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Muttermorphose: Wie ich mich verändert habe, seitdem ich Mutter bin

Früher habe ich auf viele Dinge sehr hohen Wert gelegt, die heute als Mutter nicht mehr so wichtig oder gar vollkommen in Vergessenheit geraten sind. Doch manchmal blitzen Gedanken hervor – Gedanken daran, wie unser Leben ohne Kinder war. War es schöner?

 

Seit ich Mutter bin, hat sich viel verändert – und auch ich habe mich verändert

Seit drei Jahren bin ich Mutter. Drei Jahre, in denen viel passiert ist. Drei Jahre, in denen ich mich verändert habe. Drei Jahre, die dem Leben eine ganz neue, wunderbare Seite gegeben haben. Drei Jahre, die aus einem Paar eine kleine Familie gemacht haben.

Früher habe ich auf viele Dinge sehr hohen Wert gelegt, die heute nicht mehr so wichtig oder gar vollkommen in Vergessenheit geraten sind. Doch manchmal blitzen Gedanken hervor – Gedanken daran, wie unser Leben ohne Kinder war. War es schöner? Es war sehr schön, völlig anders als jetzt, aber nicht schöner, nein. Auch wenn es jetzt oft viel anstrengender und weniger spontan ist, auch wenn ich manche Dinge ein wenig vermisse, könnte es kaum schöner sein.

Als mein Mann und ich heirateten, waren wir uns noch nicht sicher, ob wir Kinder haben möchten. Wir gingen viel aus, machten Musik, reisten gerne und viel. Wir genossen das Leben. Eigentlich fehlte uns nichts. Dachten wir.

Heute wissen wir es besser.

Wollen wir wirklich Eltern werden?

Wir als Eltern? Irgendwann dachten wir darüber nach, ob wir es nicht einfach drauf ankommen lassen sollen. Unsicher waren wir beide ein wenig. Doch würden wir es später bereuen, wenn wir es nicht gewagt hätten? Also ließen wir es einfach auf uns zukommen. Wenn es klappt ist es gut, wenn nicht, dann würden wir es aber nicht auf Biegen und Brechen versuchen. Wir waren völlig frei im Kopf. Und ich wurde sofort schwanger.

„Was, so schnell?“, fragten wir uns ungläubig. Wir waren gerade im Urlaub, tranken Cocktails, genossen die Sonne, machten Ausflüge, sogar Wildwasser-Rafting. Doch irgendwann spürte ich eine Veränderung an meinem Körper. Ein eigenartiges Ziehen im Bauch. „Ich glaube, ich bin schwanger!“ Und jetzt? Im Urlaub einen Test machen? Nein, das haben wir aufgeschoben, bis wir wieder zuhause sind. Trotzdem trank ich von da an keinen Alkohol mehr, denn ich war mir bereits ziemlich sicher.

Zurück zuhause bestätigte uns der Test sofort, was wir bereits geahnt haben. Wir werden Eltern! Und es dauerte eine Weile, bis wir das begriffen hatten. Mit dem Bauch wuchs jedoch die Vorfreude und besonders mir machte es sehr großen Spaß, alles für unseren kleinen Schatz herzurichten.

Ich war mir sicher: Ich werde eine entspannte Mutter. Aber dann…

Ich war auch fest davon überzeugt, dass ich eine gute Mutter werden würde, dass ich total entspannt sein würde, wenn das Baby weint oder es sonst irgendwie stressig wird. Denn bisher war es immer so, dass mich so schnell nichts aus der Ruhe brachte. Land unter in der Firma? Ich war der ruhende Pol. Streit unter Freunden? Ich war der Schlichter. Ich war die, die immer einen kühlen Kopf bewahrte. Doch dann kam alles anders.

Nach einer traumatischen Geburt kam keine harmonische Kennenlernzeit. Die ersten Monate waren von sehr viel Geschrei geprägt. Mein Sohn weinte bis zu zwölf Stunden am Tag. Kann man dabei entspannt bleiben? Nein. So sehr ich es auch wollte, aber ich wurde in dieser Zeit an meine Grenzen gebracht. Dabei wollte ich doch, dass alles perfekt ist, wollte alles richtig machen und für meinen Sohn der Mensch sein, bei dem er Ruhe und Geborgenheit bekommt. Aber wie soll das auch funktionieren, wenn ich selbst alles andere als ruhig bin?

