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„Der beste Grund, um mit dem Laufen anzufangen? Selbstliebe“

Mandy und Carina sind begeisterte Läuferinnen – das war aber nicht immer so. Warum sie die Leidenschaft gepackt hat und was sie durchhalten lässt, haben sie uns erzählt.

Jeder kann das Laufen lieben lernen!

Wir hören sie ja immer wieder: die gut gemeinten Ratschläge, warum und vor allem wie wir am besten mit dem Laufen beginnen sollten. Auch Mandy und Carina ging das so, warum sie dann aber wirklich mit dem Joggen anfingen, was sie zu Beginn hat durchhalten lassen, und wieso daraus ein Buch werden sollte, haben sie uns erzählt.

Und was soll man sagen, es sind wirklich handfeste Tipps und Gedanken dabei – aber lest selbst.

Mandy und Carina, ihr habt gemeinsam das E-Book „Get Ready To Run“ geschrieben. Damit wollt ihr andere dabei unterstützen, den inneren Schweinehund zu überwinden – was denkt ihr, macht ihr besser, als all die anderen Ratgeber?

Carina: „Wir setzen dort an, wo die meisten anderen Ratgeber aufhören: wir helfen unseren Laufbeginnern zu ergründen, warum sie überhaupt mit dem Laufen starten möchten und wie sie es schaffen, den Spaß am Laufen zu finden. Für uns ist Laufen mehr als ein Sport – es ist Meditation, Motivation, Inspiration, es ist eine Einstellung und der erste Schritt, um das Beste aus deinem Leben herauszuholen!“

Mandy: „Zu allererst möchten wir nicht nur zeigen, wie man den inneren Schweinehund zum Sport überwindet, sondern vor allem, wie man dauerhaft beim Laufen bleibt. Das ist oft das viel größere Problem als der erste Schritt vor die Tür. Wir unterscheiden uns zudem durch unsere Biografien von anderen Ratgebern, die wir jedoch sehr schätzen und von denen auch wir viel mit auf den Weg nehmen konnten. Da wir keine typischen Sportskanonen sind, können wir an uns sehr schön zeigen, dass jeder Laufen kann und es wahnsinnig viel Spaß macht. Immer und überall. Außerdem ist das Design fantastisch geworden!“

Wann habt ihr denn selbst mit dem Laufen begonnen?

Mandy: „Meine Laufkarriere startete schon im Jugendalter mit den ersten kläglichen Versuchen. Ein erstes Mal gab es oft. Bis mir eine Freundin, die selbst seit Jahren läuft, ihr Geheimnis verriet: ‚Starte langsam und mit kurzen Strecken.’ Sie stellte mir meinen ersten Trainingsplan zusammen. Der Weg dahin war nicht leicht, aber ich war mehr als motiviert. Das erste Training dauerte keine zehn Minuten – danach brauchte ich dreimal so lange, um mich zu erholen. Doch ich blieb am Ball, informierte mich, begann Ausgleichssport zu machen. Das ist jetzt bald drei Jahre her.“

Was hat dich denn zu Beginn besonders motiviert?

Mandy: „In der Zeit nahm meine Begeisterung zu, meinen Freunde und der Familie immer wieder von den Lauferlebnissen und Erfahrungen zu berichten. So entstand auch mein Blog Go Girl! Run!, um noch mehr Menschen mit meiner Leidenschaft anzustecken. Online lernte ich auch Carina und ihren Blog TRAVEL RUN PLAY kennen, die über vergleichbare Themen schreibt. Wir schätzen uns gegenseitig sehr.”

Und bei dir Carina?

