Cécile Wickmann hatte eigentlich nur selbst nach einem Online-Portal gesucht, um ihre Vintage Stücke zu verkaufen. Zeitsparend und simpel sollte es sein. Gefunden hat sie nichts – dafür aber die Idee, selbst dieses Portal zu schaffen: Rebelle.
In kurzer Zeit von zwei auf knapp 100 Mitarbeiter
Von zwei auf knapp 90 Mitarbeiter. In nur vier Jahren. Diesen Weg ist Cécile Wickmann an der Seite von Co-Gründer Max Schönmann mit Rebelle gegangen. Rebelle, das ist ein Online-Marktplatz für Vintage Designermode, der sowohl Käufern als auch Verkäufern von Designerstücken eine Anlaufstelle bietet. Entstanden ist die Idee auf dem Dachboden ihrer Eltern, mittlerweile lassen sich Kunden aus rund 29 Ländern ihre Designerstücke nach Hause liefern. Tendenz steigend.
Welche Rolle Rebelle im Slow-Fashion-Trend einnimmt, wie Rebelle so schnell gewachsen ist, und welche Werte die 33-Jährige trotz Wachstum in ihrem Unternehmen niemals verlieren will, hat sie uns im Interview verraten.
Liebe Cécile, wie und wann ist denn die Idee zu Rebelle entstanden?
„Es begann 2013. Ich musste damals den Keller meiner Eltern von meinen Sachen befreien, die ich dort während meines Auslandstudiums eingelagert hatte. Dort stapelten sich insbesondere Kartons mit Kleidern und Accessoires aus meiner Zeit in der Modebranche.
Ich war gerade nach Hamburg gezogen und der Verkauf auf dem Flohmarkt oder über bestehende Online-Portale war mir zu aufwendig und zeitintensiv. Bei meiner Recherche habe ich keinen Online-Verkaufsservice gefunden, der Privatkunden ermöglicht, gut erhaltene Kleidungsstücke schnell, einfach und vor allem zu einem guten Preis zu verkaufen. Darin habe ich dann sofort die Geschäftsidee gesehen. Zusammen mit meinem Mitgründer Max Schönmann habe ich im Frühling 2013 die StyleRemains GmbH gegründet und Ende August Rebelle.com gelauncht.“
Und warum gerade „Rebelle“?
„Rebelle ist französisch, wobei das ,Re‘ für Re-Commerce und ,belle‘ für ,das Schöne‘ stehen. Wir haben uns bewusst für einen französischen Namen entschieden, denn ich habe unter anderem in Paris studiert und bin überzeugt, dass wesentliche Einflüsse der Mode nach wie vor aus der Heimatstadt von Coco Chanel kommen.
Mit dem Namen vermitteln wir sinnbildlich den Nutzen: ehemaligen Designer-Lieblingsstücken ein neues Leben einzuhauchen. Und weil wir damit in vielerlei Hinsicht entgegen der Norm handeln – nämlich teure Mode secondhand zu kaufen und den Konsum damit auf nachhaltige Beine stellen – steckt auch etwas Rebellisches darin.“
Du sagst, du hast im Ausland studiert und bist dann irgendwann nach Hamburg gezogen. Was hast du denn genau vor Rebelle gemacht?
„Ich bin in Berlin geboren und aufgewachsen und habe dort Betriebswirtschaft studiert. Anschließend habe ich im Medien- und Modeumfeld gearbeitet, unter anderem bei IMG, bevor ich für meinen Master of Business Administration nach London und Paris gezogen bin. Danach habe ich beim Hamburger Company Builder HanseVentures die Business-Analyse Abteilung aufgebaut und bin so intensiv mit digitalen Geschäftsmodellen in Kontakt gekommen.“
An welchem Punkt ist dir bewusst geworden, dass aus Rebelle etwas Größeres werden kann?
„Dass aus der Idee wirklich etwas Großes werden kann, wurde mir relativ schnell bewusst. Als ich den Firsthand Fashion-Markt im High-End-Segment analysiert und grob überschlagen habe, wie viele Produkte davon einen zweiten Lebensweg einschlagen werden, war mir schnell klar, dass dem keine Grenzen gesetzt sind. Als wir dann anfingen, die ersten Pakete mit großer Anzahl an Kleidungsstücken zu erhalten, waren wir uns sicher, dass wir hier die Möglichkeit haben, langfristig etwas richtig Großes aufzubauen.“
Wie sieht denn bei dir ein typischer Arbeitstag aus?
„Wenn ich in Hamburg bin und es zeitlich schaffe, gehe ich morgens um 7 Uhr zum Sport. Ich versuche im Idealfall immer, etwas vor 9 Uhr im Büro zu sein, meinen zweiten Kaffee zu trinken und dabei meinen Tag zu organisieren. Dann bricht meistens der Startup-Wahnsinn über einen herein. Die Tage sind vielseitig und meistens lang. Oft bin ich tagsüber in vielen Meetings, um mich mit meinen Abteilungen abzustimmen. Wesentliche E-Mails zu beantworten und neue Projekte vorzubereiten, schaffe ich oft erst, nachdem der Großteil des Teams bereits im Feierabend ist.“
Stichwort Startup – Ab welchem Zeitpunkt würdest du Rebelle nicht mehr als Startup bezeichnen?