Aus Angst, ihn zu überfordern verließen wir kaum mit ihm das Haus und ich fühlte mich abgekapselt. Außerdem kam ich fast um vor Sorge, weil ich nicht wusste was ihm fehlte. Bis wir zur einer Osteopathin gingen, die ihm endlich half.

Diese Situation veränderte auch uns als Paar

Die ersten sieben Monate waren wirklich hart. Auch für uns als Paar. Unsere ganze Kraft investierten wir nur in unseren Sohn und wechselten uns Abend für Abend ab und trugen ihn durchs Haus. Wir schauten nicht fern, wir unterhielten uns nur im Flüsterton und waren meilenweit davon entfernt, Zeit für uns zu haben.

Doch zum Glück ging es irgendwann bergauf. Von da an konnte ich mit meinem Sohn jeden Tag rausgehen, ohne schräg angeguckt zu werden, warum das Kind die ganze Zeit schreit. Wir machten lange Spaziergänge, gingen auf den Spielplatz, Eis essen, verabredeten uns. Und es war auch wieder möglich hin und wieder mal etwas als Paar zu unternehmen.

Doch ein zweites Kind stand lange Zeit nicht zur Debatte, war doch die Angst vor der Geburt und davor, dass die ersten Monate wieder so schwer sein würden, viel zu groß. Und dennoch – tief in mir drin, ließ mich das Gefühl nicht los, dass irgendetwas fehlt. Oder eher irgendjemand. Als wir uns beide schließlich sicher waren, wurde ich sofort wieder schwanger. Doch in der neunten Schwangerschaftswoche erlitt ich eine Fehlgeburt. Von da an wollte ich es umso mehr. Und mir wurde klar, wie zerbrechlich das Glück doch sein kann.

Nach vier Monaten wurde ich erneut schwanger. Angst und Vorfreude wären in dieser Zeit meine ständigen Begleiter. Nun zu viert. Im September letzten Jahres machte unsere kleine Tochter die Familie komplett. Alles lief ganz wunderbar und meine Sorgen hatten sich glücklicherweise nicht bestätigt. Seitdem fühlen wir uns vollständig. Wir wissen nun, was Glück wirklich bedeutet – auch wenn ich das erst ziemlich spät erfahren durfte.

Allein unter Müttern – und ich: gestresst!

Als meine Freundinnen alle Kinder bekamen, war ich gerade geschieden worden. Das war gar nicht so leicht für mich. Sie gründeten alle Familien und ich stand ganz allein da. Aber es hatte auch Vorteile: Ich hatte Zeit! Ich besuchte meine Freundinnen mit ihren Kindern regelmäßig und ich habe das genossen. Das war auch eine schöne Zeit.

Doch als ich dann Mutter wurde, hatten sie ihre Kinder alle schon mehr oder weniger groß. Das fand ich sehr schade. Und so wie ich sie damals regelmäßig besuchte, als ihre Kinder klein waren, ist es umgekehrt leider nicht. Zumindest nicht in einer gewissen Regelmäßigkeit. Aber das mache ich niemandem zum Vorwurf. Ich weiß, dass man mit Kindern irgendwie ständig verplant ist. Und wenn man dann nicht mal einen fahrbaren Untersatz hat, erschwert es die Sache enorm.

Und ich bin ganz ehrlich – mir selbst ist es zu stressig mit Sack und Pack „mal eben“ eine Freundin zu besuchen, was schon bei der Autofahrt anfängt und ich, dort angekommen, nur damit beschäftigt bin, meine Kinder davon abzuhalten, irgendwelche Schränke aus- und abzuräumen, weil es dort nicht (mehr) kindersicher ist. Ich kann sowas dann einfach nicht genießen. Denn ich bin: gestresst! Was ich früher nicht von mir kannte. Am liebsten treffe ich mich daher in meiner kinderfreien Zeit mit ihnen – wenn ich den Kopf frei habe und mich wirklich auf sie konzentrieren kann.

