Das Studium oder die Ausbildung ist mit Mitte zwanzig geschafft, nun steht einem die Welt mit allen Möglichkeiten offen – denkt man zumindest. Denn irgendwann kommt der Punkt, an dem man alles noch einmal infrage stellt.
Was mache ich hier eigentlich?
Was will ich machen? Habe ich das Richtige studiert? Will ich jetzt doch einen Master hinterherschieben oder noch mal komplett auf Anfang gehen? Diese Fragen habe ich mir in letzter Zeit oft gestellt – unsicher, ob ich nach meinem ersten Jahr als Selbständige genau so weitermache, ob ich nicht doch noch mal an die Uni gehe (ja, meine Meinung seit meinem letzten Text zu dem Thema hat sich deutlich gewandelt) und, ob ich es schaffe, all meine unbezahlten Herzensprojekte neben meinen bezahlten Tätigkeiten weiterhin aufrechtzuerhalten.
Laut einer neuen LinkedIn-Studie zum Thema Quarter-Life-Crisis passe ich damit genau ins Muster: ich befinde mich in den Zwanzigern, habe ein abgeschlossenes Studium und stehe am Anfang meines Berufslebens. Aber ob ich da, wo ich gerade stehe, richtig bin, weiß ich nicht. Kurz gesagt: ich zeige Symptome einer Quarter-Life-Crisis, wie sie 67 Prozent der Deutschen vor ihrem 30. Geburtstag erleben. Die größte Sorge bereitet den Mittzwanzigern die Wahl des richtigen Berufes (39 Prozent), doch auch andere karriererelevante Aspekte wie die richtigen Qualifikationen (34 Prozent), Beförderungen (22 Prozent) und Angst vor Arbeitslosigkeit (20 Prozent) spielen eine Rolle.
Berliner besonders betroffen
Insbesondere in Berlin (hallo, ich!), Baden-Württemberg und im Saarland gaben die Teilnehmer der Studie an, bereits eine Quarter-Life-Crisis durchlebt zu haben. In Bayern (54 Prozent) und Sachsen-Anhalt (53 Prozent) sind die Arbeitnehmer hingegen weniger betroffen.
Auch wenn diese Krise keine einfache Phase ist, sich in dem Berg aus Fragezeichen zu verkriechen, wird dich nicht voranbringen. Stattdessen solltest du dich mit folgenden Punkten beschäftigen:
1. Setze dich mit deinen Fragen auseinander
Was ist dir im Leben wichtig? Wo siehst du deine Prioritäten? Was heißt es für dich, ein „glückliches“ Leben zu führen? Nimm dir ausreichend Zeit und mach dir zu jeder einzelnen Frage Stichpunkte, lass sie für einen Tag liegen und beschäftige dich am nächsten Tag erneut damit. Kannst du Aspekte erkennen, die in veränderter Form häufiger auftreten?
2. Schließ das aus, was du nicht willst
Manchmal kann man eher sagen, was man nicht will, als das, was man will. Mach dir daher eine Liste mit den Punkten, die du für dich selbst ausschließen willst. Das kann beispielsweise sein: keinen 9-to-5-Job, keine starken Hierarchien, keinen Druck. Gleiche diese Liste im Anschluss mit den Stichpunkten zu den ersten Fragen ab und spezifiziere deine Vorstellungen.
3. Vergleich dich nicht mit anderen
Deine ehemaligen Kommilitonen klettern bereits die Karriereleiter hinauf, deine Freunde scheinen fest im Leben und Beruf zu stehen – lass dich davon bloß nicht beirren. Denn jeder ist anders, hat andere Bedürfnisse und Wünsche. Du darfst jetzt einmal richtig egoistisch sein und dich voll und ganz auf dich konzentrieren. Schließlich ist vieles auch oft mehr Schein als Sein.
4. Stelle Normen infrage
Auf jungen Arbeitnehmer lastet großer – es wird viel von uns verlangt, man sagt zu allem ja, weil man neben den erfahrenen Kollegen nicht „abfallen“ will, schiebt Überstunden, um Eindruck zu schinden. Doch welcher Druck ist echt und welcher wird nur als solcher empfunden? Lass deine bisherigen Jobs Revue passieren, fühle dich in damals empfundene Drucksituationen hinein und frage dich: Welche Situationen sind es wert? Und wie kann es mir gelingen, damit in Zukunft besser umzugehen?
5. Rede, rede, rede
Das Erste, was du in solch einer Phase suchen solltest, ist Rat bei Freunden, Familie oder vielleicht auch Mentoren, die dich gut kennen und deine Lage verstehen. Sprich deine Sorgen offen an und rede dir alle deine Gedanken von der Seele – keiner davon kann zu abgedroschen, naiv oder realitätsfern sein.
All die Fragen und Sorgen, die du hast, hatten vor dir bereits viele andere. Und anstatt dich darin zu verkriechen, solltest du die Krise als Chance sehen, dein Leben so in die Hand zu nehmen, wie du es willst – abseits von Normen, Vorstellungen deines Chefs oder anderen Gleichaltrigen. Mach das, was du für dich persönlich als „richtig“ empfindest. Wenn du das Gefühl hast, du musst noch mal studieren, dann mach es. Wenn du in deinem derzeitigen Job nicht vorankommst, dann kündige. Wenn du eigentlich deine eigene Chefin sein und selbst gründen willst, dann sei mutig.
So viel können wir dir bereits jetzt schon verraten: Jede Krise hat einen Anfang und auch irgendwann ein Ende – um es in Zahlen zu sagen: im Durchschnitt hält die Quarter-Life-Crisis maximal ein Jahr.
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