„all(e)in“, © Sophie Kirchner

#WomenInCovid: Die Unsichtbaren sichtbar machen

Vor allem Frauen tragen die Lasten der Corona-Krise. Das Fotoprojekt #WomenInCovid macht sie sichtbar.

Wer hat die Kinder betreut? Wer hat an den Supermarktkassen gearbeitet? Wer hat die Kranken gepflegt? Wer hat die Krankenhäuser geputzt? Studien zeigen, dass erwerbstätige Mütter die Hauptlast der Corona-Krise trugen und tragen. Und auch Frauen ohne Kinder waren und sind belastet von den Auswirkungen der Krise. Sie arbeiten in Fürsorge-Jobs, mussten finanzielle Einbußen verkraften oder verloren ihre Jobs. Als Ergebnis der hinzugekommenen Sorgearbeiten und Potenzierung der Mehrfachbelastungen wird eine “Re-Traditionalisierung” diskutiert.

Das Projekt IN WAVES #WomenInCovid zeigt Frauen aus weiblicher Perspektive und macht damit das oft Unsichtbare sichtbar. Die Fotografien zeigen alleinerziehende Mütter, Fabrikarbeiterinnen, obdachlose Frauen, geflüchtete Frauen und Sexarbeiterinnen. 24 Fotografinnen sind beteiligt, kuratiert wird die Ausstellung von Miriam Zlobinski. Wir haben ihr Fragen per Mail geschickt.

Welche Perspektiven macht die Ausstellung #WomenInCovid sichtbar?

Miriam Zlobinski: „Weibliche Perspektiven sind generell unterrepräsentiert. Als Fotografie-Projekt war für uns die Visualität und die Vermittlung über das unmittelbare Medium (jede*r fotografiert, jede*r sieht Fotos) ein zentraler Punkt. Wir wollten die Krise nicht visuell umsetzen, wir wollten ihr etwas entgegensetzen. Bilder von Frauen, über Frauen – für alle. So sind neue Bilder entstanden, die mit Darstellungskonventionen brechen.“

Was wünschst Du Dir für Frauen und ihre Sichtbarkeit, während der Pandemie, aber auch darüber hinaus?

Miriam Zlobinski: „Auch wenn unser Projekt vielfältig und intensiv war – es ist noch lange nicht alles gezeigt und gesagt. Wir wünschen uns ein Weiterreden, ein Weiterzeigen. Jutta Almendinger spricht in ihrem Buch „Es geht nur gemeinsam“ davon, dass Deutschland aufgrund der mangelnden Geschlechtergerechtigkeit in seiner Entwicklung um 30 Jahre zurückgeworfen worden ist. Alleine das Aufholen ist ein Kraftakt, den die Gesellschaft leisten muss. Eigentlich muss es aber um mehr gehen: Wir müssten uns selbst überholen, um in einer viel grundlegenderen Veränderung Frauenperspektiven zentral mitzudenken.“

Die Ausstellung IN WAVES #WomenInCovid wird in Berlin unter freiem Himmel gezeigt, noch bis zum 3. Oktober 2021. Wir freuen uns, ausgewählte Fotos zeigen zu dürfen.

„Junge Ärztinnen“, © Maidje Meergans

Maidje Meergans – „Junge Ärztinnen“

Wie sieht die Realität für junge Ärztinnen aus, die 2020 in ihr Berufsleben starteten? Einblicke in ein intensives Arbeitsumfeld von Medizinerinnen, die sich diesem täglich aussetzen.


„all(e)in“, © Sophie Kirchner

Sophie Kirchner – „all(e)in“

„Um ein Kind aufzuziehen, braucht es ein ganzes Dorf“. Dieser Satz sagt viel, wenn man über die Situation von Alleinerziehenden nachdenkt, knapp neunzig Prozent davon sind Frauen. Wie erging es alleinerziehenden Müttern während der Kontaktbeschränkungen und stark beeinträchtigten Betreuungsangeboten? In „all(e)in“ werden vier alleinerziehende Mütter mit der Kamera begleitet.

Hebamme Princella aus der Serie „Hebammen“, © Verena Brüning 2021

Julia Steinigeweg und Verena Brüning – „Hebammen“

Hebammen sind für die Frauen da – vor, während und nach der Geburt. Trotzdem arbeiten sie oft unter prekären Umständen mit schlechter Bezahlung und viel Stress. Wie ist es, unter Corona-Bedingungen schwanger zu sein, ein Kind zu gebären und als Hebamme dabei zu unterstützen? Fotos von Julia Steinigeweg und Verena Brüning.

„Fabrikarbeiterinnen“, © Monika Keiler

Monika Keiler – „Fabrikarbeiterinnen“

Seit Corona wird unsere Arbeitswelt nach Systemrelevanz unterteilt. Neben Krankenschwestern oder Kassiererinnen gibt es zahlreiche Berufe, die relevant, aber kaum sichtbar sind. In der Lebensmittelindustrie stehen Frauen im Schichtdienst am Fließband und werden trotz körperlich anstrengender Arbeit niedrig entlohnt. Ihnen gilt mein Respekt. Monika Keller, „Fabrikarbeiterinnen“.


„Zwei“, © Marlena Waldthausen

Marlena Waldthausen – „Zwei“

Für Paare ist in der Pandemie nicht nur die soziale Isolation neu. Alex und ihr*e Partner*in Max teilen sich ein Zimmer von 12m2 in einer WG, da der Weg zueinander mit Ansteckungsrisiko verbunden ist. Fighting Games spielten sie gegeneinander, die Beziehung öffneten sie gemeinsam. „Covid ist wie ein Katalysator für unsere Beziehung, alles passiert schneller“ – ihre Heirat fand trotz Reisebeschränkungen in Dänemark statt.

Die Ausstellung IN WAVES #WomenInCovid ist noch bis zum 3. Oktober 2021 in Berlin zu sehen.

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