Carina: „Bei mir hat alles 2009 in meinem Auslandssemester in Australien begonnen. Als Filmemacherin habe ich während meinem Studium etliche Stunden vor dem Rechner verbracht und wollte einen sportlichen Ausgleich dazu schaffen. Zudem war Laufen die beste Möglichkeit Melbourne von einer etwas anderen Seite zu entdecken und so habe ich meine Wochenenden damit verbracht, kreuz und quer durch die Stadt zu joggen und coole Ecken ausfindig zu machen. Mandy und mich verbindet, dass wir beide laufen, weil es uns einfach Spaß macht und wir niemandem anderen etwas beweisen müssen, indem wir ständig Bestzeiten hinterherjagen und uns vergleichen. Da wir beide bereits viele Freunde und einige unserer Leser zum Laufeinstieg motiviert und ihnen geholfen haben, hatte jeder von uns schon lange heimlich die Idee zu einem Guide für Laufeinsteiger. Im Oktober 2014 haben wir uns dann zum ersten Mal persönlich auf einer Konferenz getroffen und wir wussten direkt – wenn nicht mit ihr, dann mit keiner!”

Haben sich über gemeinsame Leidenschaften kennengelernt: Mandy Jochmann und Carina Stöwe.

Motivation, Ausgleich…macht ihr das Laufen gar nicht, um fit zu bleiben?

Carina: „Doch, gerade zu Beginn war es vor allem der Grund fit zu bleiben, aber eben auch ein Ausgleich während des Studiums – und um neben den ganzen durchtrainierten und braungebrannten Australiern zu bestehen –  aber es war auch ein Stück Therapie. Mit der Vorbereitung auf meinen ersten Halbmarathon kam dann das Erfolgserlebnis mit ins Spiel und damit die Bestätigung, dass ich alles erreichen kann, was ich mir vornehme.

Mittlerweile bedeutet Laufen für mich vor allem Zeit, die ich nur für mich alleine habe und in der ich komplett abschalten kann. In den letzten zehn Monaten auf meiner Reise mit meinem Van durch Südamerika habe ich unglaublich viel erlebt, so viele unterschiedliche Menschen kennen gelernt und neue Erfahrungen gemacht – das Laufen ist für mich die Auszeit vom Reise- und Arbeitsalltag, in der ich die ganzen Eindrücke verarbeiten kann.”

„Laufen ist für mich vor allem Zeit, die ich nur für mich alleine habe“

Mandy: „Wie bei Carina begann ich das Laufen hauptsächlich, um mich mehr zu bewegen. Jeden Tag als Kommunikationsdesignerin in einer Werbeagentur am Schreibtisch zu sitzen, schlauchte mich und meinen Körper. So wurde Laufen schnell zum körperlichen und mentalen Ausgleich. In den ersten zwei Jahren packte mich dann auch der Eventehrgeiz und ich lief von einer zur nächsten Laufveranstaltung und jeder Bestzeit hinterher. Nach meinem ersten Halbmarathon war damit erst mal Schluss. Zu schnell hatte ich zu viel gewollt. Ich schraubte das Pensum runter, verletzte mich auch noch und nahm eine Auszeit.”

Und wie ging es dann weiter?

Mandy: „2015 setze ich mir ein neues, ambitioniertes Ziel und lief im August meinen
ersten, kurzen Triathlon. Das Training dafür war natürlich weitaus
umfangreicher als das zum Laufen, aber ich liebte es als Ausgleich zu meiner
neuen Selbstständigkeit im Job. Die Belohnung war ein toller Wettkampf, der
mich direkt Blut für 2016 lecken ließ.”

Ihr seid beide selbstständig, da könnt ihr euch natürlich besser einteilen, wann ihr euch Zeit für den Sport nehmt. Für Angestellte ist das natürlich schwerer – hast du da einen Tipp?

Mandy: „Ich begann das Laufen auch in einem gefühlten ‚24/7-Job’. Am wichtigsten war damals die Routine. Ich legte drei feste Lauftage fest: Dienstag, Donnerstag und Sonntag. Diese waren unumstößlich und standen sogar im Kalender, damit ich mir nicht „aus Versehen“ einen Termin zu der Zeit legte. Gerade wenn es abends nach der Arbeit ist, vor allem im Winter, kann das schon mal zäh werden. Dabei denke ich dann immer an das grandiose Gefühl, das ich nach dem Laufen habe und vor allem den Stolz, der sich einstellt, weil ich etwas Gutes für mich getan habe.

