Foto: c/o Global Citizen

Hugh Evans: „Starke Nationen bauen Brücken, keine Mauern“

Am 6. Juli findet das Global Citizen Festival in Hamburg statt, um die Aufmerksamkeit der am G20-Gipfel teilnehmenden Staats- und Regierungschefs auf ihre Verantwortung für die Ärmsten dieser Welt zu lenken.

 

Global Citizenship: Weltbürger gegen Armut

Gerade jetzt, in einer Zeit, in der Menschen in Somalia hungern, in Syrien vor dem Krieg fliehen und die ganze Welt mit einer Mischung aus Furcht und Belustigung die Forderungen populistischer Politiker beäugt, ist es wichtig, dass es Menschen gibt, die sich für eine bessere Welt einsetzen. Genau so ein Mensch ist der Australier Hugh Evans. Obwohl, eigentlich sollte man sagen, dass Hugh Evans vor allem jemand ist, der andere Menschen dazu befähigt, genau diese Art von Mensch zu sein oder zu werden.

Mit seiner Bewegung Global Citizens, möchte Hugh Evans erreichen, dass wir uns als Menschen dieser Welt begreifen, gemeinsam unsere Probleme lösen und uns unserer Verbundenheit bewusst werden, anstatt in nationalen Grenzen zu denken. Wenn man so will, ist Global Citizen der Gegenentwurf zu dem Rechtsruck, den wir immer wieder und jetzt ganz besonders, in der Welt erleben. Denn diese Bewegung lebt davon, dass wir und zukünftige Generationen die Probleme der Welt nur gemeinsam überwinden können, eben als Welt- und nicht als Landesbürger.

Das vorrangige Ziel von Global Citizen ist, extremer Armut bis zum Jahr 2030 ein Ende zu setzen. Unter extremer Armut werden Menschen verstanden, die weniger als einen einen Euro am Tag zur Verfügung haben. Allerdings war früh klar, dass dieses Ziel nicht mit einmaligen Spenden zu erfüllen sein wird. Vielmehr wird Armut hier als ganzheitliches Problem gesehen, das auf vielen Ebenen zu lösen ist. Aus diesem Grund setzt sich Global Citizen auch in den Bereichen Bildung, Gesundheit, Ernährung und Gleichberichtigung der Geschlechter ein.

„Wir können die extreme Armut dieser Welt nicht mit den Gala Wohltätigkeitsveranstaltungen der Reichen lösen.“

Global Citizen Festival

Es ist eine Bewegung, die eine enorme Dimension erreicht hat: acht Millionen Mitglieder haben sich seit 2012 an zehn Millionen Aktionen beteiligt – der Grundstein für sie wurde auf einem Konzert in Melbourne im Jahr 2006 gelegt. In diesem Jahr fand der G20 Gipfel in Melbourne, Hugh Evans Heimatstadt, statt. Um die Aufmerksamkeit der sich beteiligenden Politiker zu bekommen, plante er zusammen mit seinen Kommilitonen ein Konzert mit lokalen australischen Musikern in der Stadt. Zu diesem Zeitpunkt hätte weder er noch jemand anders  ahnen können welche Ausmaße die Bewegung einmal annehmen wird.

Durch die Zusage von Bono von U2 wurde aus dem kleinem Festival ein weltbekanntes. Eine Millionen Australier kamen zu dem Konzert – ein starkes Zeichen, wenn man bedenkt, dass Australien lediglich 20 Millionen Einwohner hat. Die große Resonanz führte dazu, dass der damalige Premierminister Australiens zusicherte, die Auslandshilfe zu verdoppeln und sich mit zusätzlichen 6,2 Milliarden Dollar an der weltweiten Entwicklungshilfe zu beteiligen.

