Foto: Sarah Auer

‘They say no choice, we say pro choice’

Als deutsche Studentin mitten drin beim March4Choice in Dublin.

 

Einer der führenden Slogans die am 30. September, bei dem 6. March4Choice durch die Dubliner Innenstadt hallten. Eine Forderung nach der Abschaffung des 8th Amendment, das Abtreibung in Irland illegal macht und viele Frauen entweder in benachbarte Länder, oder, durch illegale Abtreibungen, sogar in den Tod treibt.

Ein großes Problem in Irland, doch was habe ich damit zu tun? Ich studiere Komparatistik an der Universität Augsburg und mache gerade mein akademisches Auslandsjahr an der NUI Galway. Bevor ich nach Irland kam war mir das Problem nicht bewusst, denn für jemanden der in Deutschland aufgewachsen ist, ist Abtreibung eine wenn auch sicher schwere und folgenreiche, aber doch vor allem legale Entscheidung. Daher war ich verblüfft, als mir die Dimensionen, die dieses Thema in Irland zu Zeit hat, bewusst geworden sind. Leute sammeln Unterschriften um eine Referendumsdiskussion in Galway abhalten zu können und Gespräche kreisen immer wieder darum. Wiederholt darüber gestolpert, habe ich angefangen mich zu informieren und schließlich das jährliche Angebot der NUI Galway angenommen um an dem March4Choice in Dublin teilzunehmen.

Daher stand ich am 30. September um halb zehn vor der Uni und bin mit vielen weiteren in den Bus Richtung Dublin eingestiegen. Die Organisatoren der Student Union waren begeistert, sie hatten viele Demonstranten versammelt und die Uni hatte drei Busse geschickt, zwei mehr als im Vorjahr. Nach zweieinhalb Stunden Busfahrt kamen wir in Dublin an und haben uns den anderen Studenten auf dem Trinity-Campus angeschlossen. Hier haben sich ungefähr 1000 Studenten aus ganz Irland getroffen und darauf gewartet gemeinsam mit vielen anderen Demonstranten durch die Stadt zu ziehen.

Bevor wir losgingen, haben noch die Organisatoren der Studenten auf dem Campus die Slogans mit den Studenten eingeübt und kurze Reden gehalten. Bei denen wurde mir das erste Mal so wirklich bewusst, dass dieses Verbot nicht nur Irinnen, sondern, wie viele andere ausländische Studentinnen, im Moment auch mich betrifft. Denn im Falle des Falles stehen einem in seinem Gastland nicht die gleichen Rechte wie in seinem Heimatland zu.

Ermutigt und gestärkt durch die Reden und die Slogans machte sich der Strom an Studenten schließlich in Richtung der anderen Demonstranten auf. Dabei war ich von der Lockerheit der Iren mal wieder überrascht. Es gab nur sehr wenig Polizeipräsenz und auch fast keine Absperrungen, anders als wie man das von Deutschland beispielsweise kennt. Es war ein friedlicher Zug durch die Stadt, bei dem die Demonstranten ihre sehr unterschiedlichen, zum Teil kunstvollen Schilder mit der immer gleichen Forderung hochhielten. Die Forderung: die Abschaffung des 8th Amendment, das dem ungeborenen Kind das gleiche Recht auf Leben wie der Mutter zuspricht und so Abtreibungen illegal macht. Es war faszinierend mit ihnen zu ziehen und ein Teil der Demonstration zu sein, auch wenn es sich im Jahr 2017 für jemanden aus Deutschland etwas surreal anfühlte. Jedes Mal, wenn der Zug an Unterstützern vorbei kam, wurde geklatscht und gejubelt. Die ein, zwei ProLife-Demonstranten wurden dagegen einfach ignoriert.

Über eineinhalb Stunden zogen wir also mit Slogans wie ‚my body, my choice’ und ‚heyheyhoho, the 8th Amendment has to go’ durch die Innenstadt von Dublin, bis zum Merrion Square. Dort war das Ende der Demonstration erreicht und der Zug löste sich schön langsam auf. Den Hauptteil des Zuges bildeten dabei Frauen zwischen 20 und 35, obwohl auch Männer und Frauen aller Altersklassen zu finden waren. Manche hatten sogar ihre Babys dabei und unterstrichen, wie ich finde, damit die Forderung nach einer Wahl, die nicht zwangsläufig zu einer Entscheidung für eine Abtreibung führen muss. Oft hat man das Gefühl, dass genau diesen Punkt die ProLife Befürworter nicht verstehen. Nur weil Frauen die Möglichkeit einer legalen Abtreibung haben, heißt das nicht, dass sie diese auf jeden Fall in Anspruch nehmen. Allerdings sollte bei den heutigen medizinischen Möglichkeiten, jede Frau eine Chance auf
eine Entscheidung haben. Und genau das versucht die ProChoice Kampagne zu erzielen.

Ich muss sagen als deutsche Studentin an dieser Demonstration teilzunehmen war interessant, hat sich gut angefühlt, aber auch zum nachdenken angeregt. Dass in einem Land wie Irland, das in Dingen wie zum Beispiel der gleichgeschlechtlichen Ehe eine Vorbild-Funktion einnimmt und anderen Ländern weit voraus ist, viele Frauen noch heute an illegalen Abtreibungen sterben, ist schockierend und unnötig. Doch durch Demonstrationen wie diese werden die Stimmen gegen das Verbot laut und helfen hoffentlich mit um mit dem Referendum 2018 die Situation in Irland zu verändern. Auch wenn der March4Choice sicher nur ein Teil der Bemühungen ist, ist es meiner Meinung nach ein sehr Wichtiger. Er ist ein Weg um immer wieder friedlich auf das Thema aufmerksam zu machen. Gleichgesinnte zeigen, dass sie gemeinsam kämpfen und Außenstehende werden auf unverfängliche Art mit dem Thema konfrontiert. Dabei gehörte den Demonstranten und ihrer Forderung an diesem Tag auf jeden Fall die öffentliche Aufmerksamkeit.

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