Ein weiterer Motivationstipp: sich Laufgruppen anschließen. Viele denken, dass sie gerade am Anfang ja noch zu langsam sind oder noch nicht weit genug laufen. Aber spätestens nach dem ersten Monat kann man sich da mal hintrauen. Oft gibt es Einsteigergruppen, in denen man viele gute Tipps sammeln und sich austauschen kann. Wichtigster Faktor ist natürlich die Motivation, die durchs Laufen in einer Gruppe entsteht.“

„Als Festangestellte, war ich beim Laufen sogar noch disziplinierter!“

Carina: „Ich muss zugeben, als ich noch festangestellt war, war ich sehr viel disziplinierter was mein Lauftraining anging, gerade weil ich genaue Rahmenbedingungen mit den Arbeitszeiten vorgegeben hatte und ich meine freie Zeit möglichst effizient nutzen wollte. Damals habe ich etwa zehn Kilometer von meiner Arbeit entfernt gewohnt und an zwei Tagen in der Woche hatte ich immer meine Laufklamotten dabei und bin den Heimweg einfach zurückgejoggt. So konnte ich das Nützliche – das Heimkommen –  mit meinem Training verbinden.

Mein Tipp für alle, die lieber kürzere Distanzen laufen oder weiter weg von ihrer Arbeit wohnen: Lauf einfach ein Stück der Strecke und nimm für den Rest den Bus. Schlüssel, ein bisschen Geld, Ausweis und Handy – für Musik und Streckenmessung –  passen in jedes Laufhosentäschchen und feine Alltagsklamotten kannst Du auch am nächsten Tag wieder mit Heim nehmen.“

Wie entscheidend ist es denn, die richtige Uhrzeit für sich zu finden. Da scheiden sich ja die Geister.

Carina: „Ich denke, das kann man nicht pauschal sagen und muss jeder für sich selbst ausprobieren. Ich bin ein Morgenläufer und -mensch und genieße die Ruhe, die man bei einem frühmorgendlichen Lauf für sich hat, während die Welt langsam aufwacht. Das ist der beste Start in den Tag für mich, weil ich schon etwas „geschafft“ habe und sich über den Tag keine Ausreden mehr ansammeln können, warum ich am Abend doch keine Zeit für einen Lauf haben sollte.”

Mandy: „Mir geht’s genauso. Es gibt keine Pauschalisierung. Ich bevorzuge auch den Morgen, aber ich komme oft nicht früh genug aus dem Bett und laufe daher gerade im Winter lieber abends. In Frühjahr und Sommer ist das dann wiederum eine ganze andere Nummer. Da ist es morgens bereits hell und noch angenehm kühl.”

An welchem Punkt scheitern eigentlich die meisten, die mit dem Laufen anfangen wollen – und was kann man tun, um das zu verhindern?

Carina: „Ich treffe immer wieder Menschen, die hochmotiviert ins Lauftraining starten, alles geben und schon beim zweiten Lauf fünf oder mehr Kilometer runter rocken, nur um dann zu merken, dass ihnen Knie und Sehnen schmerzen und sie dann dem Laufen die Schuld in die Schuhe schieben. Das A und O beim Laufanfang ist ein langsamer, sehr langsamer Start, um den Körper auf die Belastung einzuspielen und auch um sich selbst Zeit und Raum für Erfolgserlebnisse zu geben.

Schmeiß die Kollegen, die sich mit ihren Bestzeiten battlen in die Tonne und geh das Laufen in Deinem eigenen Rhythmus an. Und wenn das bedeutet, dass du beim ersten Lauf nur 30 Sekunden durchjoggen kannst und dann wieder gehen musst, dann ist das so. Lass dich nicht stressen und feiere jeden noch so kleinen Erfolg!”

