Erst war Viola Fuchs Schuhdesignerin, dann baute sie sich ein kleines Gewürz-Imperium in Hamburg auf. Kein Wunder, schließlich haben Gewürze in ihrer Familie Tradition.
Von Gerüchen,
Kindheitserinnerungen und dem richtigen Bauchgefühl
Eigentlich hatte
Viola Fuchs Schuhdesign in London studiert und begann dort in der Branche zu arbeiten.
Doch während sie zu Beginn noch Freude an dem kreativen Arbeiten hatte, konnte sie die Produktionsbedingungen irgendwann nicht mehr mit sich
vereinbaren – und ihr Herz brachte sie zurück zu ihren familienbedingten
Wurzeln: Gewürzen!
Die richtige
Entscheidung, denn was auf 35 Quadratmeter und handgefertigten Gewürzmischungen
begann, bringt es heute auf bereits 14 Läden. Und das Ende ist noch nicht in
Sicht. Uns hat die Unternehmerin erzählt, wie alles begann, welche Entscheidungen das Konzept von Violas’ nach vorne brachten und wie sie es schafft, Familie und Unternehmen unter
einen Hut zu bekommen.
Frau Fuchs, Gewürze sind
ein Thema, dass Ihre Familie schon lange begleitet, nicht wahr?
„Gewürze ziehen sich durch mein Leben wie
ein roter Faden. Schon meine Großeltern haben unmittelbar nach dem Krieg
begonnen, in Wiesbaden mit Gewürzen zu handeln und so wuchs ich buchstäblich
umgeben von Kurkuma, Kardamom und Tonkabohnen auf! Unser Familienunternehmen
Gewürzmüller und den dazugehörigen Laden gibt es übrigens heute noch. Meine
Mutter betrieb darüber hinaus viele Jahre einen riesigen Gewürzstand in der
Frankfurter Kleinmarkthalle, den seit ihrem Ruhestand nun meine Cousine
übernommen hat.“
Welchen Geruch
haben Sie in der Nase, wenn sie an ihre Kindheit denken?
„Sternanis und Vanille! Vanille ist der
beste Duft der Welt für mich: warm und sinnlich, dennoch herb und so herrlich
schwer, fast dramatisch. Er löst in mir ein Gefühl der Geborgenheit aus. Als
Kind waren es vor allem Süßspeisen, die ich mit dem Gewürz verband. Doch je
älter ich wurde, desto mehr experimentierte ich mit Vanille unterschiedlichster
Qualität. Heute liebe ich es zu Jakobsmuscheln, in Wildpastete, mit Pfeffer auf
Steak oder mit salzigem Lakritz. Ein wohlig-weihnachtliches Gefühl erzeugt bei
mir Sternanis. Weihnachten bedeutet seit meiner Kindheit Ausnahmezustand, denn
meine Mutter musste zu dieser Zeit immer unglaublich viel arbeiten. Oft durfte ich
ihr helfen. Die hübschen kleinen Anissterne verzauberten mich schon damals mit
ihrer Form und ich habe es geliebt, mit ihnen zu basteln und diese wunderschön
glänzenden Kerne in den rauen, holzigen Sternschalen auf unserem Küchentisch zu
einem Firmament zu legen, während der Lakritzduft durch die Verarbeitung die
Küche erfüllte.“
Vanille ist der
beste Duft der Welt für mich: Warm und sinnlich, dennoch herb und so herrlich
schwer, fast dramatisch.
Heute gibt es
14 Violas’-Gewürz- und Delikatessenläden – begonnen haben Sie auf 35 Quadratmetern sowie etwas
Eigenkapital. Was denken Sie, hat Sie so erfolgreich gemacht?
„Ich wollte einfach das tun, was mir Spaß
macht und hatte zu Beginn keine wirkliche Strategie. Die Idee ging auf: Seit
der Gründung von Violas’ 1997 geht es mit meinem Unternehmen und der Freude
daran stets aufwärts. Je größer das Team um mich wird, desto spannender,
fordernder und spaßiger wird es. Ich bin umgeben von großartigen Menschen,
Produkten und Eindrücken. So weit gebracht haben mich dabei meine impulsiver
Charakter aber auch die Eigenschaft, bedacht zu handeln. Grundsätzlich kann ich
mich für Dinge sehr schnell begeistern, wäge dann aber doch das Für und Wider
strikt und besonnen ab.“
Je größer das Team um mich wird, desto spannender,
fordernder und spaßiger wird es.
