Manchmal werden unsere Ideen mit regelrechten Totschlagargumenten im Keim erstickt, bevor wir sie überhaupt richtig vorstellen konnten. Das muss aber nicht sein – wenn wir richtig reagieren.
Das Totschlagargument: der Feind der Innovation
„In der Praxis funktioniert das aber nicht …”, „Dafür haben wir weder Zeit, noch Geld …”, „Sie wollen mir doch nur etwas verkaufen – wie alle Verkäufer …” Wenn Gesprächspartner uns solche Aussagen an den Kopf werfen, sind wir oft erst einmal perplex und ehe wir uns versehen, befinden wir uns in einer schlechteren Gesprächs- oder Verhandlungsposition – und das in für uns oft wichtigen Situationen. Bestimmt kennst du diese oder ähnliche Situationen:
Gesprächssituation 1
Du präsentierst bei einem Meeting eine Problemlösung, deren Ausarbeitung dich viel Zeit und Energie gekostet hat. Doch kaum hast du deine Ideen vorgestellt sagt ein Kollege: „Das ist reine Theorie. In der Praxis funktioniert das nicht.”
Gesprächssituation 2
Oder du berätst einen Kunden. Detailliert erläuterst du ihm die Vorzüge deines Altersvorsorgekonzepts oder deiner IT-Lösung. Doch der Kunde sagt: „Dass Sie Ihre Lösung wie alle Verkäufer in rosaroten Farben schildern, ist doch klar. Schließlich wollen Sie mir etwas verkaufen.”
Wie reagierst du in einer solchen Situation? Vermutlich wie die meisten Menschen. Du bist verunsichert und spontan fällt dir keine passende Antwort ein. Vielleicht ringst du sogar um Fassung, um nicht loszupoltern: „Das ist unverschämt, mir zu unterstellen, dass ich von der Praxis keine Ahnung habe”, oder „ … Sie über den Tisch ziehen möchte.”
Im Berufsleben kommen wir immer wieder mit Menschen (seien dies Kunden, Kollegen oder Vorgesetzte) in Kontakt, die auf sachliche Argumente mit so genannten Killerphrasen reagieren, die uns sprachlos machen – zum Beispiel, weil wir mit einem so grundlegenden oder absurden Einwand nicht gerechnet haben.
Was sind Killerphrasen?
Killerphrasen werden umgangssprachlich auch „Totschlagargumente” genannt. Denn sie drücken uns symbolisch an die Wand und führen dazu, dass unser Gesprächspartner die Oberhand gewinnt – sofern wir nicht angemessen reagieren. Entsprechend wichtig ist es, solche Phrasen oder Scheinargumente schnell zu erkennen und zu wissen, wie man sie entkräftet.
Kennst du diese Killerphrasen aus deinem Job-Alltag? Killerphrasen gibt es wie Sand am Meer. Denn letztlich hängt es von der Situation ab, was uns mundtot macht. Im Berufsalltag häufig genutzte Killerphrasen sind:
„Sie sollten wissen, dass das nicht geht.”
„So kann nur eine Frau argumentieren.” (Wahlweise auch: „ein Verkäufer”, „Techniker”, „Laie”)
„Für so etwas haben wir weder Zeit, noch Geld.”
„Das haben wir noch nie so gemacht und werden es auch zukünftig nicht tun.”
„Dieser Plan ist zum Scheitern verurteilt.”
„Bisher sind wir auch gut ohne ‘XY’ ausgekommen.”
„Ich glaube nicht, dass die anderen da mitspielen werden.”
„Das haben wir schon immer so gemacht.”
„Das wird sowieso nicht funktionieren.”
Das haben alle Killerphrasen gemeinsam
Sie gehen nicht auf unsere Vorschläge und Argumente ein. Diese werden vielmehr pauschal beiseite gewischt und übergangen. Und zwar begründet mit einem Vorwurf, wie zum Beispiel:
„Sie haben von der Praxis keine Ahnung.”
„Sie argumentieren rein emotional.”
„Sie sehen den Gesamtzusammenhang nicht.”
„Sie sind nur auf Ihren Vorteil bedacht.”
Entsprechend reagieren wir auf Killerphrasen oft: emotional, verletzt, hilflos, verunsichert.