„Das ist eine gute Frage. Es fühlt sich noch zu 100 Prozent wie ein Startup an – auch wenn wir in den vier vergangenen Jahren von zwei auf fast 90 Mitarbeiter gewachsen und dadurch natürlich heute in vielen Bereichen viel strukturierter und professioneller aufgestellt sind. Allerdings machen wir auch immer noch viele Dinge zum ersten Mal und ich ertappe mich ständig dabei, wie ich mir denke ,Mannoman hier ist echt noch viel zu tun‘. Glücklicherweise haben wir uns auch bis heute noch eine sehr familiäre Atmosphäre und flache Hierarchien erhalten können. Das passt am besten zu uns als junges Team – und auch ich selbst kann mir gar nicht mehr vorstellen, in einem anderen Umfeld zu arbeiten.“
Influencer-Tag bei Rebelle. Quelle: Rebelle
Inwiefern spielt das Konzept der Slow-Fashion bei euch eine Rolle?
„Wir setzten auf ein nachhaltiges Konsumkonzept, indem wir unseren Kundinnen die Möglichkeit bieten, ihren einst geliebten Designerstücken ein neues Zuhause zu geben. Hochwertige Designerartikel sind meistens Qualitätsprodukte, die mit der Zeit wenig an Wert verlieren. Nur der eigene Geschmack und die eigene Größe ändern sich. Warum also sollte man das ehemalige Lieblingsteil im Schrank verstauben lassen, wenn jemand anderes genau danach sucht? Wir wollen, dass die Qualität der Produkte wieder mehr wertgeschätzt wird. Unser Ansatz ist dabei: lieber etwas mehr Geld für ein hochwertiges Produkt ausgeben, als sich fünf vergängliche Trendteile zu kaufen, die in der nächsten Saison keinen Wiederverkaufswert mehr haben.“
Shoppst du denn selbst gerne Vintage?
„Ich bin ein großer Vintage-Fan. Einzelstücke zu ergattern, die sonst niemand hat, und diese in seiner eigenen Art mit neuen Teilen zu kombinieren – das macht für mich den Reiz aus und ist aus meiner Sicht die beste Möglichkeit, seinen eigenen Stil zu unterstreichen.
Das Besondere daran ist ja auch, dass jedes Designerteil bei uns eine eigene Geschichte hat. Es sind Liebhaberstücke, die über uns ein zweites Zuhause finden. Die Emotionen und Erlebnisse, die mit den einzelnen Designerstücken verbunden sind, verleihen den Produkten einen zusätzlichen Wert.“
Auf welche Aspekte legst du in deinem Unternehmen besonders großen Wert?
„Am meisten auf die Kultur. Ein Projekt und einen Ort zu schaffen, an dem sich alle gerne aufhalten, in dem alle einen Mehrwert sehen und eine Aufgabe, für die es sich lohnt morgens aufzustehen – das ist für mich der Innbegriff eines tollen Unternehmens und genau in so einem möchte ich selbst arbeiten.
Natürlich ist es für mich ein großes Privileg, dass ich selbst viele der Personen aussuchen darf, mit denen ich diesen Weg gehe. Dabei ist mir natürlich sehr wichtig, dass das Team fachlich gut ausgebildet und motiviert ist. Mindestens genauso wichtig ist mir aber auch die menschliche Komponente. Die hilfsbereite, fröhliche Kultur, die wir hier aufgebaut haben, kann natürlich nur durch Menschen weitergetragen werden. Ich glaube außerdem fest daran, dass nur, wenn das Team gerne zur Arbeit kommt, es auch Höchstleistungen bringt – und nur dann sind auch unsere Kunden zufrieden und das Unternehmen wettbewerbsfähig. “
Würdest du dich selbst als „Gesicht von Rebelle“ bezeichnen? Inwiefern spielt die Personalisierung einer Marke in deinen Augen eine Rolle?
„Es ist wichtig, einer Marke ein Gesicht zu geben. Sie wird dadurch greifbarer und nahbarer. Das muss aber nicht unbedingt eine Person sein. So sehe ich mich selbst nicht als einziges Gesicht der Marke und kann das alleine auch zeitlich gar nicht leisten. Ich denke, dass es gerade für ein Online-Unternehmen wichtig ist, Chancen zu nutzen und seinen Kundinnen offline, also im echten Leben, zu begegnen. Dabei ist jeder meiner Kollegen mal das Gesicht von Rebelle, oder die Stimme am Telefon, die man mit der Marke verbindet.“
„Das Gesicht einer Marke muss nicht unbedingt eine Person sein.“ Quelle: Rebelle
Wenn du nicht gerade im Büro bist oder anderweitig arbeitest – wo findet man dich? Wie kannst du am besten abschalten?
„Am Wochenende versuche ich möglichst oft rauszukommen. Dabei bin ich am liebsten am Meer – meistens auf Sylt oder an der Ostsee. Ich liebe die Natur und kann mich daran gar nicht satt sehen. Es entspannt mich, einfach in die Weite zu schauen und mal keine Termine zu haben.“
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