Sicherlich
spielte es auch eine Rolle, dass das Kochen auf einmal wieder so derart in Mode
kam. Waren sie also einfach zur richtigen Zeit am richtigen Ort?
„Als ich meinen Laden eröffnete kochten
nur Fritz Wepper und Biolek im TV – und die Bibel guter Ernährung war die
Brigitte Diät! Insofern hab ich da keinen Hype aufgeschnappt, sondern eher die
Tradition meiner Familie weitergeführt! Unser Konzept kommt überall in
Deutschland toll an – deshalb glaube ich, hätte ich meinen Stammladen sicher
auch in einer anderen Stadt aufmachen können. Hamburg war für mich im
Nachhinein der richtige Platz, weil ich hier neben meiner großen Liebe, auch
eine herrlich frische und vor allem saftig grüne Heimat gefunden habe. Ich bin
an der Alster schon daheim gewesen, als ich ankam. Es war magisch. Die raue
Waterkant und die herzlichen, lebenslustigen und genussbewussten Hanseaten
waren sofort mein Ding, auch wenn ich im Herzen wohl immer ‚e
Hessemädsche’ bleiben werde.“
Mit welchen
Gewürzen haben Sie angefangen – und haben Sie die Mischungen alleine
ausgetüftelt, oder hatten Sie dafür Hilfe von Partnern?
„Begonnen hat alles mit grob geschätzt 60
Einzelgewürzen und 20 Mischungen. Heute sind wir bei rund 450 verschiedenen
Violas’ Gewürzen! Die Rezepturen habe ich damals mit dem tollsten Profiteam der
Welt ausbaldowert: Meine Oma Helene und Mami Brigitte sind aus Süddeutschland
zu mir gekommen und gleich einen ganzen Monat geblieben. Stellen Sie sich das
mal vor! Ich hatte zu dieser Zeit noch eine winzige Wohnung in Eppendorf und
Mama und Oma – zwei gestandene Damen – haben im wahrsten Sinne des Wortes bei
mir kampiert. Gemeinsam haben wir von früh morgens bis in die Nacht gemischt,
gemahlen, abgefüllt und Tränen gelacht! Das war wunderschön. In dieser Zeit
habe ich mehr über mein gewähltes Handwerk gelernt, als in den Jahren danach.“
Die Rezepturen habe ich damals mit dem tollsten Profiteam der
Welt ausbaldowert: Meine Oma Helene und Mami Brigitte.
Können Sie sich
noch an den Moment erinnern, als ihnen klar war: Der Plan geht tatsächlich auf?
Und in welcher unternehmerischen Phase befanden Sie sich zu dem Zeitpunkt?
„Wäre ich mir da nicht von Anfang an
sicher gewesen, hätte ich den Schritt niemals gewagt – dafür bin ich zu
kalkuliert. Ich wusste, das wird funktionieren! Meine ersten Mitarbeiterinnen
Sigrun Baumert und Stefanie Jarmers sind heute noch an meiner Seite. Ich
brauche meine Violas’ Familie und ich liebe es, mich mit Menschen zu umgeben,
die ich in mein Herz geschlossen habe, denen ich vertraue und auf die ich mich
verlassen kann.“
Wann kam dann der
Punkt, dass sie aus dem einem Laden ein Franchise-Konzept entwickeln wollten?
„Das war 2012. Schon vorher gab es immer
wieder Geschäftsleute, die mit solchen wilden Ideen an mich herantraten. Nie
hat mein Bauch Ja gesagt. 2012 stand dann Dr. Dirk Nonnenmacher vor mir und
ich wusste: Mit dem klappt es! Bei uns ist die Chemie perfekt! Seine Frau
Frederike war schon lange Stammkundin bei mir am Eppendorfer Baum und die
Begeisterung der zwei für die Marke und unsere Kreationen hat mich überzeugt.
Ebenso die Tatsache mit Dirk einen erfahrenen Betriebswirt an der Seite zu
haben, der geschäftlich zu mir passt wie ein Zahnrad ins andere!“
Gibt es rückblickend
etwas, das Sie heute anders machen würden?
„Ich würde jeden einzelnen Tag der
letzten 18 Jahre wieder so leben wollen, wie er passiert ist.“
Bevor Sie in
den Delikatessenhandel wechselten, haben Sie in der Modebranche gearbeitet. Wie
und warum kam es zu diesem Wechsel? War es Unzufriedenheit oder vielleicht der
Wunsch zurück zu den Wurzeln zu kehren?
