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So bewerbt ihr euch in einer Branche, die nichts mit eurer Ausbildung zu tun hat

Ihr wollt nach dem Studium in einem ganz anderen Bereich arbeiten? Die Karrierecoachin Ute Bölke erklärt, wie so ein Quereinstieg gelingt und welche Punkte es dabei zu beachten gilt.

Neuorientierung nach dem Studium? Ja, das geht!

Endlich habt ihr es geschafft: Das Studium ist beendet, die Ausbildung ist vorbei, der Abschluss ist in der Tasche. Doch was, wenn euch während des Studiums oder der Ausbildung aufgefallen ist, dass ihr gar nicht in dem Bereich arbeiten wollt, in dem ihr euren Abschluss gemacht habt? Was, wenn euch sogar erst im Job auffällt, dass ihr eigentlich etwas ganz Anderes machen wollt? Was müsst ihr beachten, wenn ihr eine branchenfremde Bewerbung in Betracht zeigt?

Im Interview mit Jennifer Ritz von Business Insider erklärt Karrierecoach Ute Bölke, wie ihr es schaffen könnt, einen Job in einem komplett fachfremden Bereich zu bekommen. Ganz wichtig sind ihrer Meinung nach dabei die folgenden Punkte:

Passt eure Bewerbung auf die neue Branche an

Ein erster Tipp: Bevor ihr euch sofort in die Bewerbung stürzt und wahllos Lebensläufe an alle möglichen Unternehmen verteilt, weil ihr davon überzeugt seid, dass ihr nur so einen Job findet, müsst ihr euch, laut Bölke, zunächst mit zwei Fragenbereichen genauer befassen:

  1. Welche Fähigkeiten habe ich? Was bringe ich mit? Welche Ziele habe ich?
  2. Was zeichnet meine neue Zielbranche aus? Was suchen die Arbeitgeber?

Die Schnittmenge aus beiden Bereichen ist euer Schlüssel zum Erfolg! Versucht, zu recherchieren, was Firmen in eurer Zielbranche verlangen, was sie erwarten und was ihnen wichtig ist und passt eure Fähigkeiten und euren Lebenslauf den Antworten entsprechend an. Versucht, eure persönlichen Interessensbereiche auszubauen und sucht dabei aus allen Bereichen eures Lebens positive Fähigkeiten zusammen. Ziel ist es, übertragbare Fähigkeiten zu finden, die ihr für eure neue Position anwenden könnt.

Das schafft Qualifikationen, an die man anfangs noch gar nicht gedacht hat. Ein Beispiel: Wenn ein*e Versicherungsverkäufer*in beispielsweise Funktionsbekleidung verkaufen will, so sollte diese*r vor allem darauf achten, persönliche Bereiche wie die Verkaufsleidenschaft, seine Kommunikationsfähigkeit oder auch seine Begeisterung für den Sportbereich besonders hervorzuheben.

Findet bei eurer Bewerbung Schnittmengen

Bölke rät dazu, bei der Anpassung der Bewerbung immer die Zielbranche im Auge zu behalten. Darunter versteht sie zum Beispiel die Anpassung des Vokabulars an den neuen Firmenbereich. Im Fall von Versicherungsverkäufer*innen hieße dies beispielsweise: allgemeinere Begriffe verwenden und den Fokus auf den Wechselwunsch und dessen Begründung legen. Versucht, Gemeinsamkeiten und Ähnlichkeiten eures aktuellen Jobs oder Abschlusses mit eurer Wunschbranche zu finden; vielleicht sind die Arbeitsweisen ähnlich oder die verwendete Technik ist vergleichbar.

Ihr müsst also die Schnittmenge zwischen euch und der neuen Branche finden und herausstellen. Die Schnittmenge hilft euch dabei, zu erkennen welche relevanten Erfahrungen ihr bereits sammeln konntet und zeigt euch gleichzeitig auf, wie diese in eurer Zielbranche von Nutzen sein können.

Flexibilität beim Gehalt

Auch bei euren Gehaltsvorstellungen rät Bölke zu Flexibilität. Am besten fahrt ihr damit, wenn ihr verdeutlicht, dass euch bewusst ist, dass ihr nicht sofort euer Traumgehalt bekommen werdet — ihr seid ja schließlich Quereinsteiger*innen. Das muss jedoch nicht heißen, dass ihr euch unter Wert verkauft. Bölke dazu: „Spielt einfach mit offenen Karten und seid euch eurer Situation bewusst.“

Bildet euch schon vor der Bewerbung weiter

Helfen kann hier auch die Bereitschaft, sich weiterbilden zu wollen. Ganz nach dem Motto: Man lernt nie aus! Weiterbildungen oder Seminare machen sich zum einen gut auf eurem Lebenslauf, können aber auch ganz allgemein in der neuen Branche von großem Nutzen sein.

Eine wichtige Frage, die sich viele branchenfremde Bewerber*innen stellen: Wie finde ich überhaupt relevante Stellenausschreibungen? Bölke rät dazu, den verdeckten Stellenmarkt im Auge zu behalten, da hier „80 Prozent der offenen Stellen“ besetzt werden würden. Als verdeckten Stellenmarkt versteht man alles, was nicht die offenen Stellenausschreibungen auf Firmenseiten betrifft. Das heißt für euch: Besucht Messen, meldet euch bei Xing an oder geht zu Vorträgen. Seid vorbereitet und ausgestattet mit Visitenkarten oder Flyern und versucht immer, Kontakte zu knüpfen. So sticht ihr heraus und seid nicht mehr nur ein Anschreiben von vielen.

Baut euren Interessensbereich schon während des Studiums aus

Den Faktor Beziehungen dürft ihr nie unterschätzen. Wenn ihr bereits früh im Studium oder in der Ausbildung bemerkt, dass euch euer Abschluss wahrscheinlich nicht in eure Traumbranche bringen wird, könnt ihr frühzeitig während des Studiums gegensteuern. Am besten funktioniert das über Praktika, Werkstudentenstellen oder Nebenjobs.

Nach Bölke sind diese Erfahrungen „oft wichtiger als das Studienziel selbst“. Hier lernt ihr eure Fähigkeiten besser kennen und bekommt ein besseres Verständnis dafür, diese erfolgreich und sinnvoll einzusetzen. Ute Bölke verweist auch auf die hohen Zahlen der Menschen, die in branchenfremden Bereichen arbeiten, und sagt, dass man keine Angst davor haben müsse, die Branche zu wechseln. Heute sei das sogar ganz gängig. Also: Macht euch an die Arbeit und befolgt diese Tipps, dann steht einem erfolgreichen Branchenwechsel nichts mehr im Weg!

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