Soll ich potenzielle Arbeitgeber*innen über mein Elternsein informieren? Dieser Frage widmet sich Mirna Funk in diesem Monat in ihrer Kolumne „Sag mal, Mirna …“
Meine Tochter ist nicht Teil meines beruflichen Lebens
Vor ein paar Monaten schrieb ich für die deutsche „Vogue“ einen Text über meine Mutterschaft. Also darüber, wie ich das so mache als Alleinerziehende, wie ich darüber denke als Festangestellte und Freelancerin, und was besser laufen müsste für Frauen und Mütter. Es gab einen Absatz, in dem ich mich dazu äußerte, dass ich im siebten Monat meiner Schwangerschaft noch eine Festanstellung bekam und diese selbstverständlich auch annahm, und dass ich drei Wochen nach der Geburt schon für ein paar Stunden wieder ins Büro ging. Einfach, weil mich die Langeweile früher heimsuchte als manch andere Frau. Außerdem erwähnte ich, dass meine Tochter nicht in meiner Vita steht, dort auch nie stand und niemals stehen wird. Nicht, weil ich sie auf irgendeine Art verstecken möchte, sondern weil sie aus meiner Sicht dort nichts zu suchen hat. Meine Tochter ist Teil meines Lebens, ja. Aber sie ist nicht Teil meines beruflichen Lebens. So sehe ich das jedenfalls.
Immer wenn ich über mein Leben als arbeitende Frau und Mutter spreche, dann wird es ein bisschen brenzlig für mich, denn ich rate Frauen mit Kind von Teilzeit ab, fordere sie auf Vollzeit zu arbeiten und weise darauf hin, dass ihnen das Ehegattensplitting spätestens dann das Genick brechen wird, wenn die Kinder aus dem Haus sind. Weil dann möglicherweise der geliebte Ehemann, der dank ihnen tausende Euro mehr in die Rentenkasse eingezahlt hat, mit einer Jüngeren eine Villa auf Mallorca bezieht oder eben ein Reihenhaus in Bottrop. Ich sage auch, offen und ehrlich wie ich leider bin, dass sie ihre Ehemänner in die Verantwortung nehmen müssen. Und wenn die sich weigern sollten, ihren gerechten Teil (50 Prozent) an der Care-Arbeit zu leisten, müsse ein Schlussstrich unter das traute Familienglück gezogen werden. Das wirkt auf viele unverständlich, an der Realität vorbei und gerne wirft man mir einen „privilegierten“ Blick vor. Aus meiner Sicht ist konsequente ökonomische Freiheit kein Privileg.
Freiheit, Gleichheit, Geld
Mein Blick ist vor allem von meiner ostdeutschen Kindheit und Jugend geprägt. Ich wuchs mit zwei in Vollzeit arbeitenden Großmüttern und einer in Vollzeit arbeitenden Mutter auf. Eine meiner Großmütter trennte sich mit drei Kindern von ihrem Mann. Einfach, weil das in der DDR möglich war. Dabei möchte ich hier keine Ostalgie betreiben, sondern nur anmerken, dass es sehr wohl Errungenschaften gab – wie Ganztagsbetreuung für Kinder und die selbstverständliche Lohnarbeit von Müttern – die fortschrittlich waren und dafür gesorgt haben, Frauen ökonomisch unabhängig zu machen. Ökonomisch unabhängige Frauen treffen andere Entscheidungen. Für sich, ihr Leben und ihre Kinder.
Macht doch das Gedankenspiel einmal selbst: Stellt euch vor, ihr würdet eurem Traumjob in Vollzeit nachgehen und verdientet so viel Geld, dass ihr euch locker-flockig eine Dreizimmerwohnung davon leisten könntet? Würdet ihr die Verweigerung, die Weihnachtsgeschenke für die eigenen Eltern zu kaufen und die Spülmaschine auszuräumen, vom Partner und Mann noch akzeptieren? Würdet ihr auf guten Sex verzichten und den seit Jahren fehlenden Orgasmus einfach so wegatmen, wenn ihr finanziell zu 100 Prozent unabhängig wärt? Ich bin mir nicht so sicher.
Klare Ansagen
Mit diesem Mindset – nämlich als Frau und Mutter in Vollzeit arbeiten zu wollen, meiner Karriere nachzugehen und meine Rente so abzusichern, dass ich ab 65 Jahren ein gutes Leben führen werde – bin ich immer in die Verhandlungen gegangen. Ich saß in den Bewerbungsgesprächen und habe dort ganz klar gesagt, was ich kann, was ich brauche und was ich will. Ich habe gefordert, zu einer bestimmten Uhrzeit nach Hause gehen zu können, um meine Tochter vom Kindergarten abzuholen und mehr Urlaubstage als angeboten ausgehandelt. Ich habe klare Ansagen gemacht und meistens bekommen, was ich wollte. Wer immer noch glaubt, der*die aktuelle oder zukünftige Arbeitgeber*in würde einem ungefragt alles in den Schoß legen, irrt. Man muss für seine Wünsche, Bedürfnisse und Freiheiten einstehen und kämpfen. Nur so ändert sich das System langfristig.
Die Frage, ob der*die Arbeitgeber*in mit ins Boot genommen werden soll, ist deshalb einfach zu beantworten: Jein. Dein berufliches Leben steht im Mittelpunkt beim Bewerbungsprozess, nicht dein Privatleben. Ein Kind gehört nicht in die Vita. Machen Männer auch nicht. Und damit haben sie recht. Wenn beim Gespräch mit dem*der zukünftigen Arbeitgeber*in auffällt, dass kindgerechte Bedürfnisse nicht erfüllt werden, dann muss man sie einfordern, durch die Erwähnung des Kindes. Aber nur dann. Wenn alles gut läuft und die Parameter stimmen, dann kannst du problemlos aus dem Gespräch gehen, ohne einmal den Namen deines Kindes in den Mund genommen zu haben.
Ich glaube, meine Perspektive auf diese Themen hat sehr viel damit zu tun, dass ich Kinder als natürlichen Teil meines Lebens empfinde. Sie tangieren mein Leben kaum. Sie sind anstrengend, kosten Energie und sind teuer. Ja! Aber sie sind kein Hindernis bei der Erfüllung meiner Wünsche, wenn ich sie nicht zu einem mache.