Foto: klauswowereit.de

Wowereits wundersamer Wandel

Er war anders als andere Politiker. Fast hatte er etwas von einem Popstar. Doch dann begann sein Abstieg. Nun doch der Rücktritt. Klaus Wowereits Wandel.

 

Wowereits Rücktritt

Nach dreizehn Jahren tritt Wowereit zurück. Berlins Regierender Bürgermeister saß viele Rücktrittsforderungen in den letzten Jahren aus. Der in der Öffentlichkeit meist gut gelaunte Landeschef hat sich an der politischen Dauerbaustelle des Großflughafens verkämpft. Der einst so charismatische und beliebte Wowi hatte schlussendlich weder seine Fraktion noch die Berliner hinter sich stehen.

Die Zeiten, in denen Wowereit fast wie ein Popstar der Politik wirkte, sind längst vergessen. Dabei stand Klaus Wowereit für einen neuen Typus des Landesvaters: jovial und locker, zugänglich und unbürokratisch, jung und hemdsärmelig. Als er sich 2001 um das Amt des SPD-Spitzenkandidaten für Berlin bewarb, sagte er, er sei schwul und das sei „auch gut so“. Und: „Berlin ist arm, aber sexy.“ Diese maßgeblichen Sätze bleiben wohl im kollektiven Gedächtnis der Stadt.

Wowereit pflegte dieses Bild in der Öffentlichkeit – auch wenn es anfänglich noch keine wirkliche Positionierung war, professionalisierte man die Selbstinszenierung in späteren Jahren durch Presseplatzierungen, gezielte Interviews und vor allem Partybilder. Dieser Wille zur Inszenierung war sicherlich eine neue Herangehensweise in Sachen Bürgernähe und passte gut zu Berlin, der lebenslustigen, kreativen Stadt, die Lust auf Veränderung und Neues hat. Wowereit setzte damit in der deutschen Politik neue Standards.

Wowereit: Der Niedergang

Doch spätestens vor zwei Jahren begann der politische Niedergang: Die Probleme rund um den Berliner Großflughafen bekam Klaus Wowereit nicht in den Griff. Beim Erkennen der Realitäten hätte es wohl einen Strategiewechsel gebraucht: Weg vom lebenslustigen Partylöwen hin zum durchsetzungsstarken Krisenmanager. Doch Wowereit fühlte sich nicht in der Verantwortung, wies Fragen in diese Richtung fast beleidigt zurück und zeigte mit dem Finger auf Dritte. Vielleicht eine nachvollziehbare Reaktion, doch zeugte dieses Verhalten auch von zunehmendem Realitätsverlust.

Damit steht Wowereit nicht allein – zahlreiche Politiker verpassen durch eine Art Tunnelblick den richtigen Zeitpunkt für den Kurswechsel oder den Rücktritt.

Wowereit geht, doch wer kommt?

Kurt Beck oder Edmund Stoiber waren ähnliche Fälle. Allen gemein ist, dass die Nachfolge meist nicht geregelt ist. Ein schreckliches Manko, denn es ist absehbar, dass anschließende Nachfolgestreitigkeiten die Politiker von ihrer eigentlichen Aufgabe abhalten, nämlich zu gestalten und zu regieren. Die Berliner durften in diesem Sommer schon einen Vorgeschmack auf die nun anstehenden Grabenkämpfe in der Landes-SPD um die Wowereit-Nachfolge bekommen, als sich SPD-Fraktionsvorsitzender Saleh Raed und SPD-Landesvorsitzender Jan Stöß eine ordentliche Fehde lieferten. Das Kriegsbeil wurde nur kurz begraben, jetzt wird es wieder herausgeholt. Enge Wowereit-Gefolgsleute wie Stadtentwicklungssenator Michael Müller könnten sich das entspannt anschauen und abwarten, ob sie aus diesem Streit als „unbeteiligte Sieger“ hervorgehen.

 

Hinweis: Judith Kleinemeyer ist Director bei Hill+Knowlton Strategies in Berlin. Sie kümmert sich schwerpunktmäßig um politische Interessensvertretung und Reputationsmanagement. Bei uns schreibt sie regelmäßig über politische Fragen. Zuletzt schrieb sie über die Europa-Wahl.

Die ultimative Wowereit-Nachfolger-Liste

Vorsicht, Unterhaltung: Arm & sexy, voll von Mode-Esprit und Flughafen-Neuigkeiten, die die Welt begeistern. Das kann nur Berlin. Doch wer kommt, wenn Wowi geht? Unser Dreamteam, unter anderem mit Karl Lagerfeld.

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