2 typische Reaktionen, die du vermeiden solltest
Grundsätzlich lassen sich folgende Reaktionsmuster unterscheiden:
1. Wir ziehen uns gekränkt oder verunsichert in unser Schneckenhaus zurück. Das bedeutet bei einem Meeting: Unser Vorschlag ist vom Tisch. Und in einem Verkaufsgespräch? Unser Gesprächspartner fühlt sich entweder in seiner Meinung bestätigt oder er hat sein Ziel, uns in die Defensive zu drängen, erreicht.
2. Wir reagieren wütend und poltern los. Auch das ist nicht zielführend. Denn es zeigt unserem Gesprächspartner, dass er einen wunden Punkt getroffen hat und eröffnet ihm die Chance, kühl zu erwidern. Und wir stehen als verletzte Sensibelchen da, was unsere (Verhandlungs-)Position schwächt. Hinzu kommt: Wenn wir so reagieren, schaffen wir eine Konfrontationssituation. Das ist gerade im Business-Kontext meist wenig zielführend.
Die passende Reaktion ist immer abhängig von der Situation
Beide Reaktionsmuster bringen uns also nicht weiter. Daraus folgt: Wir sollten auf Killerphrasen zwar aktiv reagieren, aber ruhig und sachlich bleiben. Dabei gilt es zwei Situationen zu unterscheiden:
1. Unser Gesprächspartner setzt die Killerphrase gezielt als taktische Waffe ein, um uns zum Beispiel aus dem Konzept oder in die Defensive zu bringen, so dass er einen Vorteil hat.
2. Unser Gesprächspartner benutzt die Killerphrase eher unbewusst, reflexartig. Zum Beispiel, weil ihm unser Vorschlag nicht gefällt oder er gerade im Stress ist. Er möchte uns also nicht attackieren. Dass er so ablehnend reagiert, ist vielmehr in seiner Person oder in der Situation begründet.
3 Rhetorik-Tipps: Wie du Killerphrasen entkräftest
Was zutrifft kannst letztlich nur du entscheiden, anhand der Situation und deiner Beziehung zum Gesprächspartner. Diese drei Rhetorik-Tipps können dir aber dabei helfen, in den unterschiedlichen Situationen richtig und effektiv zu reagieren:
Unbewusst eingesetzte Killerphrasen
Nicht immer setzen Kunden, Kollegen oder Vorgesetzte Killerphrasen in böser Absicht ein. Killerphrasen werden oft im Eifer des Gefechts unbewusst genutzt, zum Beispiel weil dein dein Gesprächspartner unter (Zeit-)Druck steht, der Vorschlag seinen Vorstellungen zuwider läuft oder die Idee aufgrund seiner bisheriger Erfahrungen wirklich unrealistisch erscheint. Das macht die Killerphrasen aber nicht weniger gefährlich. Denn wenn du diese übergehst, gerätst du schnell in eine schlechtere Gesprächs- oder Verhandlungsposition.
Neutrale Reaktionen auf Killerphrasen sind hier gefragt: Du kannst, wenn der Partner einem Vorschlag von dir mangelnde Praxistauglichkeit unterstellt, zum Beispiel schlicht überzeugende Fakten erwidern: „Herr XY, ich verstehe, dass Ihnen der Vorschlag wenig praktikabel erscheint, denn wir haben mit diesem Vorgehen noch keine Erfahrung. Das Unternehmen xy praktiziert ein ähnliches Verfahren aber schon seit zwei Jahren und hat dieErfahrung gesammelt, dass …”
Ähnlich solltest du reagieren, wenn ein Kunde dir Unseriosität unterstellt. Dann kannst du zum Beispiel sagen: „Frau Müller, ich weiß, dass viele Verkäufer nur an ihren kurzfristigen Profit denken. Wir möchten aber langfristige Beziehungen zu unseren Kunden aufbauen, weil diese letztlich auch für uns lukrativer sind. Deshalb machen wir unseren Kunden langfristig sinnvolle Angebote …” Steh’ also ruhig dazu, dass du Verkäufer bist und dein Unternehmen Gewinn erzielen möchte. Alles andere wäre unglaubwürdig. Sage aber auch, was dich von deinen Mitbewerbern unterscheidet.
Killerphrasen, die verletzend sind
Wenn Gesprächspartner mit Killerphrasen keine negativen Absichten verfolgen, ist es in Vier-Augen-Gesprächen zuweilen sinnvoll, sie unmittelbar darauf hinzuweisen, dass ihre Aussagen eine Abwertung deiner Person oder deiner Vorschläge enthalten. Zum Beispiel mit den Worten:
„Herr XY, mit Ihrer Aussage unterstellen Sie mir indirekt, dass ich keine Ahnung von der Praxis habe”, oder „… dass ich Sie über den Tisch ziehen möchte.” Wenn dies nicht die Intention deines Gesprächspartners war, wird er auf deine Aussage erschrocken reagieren und zu erklären, dass das nicht seine Absicht war.
