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Werden Sie nicht zum Kommunikationszombie!

Wenn keiner Widerworte gibt … Warum unser Leben grau und grauenhaft wird, wenn wir nicht endlich wieder respektvolle Kommunikation lernen …

 

„Hm, aha. Jaja, wenn du meinst,“ nickte mein Speakerkollege mir zu. Hallo? Ich hatte gerade eine ziemlich provokante These zu Franck Ribérys goldenem Steak-Gate in den Raum geworfen. Ich wollte wirklich wissen, was er, ein Ribéry-Fan, dazu meinte. 

Er sagte: Nichts. Guckte in sein Bierglas und blieb stumm.

Wo bin ich hier? In einer Gesellschaft von Wackel-Dackeln, die jede Meinung, jede Haltung, die an sie herangetragen wird mit einem „Ja und Amen“ abnicken, statt sich über die unterschiedlichen Ansichten auszutauschen? Ich habe das Gefühl, dass Kommunikation überall in unserer Gesellschaft immer mehr zu einer Einbahnstraße wird. Niemand kommt entgegen, es gibt kein Aufeinandertreffen. Jeder bleibt für sich. Und das ist ein Riesenproblem!

Im absoluten Koma

Achten Sie mal in Ihrem Privatleben oder im Job darauf: Sie werden feststellen wie Partner, Mitarbeiter, Kollegen und Chefs sich in der Kommunikation immer öfter aus dem Weg gehen. Weil niemand anecken will, weil niemand sich traut, ehrlich seine Meinung zu sagen. Wenn heute einer offen und klar seine Bedürfnisse äußert, wie „Ich wünsche mir von dir mehr Unterstützung“, wird er schnell als Mimose belächelt. Da verstehe ich es sofort, wenn der denkt: „Dann halte ich lieber die Klappe. Ducke mich weg.“ 

Aber eine Gesellschaft von stillen Schlafwandlern, ein Leben unter Kommunikationszombies – das kann doch nicht unser Ziel sein.

So klappt’s

Es muss sich was verändern. Ich will, dass wir einander wieder näher kommen, uns einander wieder zumuten, mit unseren unterschiedlichen Wesen und verschiedenen Haltungen . Und das klappt nur, wenn wir Kommunikation wieder wirklich zulassen und fördern. Wenn wir endlich anfangen, uns wieder richtig zuzuhören und miteinander zu sprechen. 

Damit ich verstehe, was mein Gegenüber mir sagt, muss ich ihm auch den vollen Respekt eines wertvollen Gesprächspartners entgegenbringen. Selbst wenn er eine Meinung hat, die sich von meiner fundamental unterscheidet: Er hat einen guten Grund für seine Haltung und ich muss und will sie respektieren, wenn wir uns auf Augenhöhe begegnen sollen. 

Genauso brauche ich für gute Debatten auch den Respekt vor meiner eigenen Meinung – wer selbstbewusst und haltungsstark ist, der kann gut argumentieren. Und solche Eigenschaften sind besonders bei stabilen und reifen Persönlichkeiten zu finden. Die bleiben bei sich. Auch wenn’s brenzlig wird. 

Adieu Hierarchie!

„Schön und gut, Stefan, aber wenn der Chef kommt, schrumpft meine Meinung schnell auf ein Häufchen Elend zusammen“, diesen Einwand höre ich oft. Mag sein, aber wer so in ein Vorgesetztengespräch geht, hat schon verloren. 

Denn Position hin oder her: ein guter, professioneller Chef verzichtet darauf, die Unternehmenshierarchie in die zwischenmenschliche Kommunikation hineinzutragen. Der freut sich auf Ihre Einwände, er möchte genau das: Ihre ganz persönliche Sicht kennenlernen. Auch Führungskräfte brauchen Widerworte und Widerstand, an denen sie sich reiben können. Wachstum entsteht durch gemeinsame Auseinandersetzung mit einer Sache. 

Aber nicht nur in den Unternehmen und mit Kollegen, Mitarbeitern und Chefs muss die Kommunikationskultur deutlich besser werden. Auch in unseren Beziehungen und Freundschaften brauche ich einen ehrlichen Austausch, die Möglichkeit offen und klar reden zu dürfen. Ich brauche andere Meinungen, um meine Standpunkte zu überprüfen und verlange Aufrichtigkeit. Und Sie?

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