4. „Be Your Best Friend“
Erfolgserlebnisse sind wichtige Motivationsstützen. Hat etwas gut geklappt – sei es auch noch so klitzeklein –, dann sei stolz auf dich, und lobe dich. Das ausgeschüttete Dopamin hilft dem neuen neuronalen Netz in Ihrem Gehirn – denn nichts anderes ist Ihre neue Verhaltensweise –, zu wachsen und sich zu festigen.
Hab Spass, und sei nicht zu streng mit dir. Sei lieber dein bester Freund, statt der eigene Richter und Henker. Kleinen Sünden kann man sich mal hingeben – aber natürlich sollten diese nicht zur Regel werden.
5. Selbstwirksam sein: Das kann jeder!
Wenn du erreichst, was du dir vorgenommen hast, dann wird das von einem guten Gefühl begleitet, nämlich dem, dass du etwas bewirken kannst. In der Fachsprache nennt man das Selbstwirksamkeit – und die tut einfach gut. Und das Schöne daran ist, dass jeder sie erlernen kann!
6. Auf Zielkonflikte hin überprüfen
Der wichtigste Baustein für gutes Gelingen von Vorsätzen: Weder Disziplin noch zwanghafte Selbstkontrolle, du musst dir lediglich dessen bewusst sein, dass wir über zwei innere Entscheidungssysteme verfügen: den Verstand und das Unbewusste. Wenn beide im selben Takt tanzen, fällt die Umsetzung nicht schwer. Nur meistens tun sie das nicht. Stattdessen schnellt der Verstand nach vorne, und das Unbewusste ist aussen vor.
Das Unbewusste fragt: „Mag ich das überhaupt?“
Oft kommt beim Fassen der guten Vorsätze nur der Verstand zum Einsatz. Die löblichen Absichten sind dann rein vernünftiger oder moralischer Natur. Das Unbewusste sagt aber nicht: „Lieber Verstand, deine Absicht finde ich sehr vernünftig, toll!“, sondern es fragt lediglich: „Mag ich das? Macht mir das Spass?” Und falls es das verneint, dann wundert man sich, dass man trotz festem Willen, Ratgeberbüchern und vielleicht einem Rauchentwöhnungskurs doch wieder die Fluppe in der Hand hält.
7. Verstand und Unbewusstes synchronisieren
Wichtig ist also, dass Unbewusste abzuholen. Wenn Verstand und Unbewusstes das Gleiche wollen, bist du für Risikosituationen besser gewappnet und kennst auch Alternativen sowie Zielkonflikte. Wenn du dir z.B. vornimmst dich ab sofort mehr zu bewegen, ist es wichtig zu hinterfragen, warum du das machen möchten, was du damit verbinden und was du erreichen willst. Was genau heißt überhaupt mehr bewegen? Das kann ja vom Treppensteigen bis zum täglichen Fitnessclub-Besuch alles sein. Und wieso will ich das? Will ich damit abnehmen, gesünder leben, Leute treffen, mehr ins Grüne? Zu jedem genannten Grund gibt es Alternativen: Wenn ich abnehmen möchte, könnte ich ja auf Süsses verzichten. Statt zum Fitnessclub könnte ich Salsa tanzen gehen – da bewege ich mich auch und treffe Leute. Was also will ich bzw. was will mein Unbewusstes?
Ja, es ist richtig: das Wort unbewusst impliziert, dass uns etwas nicht bewusst ist. Du kannst noch so lange darüber brüten, welche unbewussten Kräfte dich daran hindern, die Diät durchzuhalten – fündig wirst du nicht. Wie kommst du also ran an die Meinung deines Unbewussten?
Unbewusste Bedürfnisse lassen sich leicht mit Bildern und Wunschelementen herausfinden. Statt zu schauen, was dich an der Umsetzung deines Entschlusses hindert, ist es leichter zu überprüfen, was das Unbewusste braucht, um den Verstand in seinem Vorhaben zu unterstützen. Gibt es eine Figur, eine Pflanze, ein Tier, das genau die Attribute verkörpert, die der Wunsch verkörpert? Ein Löwe steht vielleicht für Mut, eine Eiche für Gelassenheit, Donald Duck für Heiterkeit. Hier sind der Fantasie keine Grenzen gesetzt, alles ist möglich. Jeder muss für sich selbst das passende innere Bild finden. Für den einen verkörpert eine Lotusblume inneren Frieden, für den anderen steht ein Leuchtturm in der wogenden Brandung dafür.
Es gilt nun, mit diesem Bild das Wunschszenario zunächst im persönlichen Kopfkino zu erleben. Für das Gehirn macht es keinen Unterschied, ob du dir die Situation vorstellst oder sie tatsächlich erlebst. Sobald du die Situation erfolgreich meisterst, wird Dopamin ausgeschüttet, was das neue neuronale Netz stärkt – denn neurobiologisch gesehen ist dein Wunsch nichts anderes.
Jede Veränderung und jedes neue Verhalten braucht Geduld und Zeit. Klavierspielen oder Reiten lernen wir auch nicht innerhalb von wenigen Stunden. Damit die neue Verhaltensweise in Fleisch und Blut übergeht, sollte man daher jede Gelegenheit nutzen und üben.
Zusatztipp: Das Tagebuch, dein Freund und Helfer
Ein erster Schritt, um sich selbst über unbewusste Handlungen klar zu werden, ist das Schreiben eines Tagebuchs. Dabei musst du keine Seiten füllen – ein Tischkalender tut’s auch. Halte dort alle Erfolge und Rückschläge fest, und reflektiere diese von Zeit zu Zeit. Was hat zum Erfolg geführt? Und was waren die Gründe für Rückschläge? Schreib am Abend auf, was dir gut gelungen ist. Du wirst überrascht sein, wie viel das ist!
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