„Ich habe in der Modemetropole London
Schuhdesign studiert und war sehr beeindruckt von all diesen verrückten und
innovativen Impulsen um mich herum. Alles war wild und modern und alles in
meinem Kopf hat sich um Design gedreht. Ich habe eine Kollektion entworfen, bei
der ich aus Korsagen Schuhe ‚inszeniert’ habe. Materialien und Formen
verschmolzen zu abgefahrenen Kreationen. Quasi kunstvoll ausgeflippte
Einzelstücke. Doch als ich dann nach dem Studium bei einem großen Unternehmen
anfing und eine solide Festanstellung als Designerin hatte – puh, da hat
mich die langweilige Realität der massenkompatiblen Großproduktion eingeholt!
Die Herstellungsbedingungen der Schuhe – teilweise in Übersee und ärmsten
Entwicklungsländern – entsprachen überhaupt nicht meinen Werten. Ich war
kreuzunglücklich. Die einzige Alternative wäre eine klassische Schuhmacherei in
einem eigenen Atelier gewesen. Sowas leisten sich die Deutschen aber nur noch
im seltensten Fall und mein Herz sehnte sich nach kreativen Herausforderungen.
Also: Gewürze!“
Familie scheint
bei Ihnen ein wichtiger Dreh- und Angelpunkt zu sein. Wie machen Sie das als
Unternehmerin eigentlich mit der eigenen Familie? Empfinden Sie das als Spagat
oder fällt Ihnen das leicht?
„Das ist
tatsächlich mein wunder Punkt. Wenn Sie mein Team, meine Familie und meine
Freunde fragen, wird Ihnen jeder sagen: Viola schafft das mit Bravour. Dennoch
komme ich natürlich nicht umhin, mich manchmal missmutig in mein schlechtes
Mutter-Gewissen zu wickeln. Ich arbeite wirklich viel und habe das große Glück,
dass meine Kinder dennoch eine wunderbare, kunterbunte Kindheit erleben, weil
wir ihnen alle Wünsche und Träume erfüllen können. Wir verbringen bewusst viel ‚Qualitätszeit’
miteinander. So verreisen wir gern oder unternehmen Ausflüge und stellen dann
alles auf die Abstellgleise, was uns tagsüber von den Kindern und unserer Ehe
ablenken könnte. Abends, wenn die Kinder dann im Bett sind, checke ich meine
Mails. So werde ich allen gerecht und es kommt nichts zu kurz.
Was hilft
Ihnen denn noch, um die Balance zu halten?
„Im
Familienalltag sind mir Rituale sehr wichtig, wie beispielsweise das gemeinsame
Frühstück oder abends die Kinder ins Bett zu bringen. Durch die modernen Medien
kann ich rund um die Uhr mit meiner Familie kommunizieren und weiß immer, was
gerade daheim los ist. Wir schicken unzählige SMS, telefonieren oder skypen,
wenn ich auf Reisen bin. Genauso halte ich es im Job. Mein Team ist so stützend
und ich kann mich immer darauf verlassen, dass wir alle am selben Strang
ziehen, während jeder seinen festen Part übernimmt und ausfüllt. Das entlastet
und beruhigt mich gleichermaßen. Organisation und eine solide Struktur sind das
Salz in der Violas’-Unternehmenssuppe! Unsere Zusammenarbeit ist ehrgeizig,
spaßig, sehr engmaschig und familiär. So straff die Struktur auch sein mag, ein
stabiles Netz bildet ja immer auch eine solide Hängematte!“
Haben Sie einen Rat für Frauen, die auch daran denken zu gründen?
„Mir fällt es selbst schwer, Rat
anzunehmen, hole mir aber grundsätzlich Meinungen von Außenstehenden ein. Ich
würde mir bei so wichtigen Entscheidungen wie einer Existenzgründung niemals
anmaßen, einen Rat zu geben. Alles, was ich sagen kann, ist: Wenn man liebt,
was man tut und dabei zielorientiert und ehrgeizig ist, ohne anderen zu
schaden, dann ebnet man sich einen Pfad. Ein Pfad ist immer ein Weg. Ein Weg
kann eine solide Straße werden und die wird mit Geduld, harter Arbeit und viel
Spaß irgendwann eine Autobahn.“
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