„Lass Dich nicht stressen und feiere jeden noch so kleinen Erfolg!“

Mandy: „Da kann ich Carina nur beipflichten. Gleiches gilt auch für den Wiedereinstieg nach einer Pause, Krankheit oder einer Verletzungsphase. Überfordere dich und deinen Körper nicht! Vielen fällt es auch schwer das Laufen langfristig in ihre Alltagsroutine zu integrieren. Gerade, wenn nach der anfänglichen Steilkurve eine Stagnation der Leistung eintritt, sind viele demotiviert. Statt aufzuhören, sollte man dann lieber neue Trainingsmethoden einbauen oder auch Varianz ins Training bringen. Dran bleiben eben!”

Hand aufs Herz: Gibt es diesen wirklich diesen Punkt, an dem auf einmal unfassbare Glückshormone ausgeschüttet werden? Ich halte das ja für einen Mythos.

Carina: „Lange habe ich das auch für einen Mythos gehalten! Doch dann kam der Tag, an dem ich vom Gegenteil überzeugt wurde. Ich hatte absolut keine Lust aufs Laufen – kommt natürlich sonst nie vor (lacht) – und dann hatte es auch noch ausgerechnet gerade zu nieseln begonnen: beste Voraussetzung für den Schlecht-Wetter-Joker. Ich hatte einen ätzenden Tag hinter mir und wollte mich einfach nur mit einer Packung Keksen auf der Couch verkrümeln. Ein Sieben-Kilometer- Lauf stand auf meinem Trainingsplan und ich war kurz davor ihn einfach zu knicken. Morgen wäre ja auch noch ein Tag. Aber nein, mein Lauf ist ja ein fester Termin. Trotzig zog ich meine Laufschuhe an und sagte mir ‘Alles klar, ich geh jetzt fünf Minuten Laufen und wenn ich dann keinen Bock mehr habe, krall ich mir die Kekse!’”

Klingt noch nicht nach Glückshormonen…

Carina: „Warte ab. Ich zog los und aus fünf Minuten wurden 15, das Wetter verschlechterte sich mit jeder Minute, doch ich lief weiter und ich lief an gegen meine miese Laune und jeglichen Groll, der in mir tobte. Nach 45 Minuten hatte ich ein breites Grinsen im regennassen Gesicht. Ich war komplett durchnässt. Doch ich bin lange nicht mehr so glücklich gewesen und hätte ohne Probleme weiterlaufen können! Das war wohl das berühmt-berüchtigte ‚Runners’ High’, von dem alle sprechen. Wer hätte gedacht, dass ich es in diesem Lauf finde!”

Mandy: „Ich bin absolut kein Fan der Bezeichnung ‚Runner’s High’, weil gerade Anfänger sich davon inspirieren lassen und sich wundern, wenn sich der Moment nicht einstellt. Ich kann gar nicht richtig sagen, ob und wann ich das letzte Mal so richtig ‚high’ war. Klar, bei Läufen auf die man ewig hin trainiert hat, entlädt sich dann all die Energie im Ziel. Aber ich liebe vor allem die Zustände in denen ich komplett seelig mit dem Laufen und mir bin. Das ist vor allem bei einem frühen Morgenlauf auf dem Land bei einem Besuch meiner Mutter so. Die ganze Welt schläft noch und ich habe ein traumhafte Landschaft um mich herum. Und ich laufe! Das wäre vor Jahren unvorstellbar gewesen. Aber für diese Moment lohnt sich alles.”Was ist denn der allerbeste Grund, um mit dem Laufen zu beginnen?

Was ist denn der allerbeste Grund, um mit dem Laufen zu beginnen?

Carina: „Selbstliebe. Laufen hilft dir, Zeit für dich selbst zu nehmen und dich besser kennen zu lernen. Denn mal ehrlich, wann verbringst du sonst mal 30 bis 60 Minuten nur mit dir, ohne jegliche Ablenkung?”

Mandy: „Für mich ist noch die Gesundheit wichtig! Ich sehe so oft Menschen, die bereits mit Mitte 30 an Krankheiten leiden, die unsere Eltern viel später hatten. Das war für mich Auslöser mehr Sport und Fitness in mein Leben zu bringen. Ich möchte lange gesund und fit sein.”

Lust aufs Laufen bekommen? Das E-Book findet ihr hier.

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