Eltern denken sich einen Namen aus und dieser Name begleitet das Kind ein Leben lang. Für trans* Menschen ist das oft komplizierter. Unsere Werkstudentin Mona erzählt über den langen und teilweise schmerzhaften Prozess der offiziellen Anerkennung ihres richtigen Namens – und sie teilt mit uns ihre Gedanken dazu.
Mein Name ist Mona. Diesen Namen haben mir nicht meine Eltern gegeben – ich habe ihn mir selbst gegeben. Der eigene Name ist sehr wichtig für viele Menschen, aber für trans* Personen hat er eine besondere Bedeutung. Denn wir müssen oft für unseren eigenen Namen kämpfen.
Warum ist anderen mein Name so wichtig? Mein Name gehört mir und wenn Leute ihn aussprechen, dann reden sie über mich. Warum sollte also jemand über meinen Namen entscheiden dürfen – außer mir?
Der Unterschied ist wohl, dass die meisten Menschen zufrieden sind mit dem Namen, der ihnen bei ihrer Geburt gegeben wurde. Bei trans* Personen ist das eigentliche Problem, dass ihnen bereits vor der Geburt ein falsches Geschlecht zugeordnet wird. Und Namen werden meistens passend dazu gewählt. Der eigentliche Kampf ist also der Kampf um die Anerkennung meines eigenen Geschlechts und mein Name ist ein großer Teil davon.
„Ich bin kein Mann, ich bin eine Frau. Ich bin nicht mein Deadname, ich heiße Mona.“
Das Problem, das andere Menschen mit meinem Namen haben, ist nicht wirklich ein Problem mit meinem Namen, sondern mit meiner geschlechtlichen Selbstbestimmung. Wenn jemand meinen Namen nicht anerkennt, erkennt diese Person auch mein Geschlecht nicht an. Ich bin kein Mann, ich bin eine Frau. Ich bin nicht mein Deadname, ich heiße Mona.
Ich hatte Glück mit meinem Umfeld, das habe ich bei meinem Outing bemerkt. Meine Freund*innen, Familie, sogar die Leute an meiner Uni und in meinem Job hatten alles in allem eine große Akzeptanz, was mich und meine Transgeschlechtlichkeit betrifft. Das hatte aber auch mit mir und meinem Auftritt, mit meiner Selbstbestimmtheit zu tun. Seit meinem Outing im Herbst 2020 musste ich nur noch selten meinen Deadname hören. Dafür bin ich sehr dankbar, denn jedes Mal, wenn es passiert, fühlt es sich an wie ein Messerstich in den Magen.
„Der eigentliche Kampf ist der Kampf um die Anerkennung meines eigenen Geschlechts und mein Name ist ein großer Teil davon.“
Ganz entkommen konnte ich meinem Deadname trotzdem nicht. Das liegt daran, dass auch dem Staat der Name und das Geschlecht sehr wichtig sind. Deshalb trage ich immer Erinnerungen an meinen Deadname auf mehreren kleinen Plastikkarten bei mir – meinen Personalausweis, meinen Führerschein, meine Bankkarte – und mehr. Das hat überraschend viel Einfluss auf den Alltag. Beim Einkaufen, wenn ich eine Flasche Wein kaufe, wenn ich ein Paket abholen muss, wenn ich bei der Bank an den Schalter gehe und vieles mehr. Jedes Mal muss ich mich bei einer komplett fremden Person outen.
Während der Corona Lockdowns war es besonders schlimm, da man überall seinen Impfausweis inklusive Personalausweis vorzeigen musste. „Das ist aber der Impfausweis von ihrem Mann“, sagte der Kontrolleur vor dem Weihnachtsmarkt. Nachdem ich „Nein, das stimmt schon so“ sage und er mich nochmal kurz anschaut, würdigt er mich keines Blickes mehr und sieht verlegen und leicht angeekelt aus. Vielleicht rede ich mir den letzten Teil auch ein. Ich fühle mich auf jeden Fall jedes Mal wie ein komisches Phänomen, von dem Leute nur in den Medien hören, eine dieser „komischen Tr*nsen“ eben.
In Deutschland gibt es die Möglichkeit, als trans* Person den eigenen Namen und Personenstand (Geschlecht) über das sogenannte Transsexuellengesetz (TSG) zu ändern. Das ist ein sich lange Zeit hinziehendes und teures Gerichtsverfahren. Benötigt werden dafür ein sogenannter Transsexueller-Lebenslauf und zwei psychologische Gutachten. Die Kosten liegen meistens zwischen 1.500 und 2.000 Euro.
„Ja, natürlich habe ich als Kind immer mit Puppen gespielt. Und Jungs fand ich immer bäh. Autos und so mochte ich auch nie.“
Der Lebenslauf soll die eigenen Erfahrungen als trans* Person aufzeigen und am besten so viele geschlechtsspezifische Klischees wie möglich beinhalten. „Ja, natürlich habe ich als Kind immer mit Puppen gespielt. Und Jungs fand ich immer bäh. Autos und so mochte ich auch nie…“ Für die beiden Gutachter*innen darf man beim zuständigen Amtsgericht Vorschläge machen. Wenn man Glück hat, werden diese berücksichtigt. Ich hatte Glück. Dabei gibt es nicht viele Personen, die solche Gutachten explizit anbieten und gerade in ländlicheren Regionen hat man eigentlich keine Wahl.