Das Global Citizen Festival findet seit 2012 regelmäßig zu den G20 Gipfeltreffen statt. Mittlerweile spielen die bekanntesten Musiker dieser Zeit auf dem Festival. Chris Martin, der Leadsänger von Cold Play, ist so fasziniert von der Idee der Bewegung und des Festivals, dass er sich für weitere 15 Jahre für das Festival verpflichtet.

Das Besondere an dem Festival ist nicht nur, dass es die Politiker der einflussreichsten Industrieländer der Welt auf die Nöte der Ärmsten aufmerksam macht. Nein, auch die Umsetzung ist sehr spannend. So können nur 20 Prozent der Karten käuflich erworben werden, für die restlichen 80 Prozent müssen sich die Besucher auf der Seite globalcitizen.org registrieren und sich für den guten Zweck engagieren, wie etwa eine Petition zu unterschreiben.

Das Problem mit den Babyboomern

Auch wenn das Festival große Erfolge verbuchen kann, löst es ein Problem allerdings nicht: die Besucher des Festivals sind meist junge Menschen. Diese Alterskategorie hat durch das Internet und die sozialen Netzwerk sowie den dadurch verbundenen Austausch mit Menschen vom anderen Ende der Welt erkannt, dass sich unsere Wünsche sehr ähneln und wir unsere Probleme zusammen lösen sollten. Im Gegensatz dazu ist es die Generation der Babyboomer, die für nationale Lösungen wie den Brexit plädiert, bei dem 64 Prozent der Millenials für den Verbleib in der EU und 58 Prozent der Babyboomer für den Austritt gestimmt haben.

Evans begreift, dass diese Menschen besonders die Sorge um ihre Jobs umtreibt. Allerdings glaubt er, dass Jobs, die sich nicht auf die Globalisierung einstellen, in Zukunft keine große Chance auf Erhalt haben werden. Angesprochen auf den immer stärker werdenden Nationalismus in der Welt, sagt er, dass Politiker, die versprechen mehr Jobs und Wohlstand in das eigene Land zu bringen, in dem sie sich abschotten und Mauern um ihr Land bauen, schlicht und einfach Dinge versprechen, die sie auf lange Sicht nicht einhalten werden können.

 „Schwache Nationen ziehen sich zurück, sie bauen Mauern. Starke Nationen bauen Brücken.“


Die Globalisierung kann nicht rückgängig gemacht werden

Das Einzige, das wir gegen die Sorgen der Alten entgegensetzen können, ist immer weiter zu versuchen, sie zu überzeugen und ihre teils eingeschränkten Sichtweisen mit guten Argumenten auszuhebeln. Außerdem müssen wir ihnen deutlich machen, wie viel stärker wir alle zusammen sind, man selbst nicht weniger hat, wenn man anderen hilft und die Globalisierung und unsere Vernetzung nicht rückgängig zu machen sind.

Noch viel wichtiger ist es, immer wieder zu verdeutlichen, dass wir alle Menschen sind. Flüchtlinge sind Menschen, die zufällig in ein Konfliktland geboren wurden. Ebenso ist es Zufall, dass man als Europäer in einem gewissen Reichtum und Komfort lebt. Wenn wir uns und anderen genau das immer wieder vor Augen führen, wird irgendwann auch für den letzten deutlich wie absurd Nationalismus und Abschottung ist.

„Das Leben ist eine Lotterie, wo man geboren wird, ist bloßer Zufall. Dennoch gibt es Menschen die glauben, bessere als andere zu sein oder ihnen sogar übergeordnet, weil sie in einem bestimmten Land geboren sind. Das sind sie aber einfach nicht.“


Dieses Jahr findet das Global Citizen Festival zum G20 Gipfel in Hamburg am 6. Juli statt. Die diesjährigen Headliner sind Herbert Grönemeyer, Coldplay, The Chainsmokers und Ellie Goulding. Um eine der kostenlosen Karten zu erlangen, kann man sich ab dem 14. März durch eine wohltätige Aktion auf der Seite globalcitizenfestival.org eine verdienen.


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