Unzufriedenheit im Job? Daran sind oft die anderen Schuld: Chef*in, Kolleg*innen, das Gehalt. Unsere Community-Autorin findet: Wir müssen uns selbst mehr in die Verantwortung nehmen.
Mit meinem*r blöden Chef*in werde ich nie glücklich
„Wenn ich nur mehr Geld verdienen würde … Wenn mein Chef mal Danke sagen würde … Wenn ich nicht so anspruchsvoll wäre … Drei Sätze, mit denen wir unsere eigene Unzufriedenheit auf der Arbeit rechtfertigen und die Verantwortung, dass sich daran etwas ändert, von uns wegschieben. Verbessern wird sich durch das bloße Beschweren nämlich nichts. Wenn wir also in der privilegierten Position sind, uns unseren Job und unsere Arbeitsstelle bis zu einem gewissen Grad auszusuchen, sollten wir der harten Wahrheit stattdessen ins Auge blicken: Worin liegen die konkreten Probleme? Schauen wir uns die Aussagen genauer an:
1. „Wenn ich mehr Geld hätte, könnte ich über vieles hinwegsehen“
Kennst du diese Leute, die aus dem Stand zehn Punkte nennen können, die sie an ihrem aktuellen Arbeitsplatz stören? Die Wahrheit ist, oft würden sie bei ihrem nächsten Arbeitgeber mindestens neun dieser Punkte genauso beklagen: Das liegt nicht daran, dass es anderswo auch scheiße ist, sondern daran, dass einer der zehn Punkt, der vermeintlich wichtigste, in dem neuen Job gelöst würde: Geld.
„Ich verdiene dort ja 15.000 Euro mehr. Da kann ich darüber hinwegsehen, dass ich weiterhin um halb fünf aufstehen muss.“ – das ist aber leider totaler Quatsch. Wenn du es hasst, um halb fünf aufzustehen, dann wirst du es auch mit 15.000 Euro mehr Gehalt hassen.
Es ist also wichtig, eine klare Hierarchie der Probleme zu benennen:
1. Überleg dir gut, was du auf keinen Fall mehr hinnehmen kannst, schreib es auf, häng es dir an den Badezimmerspiegel und stelle sicher, dass es im nächsten Job kein Problem mehr sein wird.
2. Jammere nicht mehr über die übrigen Punkte, die dich nerven, denn sie haben dich nicht so sehr genervt, dass du tatsächlich etwas geändert hast. Also kannst du dich anscheinend damit arrangieren.
2. „Wenn mein Job nicht so langweilig wäre, wäre ich motivierter“
Langeweile im Job ist das Schlimmste. Wenn du total unmotiviert rumhängst und die Zeit einfach nicht vergehen will, dann hast du ein Problem. Aber genau das ist der Knackpunkt: Du hast das Problem, nicht jemand anderes. Das musst du dir bewusst machen:
1. Du bist erwachsen, du hast die Verantwortung darüber, was du tust und was du lässt. Klingt deprimierend? Versuch es so: „Ich habe die Macht zu entscheiden, was ich tue.“
Und mache dir diese Macht zu Nutze. Dehne deinen Einflussbereich weiter aus. Wenn du nichts zu tun hast, kannst du kreativ werden. Worauf hast du Lust?Unterstütze deine Kolleg*innen. Starte ein cooles Projekt. Wenn das nicht reicht, nutze die Zeit, um dich zum Beispiel auf einer Internet-Lernplattform weiterzubilden. Es mag hart klingen, aber hör auf zu jammern und finde Lösungen.
3. „Wenn mein Chef auch mal Danke sagen würde, hätte ich mehr Freude am Job“
Du bekommst zu wenig Anerkennung von deinem*r Chef*in? Es gibt Chef*innen, die es verstehen, Leistung zu würdigen. Chef*innen, die stolz auf ihre Mitarbeiter*innen sind und das auch ausdrücken können. Und es gibt Chefs, die das einfach nicht können – und nie können werden. Das ist sehr traurig. Aber vor allem ist es nicht deine Aufgabe, diese Chef*innen zu erziehen. Das wird nicht funktionieren. Deshalb solltest du dir folgende Dinge bewusst machen:
1. Arbeite für die Sache, nicht für deine*n Chef*in. Wenn du an etwas arbeitest, das du richtig gut findest, dann brauchst du niemanden, der*die dir sagt, dass du etwas geil gemacht hast. Die Zufriedenheit kommt dann automatisch.
2. Denke nicht, du müsstest zwingend im Sozialen Bereich arbeiten, um dich von externer Anerkennung zu befreien. Du musst nicht Ärzt*in oder Pädagog*in sein oder ehrenamtlich Kröten über die Straße tragen, um Zufriedenheit zu spüren.
4. „Wenn ich mich damit abfinden könnte, dass ein Job dem Broterwerb dient, würde es mir besser gehen“
Ein Job muss nicht erfüllend sein, argumentieren viele. Hier eine kurze Berechnung, in welchem Fall das Quatsch ist:
Sagen wir, du stehst um sieben Uhr auf und gehst um 23 Uhr ins Bett. Dann bist du 16 Stunden wach. X=16 Stunden. Sagen wir weiterhin, du gehst um acht Uhr morgens aus dem Haus zur Arbeit und bist um sieben Uhr abends wieder zurück. Dann verbringst du elf Stunden mit und für deinen Job. Y=11 Stunden:
X-Y = 16 – 11 = 5 Stunden Zeit zur freien Gestaltung.
Wenn du also 70 Prozent deiner wachen Zeit damit verbringst einer Tätigkeit nachzugehen, weil:
– sie dir Geld bringt
– das Leben kein Wunschkonzert ist
– man das halt so macht
Diese Tätigkeit aber:
– dich nicht erfüllt
– dir weniger Energie gibt, als sie dir nimmt
– dich nicht glücklich und zufrieden macht
Und du aber eigentlich, die Wahl hast, diese Arbeit nicht machen zu müssen, dann ist es an der Zeit etwas zu ändern. Wenn du deinen Job nicht nur zum Broterwerb ausführen möchtest, dann wechsle den Job, nicht deine Einstellung:
Gegen innere Überzeugungen anzukämpfen ist langfristig sinnlos. Setze deine Energie dafür ein mehr über deine Interessen und Fähigkeiten zu erfahren. Kämpfe für dich, statt gegen dich. So findest du heraus, in welchem Job du dich gerne einbringen möchtest. Wenn du weißt, was du willst, wirst du es auch finden.
Titelbild: www.depositphotos.com
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