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Die Folgen von Schlafmangel: Zu wenig Schlaf macht unbeliebt und einsam

Man sollte nicht nur genügend schlafen, um selbst fit zu sein – nein, Schlaflosigkeit hat auch Folgen auf unser unmittelbares Umfeld.

Schlaflosigkeit macht unbeliebt

Egal ob quengelnde Kinder, feiernde Nachbar*innen oder einfach ewig kreisende Gedanken, die einen nicht loslassen – manchmal klappt es einfach nicht mit dem Ein- oder Durchschlafen.

Die Folgen kennt jeder: Eine quälende Müdigkeit am nächsten Tag, Unkonzentriertheit und vor allem eins: die Sehnsucht nach dem Bett. Wie Forscher*innen jetzt herausgefunden haben, kann Schlafmangel jedoch noch weitaus schlimmere Folgen haben als bislang angenommen. Denn: Offenbar leidet nicht nur unsere Gesundheit unter der nächtlichen Unruhe – sondern auch unser Sozialverhalten.

Jessica Dawid von unserem Partner Business Insider erklärt die wichtigsten Erkenntnisse, die aus der Forschung hervorgegangen sind.

Wer zu wenig schläft, schottet sich von anderen ab

Wie ein Forscher*innenteam von der University of California in Berkeley unter der Leitung von Eti Ben–Simon herausfand, kann Schlafmangel auch zu unsozialem und zurückziehendem Verhalten führen — und umgekehrt auch unsympathischer auf andere Menschen wirken. Wie die Forscher*innen im Fachmagazin „Nature Communications“ berichten, sind daher Menschen, die oft schlecht schlafen, einsamer. „Soziale Isolation kann Schlafstörungen hervorrufen — das ist bekannt. Ob aber umgekehrt ein Schlafmangel auch Menschen dazu bringt, sich einsamer zu fühlen, war bisher nicht klar“ so die Forscher.

Distanzzone wird auf diese Weise größer

Für ihre Studie führten die Wissenschaftler*innen ein Experiment durch, für das eine Probandengruppe eine Nacht lang nicht schlafen und die andere ausschlafen durfte. Beide Gruppen erhielten am Folgetag ein Video zu sehen, bei dem Personen auf sie zukamen — und bei dem sie beurteilen sollten, wann ihnen die Nähe zu viel wurde. Das Ergebnis ist eindeutig: Personen, die nicht geschlafen hatten, fühlten sich um 18 bis 60 Prozent schneller in ihrer Privatsphäre verletzt, als die ausgeschlafene Personengruppe.

„Die Teilnehmer*innen erzwangen damit einen größeren sozialen Abstand zu anderen, wenn sie eine Nacht nicht geschlafen hatten“, so die Forscher*innen. „Schlafmangel bringt Personen dazu, anderen eher aus dem Weg zu gehen und eine größere soziale Distanz aufzubauen. Ohne ausreichenden Schlaf werden wir schnell zu Sozialmuffeln und bald stellt sich dann auch die Einsamkeit ein.“

Zu wenig Schlaf führt zu Ungeselligkeit

Dass es sich bei den Ergebnissen nicht um einen Zufall handelt, bewiesen die Forscher*innen mithilfe einer Magnetresonanztomografie. Während das Gehirn der ausgeschlafenen Teilnehmer*innen keine Auffälligkeiten zeigte, verstärkte sich bei der anderen Gruppe das Nahfeld-Netzwerk im Gehirn, das vor potenzieller Bedrohung warnt. Nicht nur das: Auch das sogenannte Theory-of-mind-Netzwerk, ein Bereich des Gehirns, der für Empathie und Geselligkeit zuständig ist, ist bei Menschen mit Schlafmangel geringer ausgeprägt.

Doch nicht nur Menschen, die unter zu wenig Schlaf leiden, lassen sich seltener auf Mitmenschen ein — auch umgekehrt wirken nicht ausgeschlafene Personen sozial abschreckend. In einem weiteren Experiment ließen Forscher*innen mithilfe von Videos ausgeschlafene Personen Menschen mit Schlafmangel bewerten. Wie sich herausstellte, wurden unausgeschlafene Personen schlechter bewertet, was mögliche Zusammenarbeit und Sympathie anging.

Mangelnder Schlaf kommt auch bei anderen schlechter an

„Je weniger Schlaf man bekommt, desto weniger will man mit anderen interagieren. Umgekehrt nehmen einen andere als unsozialer wahr und verstärken damit noch die soziale Isolation“, so Matthew Walker von der University of California. „Schlafmangel macht uns damit zu sozialen Aussätzigen“, so seine dramatische Schlussfolgerung.

Auch wer mit an Schlafmangel leidenden Personen zu tun – oder sich im Fall der Wissenschaftler*innen entsprechende Videos angesehen hat – wird „angesteckt“. „Das deutet auf eine fast schon virale Übertragung des Gefühls der sozialen Isolation bei Schlafmangel hin“, so die Wissenschaftler*innen. „Vielleicht ist es kein Zufall, dass in den vergangenen Jahrzehnten die Einsamkeit stark zugenommen hat und gleichzeitig die Schlafdauer drastisch zurückgegangen ist.“

Wer jetzt schon voller Angst seiner nächsten Nacht entgegenblickt, kann zumindest ein wenig aufatmen: Sobald ihr eine Nacht ausreichend schlaft, können die Effekte bereits rückgängig gemacht werden. „Danach wird man sich wieder offener und sozial zugänglicher fühlen und das wird wiederum andere anziehen“, so Walker.

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