Elizabeth Holmes war 19 als ihr eine Erfindung gelang, die den Gesundheitsmarkt auf den Kopf stellen sollte. Sie wird Leben retten und Milliarden sparen.
Medizinischer Durchbruch
Die bahnbrechende Erfindung von Elizabeth Holmes wird von einem einzigen Tropfen Blut zum Leben erweckt. Den Pikser in den Finger, mit dem Patienten ihr eigenes Blut für eine Analyse abzapfen können, spüren die meisten nicht einmal. Mit dieser winzigen Menge Blut kann der Theranos 1.0 – das Gerät, für das Holmes in ihrem Studium in Stanford den Prototyp entwarf – hunderte von Tests durchführen. Ihre Entwicklung ist ein medizinischer Durchbruch. Bislang benötigen herkömmliche Testverfahren ein Vielfaches dieser Blutmenge und müssen Patienten oft mehrere Röhrchen davon entnehmen. Das Verfahren, das Holmes für den Massenmarkt zur Verfügung stellen will, braucht nicht nur einen Bruchteils des Blutes, es kostet zudem sehr viel weniger.
Elizabeth Holmes ist heute 30 Jahre alt und mehrfache Milliardärin. Der Wert ihres Unternehmens Theranos wird elf Jahre nach seiner Gründung auf neun Milliarden Dollar geschätzt. Holmes gehören über 50 Prozent der Anteile. Den Grundstein für dieses Unternehmen hat Holmes im Alter von 19 Jahren gelegt: Sie studierte Chemieingenieurswesen und forschte gerade zur drahtlosen Datenübertragung und medizinischer Analyse, als die Idee für den Theranos 1.0 entstand. Ihr Anliegen: Sie wollte ein Gerät entwickeln, das möglichst früh Krankheiten erkennen kann, und damit letztendlich Leben retten würde. Ihr Ansatz für dieses Ziel war, die Blutanalyse schneller und kosteneffektiver zu gestalten, um bisherige Diagnoseverfahren zu beschleunigen und sie bezahlbar zu machen.
Bluttests in Drogerien
Um ihre Idee in die Tat umzusetzen brach Holmes ihr Studium in Standford ab – mit dem Segen ihres Professors, der sie bestärkte mit ihrer Innovation eine Firma aufzubauen. Diese Entscheidung wird sie heute kaum bereuen. Denn ihre Erfindung ist mittlerweile marktfähig und wird zweifelsohne einen enormen Einfluss auf das Gesundheitssystem der USA haben. Im September 2013 kündigte die Drogeriekette Wallgreens eine langfristige Partnerschaft mit Theranos an. In den Geschäften sollen Gesundheitszentren entstehen, in denen mit den Theranos-Geräten Bluttest durchgeführt werden können.
„Auf diesem Weg wollen wir unsere Infrastruktur im ganzen Land aufbauen und sie mehr Menschen zur Verfügung stellen”, sagte Holmes gegenüber Medscape, „Bislang kann man spät am Abend oder am Wochenende keine Labortests durchführen.” Mit dem Analyseverfahren von Holmes können Testergebnisse jedoch bereits nach vier Stunden vorliegen und über eine Datenbank den behandelnden Ärzten online zur Verfügung gestellt werden. Dies erlaubt es insbesondere, Diagnosen schneller zu stellen und mit dringenden Behandlungen früher zu beginnen. „Wenn jemand, den du liebst, sehr sehr krank wird, ist es oft zu spät um noch etwas dagegen zu tun”, sagt sie, „Wir glauben daran, dass Zugang zu hervorragenden Diagnoseverfahren ein Menschenrecht ist und jeder selbst Zugang zu diesen Informationen haben sollte. Zur Zeit liegt die Entscheidung über einen Test immer in Ärztehand.”