Darauf solltest du zum Beispiel erwidern: „Davon ging ich selbstverständlich aus, denn wir arbeiten ja seit Jahren erfolgreich zusammen.” Dann ist die Kuh vom Eis und du hast deinem Partner nochmals vor Augen geführt, was euch verbindet.
In Gruppen solltest du jedoch in der Regel darauf verzichten, unmittelbar anzusprechen, dass eine Aussage dich verletzt hat. Denn dies könnte von deinem Gesprächspartner als ein Bloßstellen vor der Gruppe empfunden werden. Warte deshalb das Ende des Meetings ab. Gehe dann auf die Person zu und sage zum Beispiel: „Die Besprechung ist ja gut gelaufen. Ihre Aussage ‚…’ hat mich aber getroffen. Denn Sie unterstellt mir, dass …”
Dann könnt ihr die Angelegenheit im Vier-Augen-Gespräch klären und, nachdem ihr euch eure wechselseitige Wertschätzung bestätigt habt, in Harmonie auseinander gehen.
Bewusst eingesetzte Killerphrasen
Beispiel: Gesprächssituation im Meeting: Gehen wir davon aus, dein Gesprächspartner setzt in einem Meeting die Killerphrase bewusst als Waffe ein, um dich mundtot zu machen. Dann kannst du sarkastisch oder sogar bissig reagieren. Mit solchen Aussagen weist du deine Gegner deutlich in die Schranken. Doch Vorsicht, damit riskierst du auch eine offene Konfrontation. Scherzhaft oder ironisch gemeinte Aussagen werden gerade in Konflikt- und Stresssituationen schnell missverstanden. Deshalb solltest du ein solches Vorgehen nur wählen, wenn aus deiner Warte ein klärendes Gewitter unumgänglich ist. Besser ist es, auch hier sachlich zu reagieren.
Die sachliche Reaktion
Sinnvoller ist es zumeist, die Aussage des Kontrahenten aufzugreifen und zum Beispiel auf den Vorwurf der mangelnden Praxistauglichkeit zu erwidern: „Herr XY, ich sehe das aufgrund meiner Position anders. Könnten Sie mir erläutern, warum mein Vorschlag aus Ihrer Warte nicht realisierbar ist, obwohl er die Vorzüge A, B und C hat.” So bringst du deinen Kontrahenten in die Defensive und nennst zugleich nochmals die zentralen Argumente für deinen Vorschlag. Außerdem verschaffst du dir Zeit, um dir dein weiteres Vorgehen zu überlegen.
Hat dein Gegner seine Bedenken konkretisiert, solltest du erneut das Wort ergreifen und zum Beispiel sagen: „Herr XY, Ihre zentralen Bedenken sind, sofern ich Sie richtig verstanden habe, D, E und F. Welche Bedingungen müssten gegeben sein, damit mein Vorschlag trotzdem realisiert werden kann?”
Der Vorteil des sachlichen Vorgehens: Du nötigst deinen Kontrahenten aktiv darüber nachzudenken, wie dein Vorschlag realisiert werden kann. Und weigert er sich? Dann ist er in den Augen der anderen Besprechungsteilnehmer derjenige, der sich querstellt.
Ähnlich solltest du reagieren, wenn ein Kunde dir unterstellt, du wolltest ihn über den Tisch ziehen, um deine Verhandlungsposition zu schwächen und zum Beispiel günstigere Konditionen zu erlangen. Dann kannst du erwidern: „Frau XY, es tut mir leid, dass Sie bisher so schlechte Erfahrungen mit Verkäufern gesammelt haben. Würden Sie mir diese kurz schildern?” So verschaffst du dir Zeit zum Nachdenken. Hat der Kunde seine negativen Erfahrungen geschildert, kannst du zum Beispiel sagen: „Ich verstehe gut, dass Sie mit diesen Verkäufern nicht mehr kooperieren möchten, weshalb Sie vermutlich mich kontaktiert haben. Denn ich bin zwar auch ein Verkäufer, mir ist aber im Kundenkontakt vor allem wichtig, dass …” Nachdem du Verständnis für die Reaktion des Kunden gezeigt hast, solltest du nochmals darlegen, was für eine Zusammenarbeit mit dir spricht.
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