So haben sich alte Freundschaften gewandelt – und ich weiß, dass manch einer zu kurz kommt. Manchmal habe ich ein schlechtes Gewissen deswegen, obwohl mir klar ist, dass das nicht nur an mir allein liegt.

Natürlich habe ich aber einige andere Mütter kennengelernt und mit einigen treffen wir uns regelmäßig, damit die Kinder zusammen spielen können und Kontakt zu Gleichaltrigen haben. Das war mir von Anfang an sehr wichtig und daraus sind schöne Freundschaften entstanden.

Wie ich mich durch meine Mutterschaft verändert habe

Ich selbst habe mich sehr verändert – innerlich wie äußerlich. Dass ich viel schneller gestresst bin, sagte ich ja gerade schon. Das nervt mich unglaublich. Gleichzeitig denke ich, dass es normal ist und vor allem menschlich. Aber auch dieser Gedanke ändert nichts daran, dass es mich nervt, dass ich nicht einfach gelassen reagieren kann, sondern so oft am Rande des Wahnsinns stehe.

Doch natürlich äußert sich das Muttersein nicht nur negativ – im Gegenteil! Denn vor allem bin ich auch glücklicher. Manchmal habe ich das Gefühl, mein Herz würde platzen vor Glück, wenn ich meine Kinder ansehe, wenn ich sie lachen höre, wenn sie sich in meine Arme kuscheln. Und ich bin so unfassbar stolz, auf jede Kleinigkeit die sie lernen. Und wir haben so viel Spaß! Unser Sohn bringt uns mit seinen Sprüchen immer wieder zum Lachen – und bald wird die Kleine mitmachen.

„Ich hab‘ dich so lieb, Mama!“ Gibt es Worte, die süßer klingen? Mein Herz quillt über vor Liebe für meine Familie. Aber mein Herz spürt auch Angst, ist ummantelt von Sorge, ob dieses Glück von ewiger Dauer ist. Wenn ich mir vorstelle, einem von uns könnte irgendetwas zustoßen… Ich möchte diesen Gedanken nicht zu Ende denken, versuche ihn beiseite zu schieben – doch er ist allgegenwärtig.

Immer die Sorge: Das was ich leiste, ist nicht genug

Meine Gefühlswelt hat sich völlig verändert und wurde mit so viel mehr Liebe und Glück, aber eben auch mit Sorgen und Stress gefüllt. Ich bin so stolz auf alles, was meine Kinder lernen, stolz auf alles, was ich für sie leiste. Und trotzdem immer besorgt, dass es nicht genug ist.

Und auch äußerlich bin ich längst nicht mehr die Alte. Ich bin nicht mehr die, die immer nur komplett durchgestylt das Haus verlässt, obwohl mir das so wichtig war. Heute sitzt nicht mehr jede Haarsträhne perfekt, geschminkt wird sich nur noch in Kurzfassung. Auch (und leider) passe ich auch nicht mehr in Kleidergröße 36/38. Davon bin ich weit entfernt und deswegen oft unzufrieden. Aber daran kann man ja arbeiten.

Reisen und Ausflüge sind auf die Kinder ausgerichtet, nicht mehr nur auf uns und unseren persönlichen Luxus. Wir gehen kaum noch aus und unser Geld geben wir fast nur für die Kinder aus. Doch stört mich das? Manchmal vielleicht. Nein – eigentlich nicht. Denn das Wichtigste ist, dass es unseren Kindern gut geht, dass sie glücklich sind und sich geborgen und geliebt fühlen. Dann ist es auch für uns perfekt!

Ich habe mich verwandelt – von einer ganz normalen Frau in ein liebendes, gefühlsduseliges Muttertier. Und das ist gut so!

Dieser Text ist zuerst auf Zwischen Windeln und Wahnsinn erschienen. Wir freuen uns, ihn auch hier veröffentlichen zu können.

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