Holmes erklärt ihren Antrieb mit der Haltung, die viele Gründerinnen äußern: Sie wollte die Welt verändern. Die Amerikanerin ist auf dem besten Weg, genau das zu tun. Für Patientinnen und Patienten machen die Testverfahren von Theranos das Leben leichter: Gerade für Babys und Kinder, für sehr alte Menschen oder Krebserkrankte können herkömmliche Blutentnahmen sehr schmerzhaft sein. Sie erhalte heute Dankesbriefe von Eltern, die Probleme hatten von ihren Kleinkindern überhaupt genug Blut zu bekommen, um es analysieren zu lassen, sagt sie.
Wissen von Apothekern breiter nutzen
Die Art der Blutentnahme, die Theranos allen Amerikanern im Umkreis von fünf Meilen ermöglichen will, emanzipiert nicht nur diejenigen, die ihre Blutwerte wissen wollen. Theranos kooperiert für seine Pläne auch eng mit den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern von Apotheken. Das Unternehmen vertraut dem enormen Wissen von Pharmazeuten und will sie weiter schulen, um direkt in Apotheken und Drogeriemärkten, die in den USA oft Apotheken integrieren, medizinisch beraten zu können.
Diese Idee zeigt deutlich, wie ganzheitlich Elizabeth Holmes möglichen Wandel im Gesundheitssystem denkt. Studierte Pharmazeuten sind auch in Deutschland hervorragend medizinisch ausgebildet, wenn sie in Apotheken beraten kommt ihr Wissen jedoch nur sehr begrenzt zum Einsatz. In den vergangenen Monaten stritten zudem Befürworter und Gegner der „Pille danach“ intensiv darüber, ob die Beratung von Frauen in der Apotheke ausreichend sei, oder ein Arztbesuch erfolgen müsse.
Gesundheitskosten werden gesenkt
In Theranos Logik könnten Apotheker bald Beratungsleistungen übernehmen, die bislang nur von Ärztinnen und Ärzten geleistet werden dürfen. Diese Idee dürfte im Gesundheitsmarkt besonders auf Widerstand bei denjenigen führen, die mit Beratung Geld verdienen. Insgesamt könnten jedoch besonders Versicherte davon profitieren. Dass Theranos für über 1.000 verschiedene Bluttests die Kosten signifikant senken kann, könnte im Gesundheitssektor Milliarden sparen, und insbesondere Unversicherte entlasten, aber auch die Kosten für private Gesundheitsleistungen senken und letztlich den Steuerzahler entlasten. Fortune berichtet, dass die Kosten der Theranos-Test bei einem Viertel bis der Hälfte dessen liegen, was unabhängige Labore in Rechnung stellen, und bei einem Zehntel bis zu einem Viertel dessen, was Krankenhauslabore berechnen.
Ein Beispiel der Entlastung, das Holmes gern erzählt, sind Kinderwunschbehandlungen, bei denen die Kostensenkung, die für Tests durch das Theranos-Verfahren gelingen, ein Segen für Paare ist, die bislang aufgrund ihrer finanziellen Möglichkeiten davon ausgeschlossen waren. Die Kosten für die volle Bandbreite der Hormontests sollen so auf 35 Dollar gesenkt werden, sagte Holmes der Wired. Dem gegenüber steht eine bisherige Summe von bis zu 2.000 Dollar.
Noch weiter in die Zukunft
Der Aufbau von einem Gesundheitsnetz über Drogerien ist das eine, die Zukunftsmusik von Holmes Innovation liegt außerdem im Smartphone. Ihre Ziele seien noch schnellere Diagnosen, noch kleinere Blutproben und noch bessere Frühtests, um Krankheiten schneller zu erkennen. Die Technologie also noch näher an die Nutzer beziehungsweise die Patienten zu bringen, ist Holmes erklärtes Ziel.
Mit dem bisher Erreichten gibt die erfahrene, aber immer noch blutjunge Unternehmerin sich nicht zufrieden. Sie sieht ihre Zukunft darin, den Gesundheitsmarkt im Sinne von Erkrankten zu revolutionieren. Dass diese Aufgabe noch mehr als weitere zehn Jahre dauern wird, macht Elizabeth Holmes nichts aus. Sie hat keine Pläne, beruflich noch einmal etwas anderes zu tun. Sie ist sich sicher: „Das ist es, was ich für den Rest meines Lebens tun will.“