Viele trans* Personen erzählen von sehr schlechten Erfahrungen mit Gutachter*innen. Von vergleichbar harmlosen Sachen wie auf Klischees zurückzugreifen und das Geschlecht am Aussehen und Kleidungsstil zu bewerten bis zu absoluten Grenzüberschreitungen mit Fragen nach sexuellen Vorlieben und Fetischen oder die Forderung, die Unterwäsche zu zeigen, ist alles dabei. Darin zeigt sich sehr gut das Problem mit diesem Verfahren. – Wie beweist man, dass man trans* ist? Das eigene Geschlecht ist etwas tief Persönliches, das niemand außer man selbst bestimmen kann. Vor allem nicht anhand von Bedienungen verschiedener Vorgaben und Klischees.
Ich hatte Glück mit meinem Verfahren. Ich kannte zwei Gutachter*innen, von denen ich viel Gutes gehört hatte, und das Gericht hat meine Vorschläge angenommen. Deswegen liefen meine Gespräche zu den Gutachten auch sehr respektvoll mir und meinem Geschlecht gegenüber ab. Trotzdem ist es jetzt zehn Monate her, dass ich meinen Antrag gestellt habe. Morgen habe ich endlich meine Anhörung, bei der hoffentlich alles gut laufen wird; danach wird endlich ganz offiziell überall mein richtiger Namen stehen dürfen.
„Das Selbstbestimmungsgesetz soll jeder Person ermöglichen, den eigenen Namen und das eigene Geschlecht ohne große bürokratische Hürden einfach und schnell zu ändern.“
Das TSG trat 1981 in Kraft und wurden in Teilen bereits vom Bundesverfassungsgericht als verfassungswidrig erklärt. Letztes Jahr brachten Bündnis 90/Die Grünen erstmals einen Ersatz für das TSG in Form eines sogenannten „Selbstbestimmungsgesetzes“ in den Bundestag. Der Vorschlag wurde verhindert durch die Große Koalition. Die neue Regierung hat das Selbstbestimmungsgesetz in ihrem Koalitionsvertrag verankert. Es soll jeder Person ermöglichen, den eigenen Namen und das eigene Geschlecht ohne große bürokratische Hürden einfach und schnell zu ändern. Das ist ein großer und wichtiger Schritt in die richtige Richtung.
Gegner*innen des Selbstbestimmungsgesetzes sagen oft, dass es ausgenutzt werden würde. Ich verstehe diesen Einwand nicht wirklich. Mein Name und mein Geschlecht gehören mir. Es geht nicht darum, die offizielle Erlaubnis zu bekommen, eine Frau zu sein und damit auch zum Beispiel Frauentoiletten nutzen zu dürfen. (Wer kontrolliert bitte eigentlich den Ausweis, bevor man auf Toilette geht?) Ich bin bereits eine Frau und ich heiße Mona und ich möchte mich nicht regelmäßig im Alltag dafür rechtfertigen müssen.
Das Selbstbestimmungsgesetz (Quelle: Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend):
„Durch das Selbstbestimmungsgesetz soll es erstmals eine einheitliche Regelung für trans-, intergeschlechtliche und nicht-binäre Menschen zur Änderung des Geschlechtseintrages und der Vornamen geben. Durch eine Erklärung vor dem Standesamt soll eine Änderung des Geschlechtseintrages und der Vornamen möglich sein. Die Vorlage eines ärztlichen Attests oder die Einholung von Gutachten in einem Gerichtsverfahren sollen nach dem Selbstbestimmungsgesetz nicht länger erforderlich sein. Das Selbstbestimmungsgesetz bezieht sich ausschließlich auf die Änderung des Geschlechtseintrags und der Vornamen. Wenn eine Person neben der Personenstandsänderung auch körperliche geschlechtsangleichende Maßnahmen anstrebt, wird dies wie bisher auf Grundlage fachmedizinischer Regelungen entschieden.“
Vergleichbare Gesetze sind bereits in zwölf weiteren Ländern in Kraft gesetzt: Argentinien war 2012 das erste Land, das eine Änderung des Geschlechtseintrags per Selbstauskunft ermöglichte. Außerdem gibt es das Gesetz in Malta, Dänemark, Luxemburg, Belgien, Irland, Portugal, Island, Neuseeland, Norwegen, Uruguay und der Schweiz.
Das Selbstbestimmungsgesetz ersetzt das Transsexuellengesetz. „Das Transsexuellengesetz stammt aus dem Jahr 1980 und ist für die Betroffenen entwürdigend.“ Das sagte die Bundesfamilienministerin Lisa Paus gegenüber der Tagesschau. Bundesjustizminister Marco Buschmann ergänzte: „Das geltende Recht behandelt die betreffenden Personen wie Kranke. Dafür gibt es keine Rechtfertigung.“ Allerdings werden aktuell die Stimmen gegen das umstrittene Selbstbestimmungsrecht lauter.