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Warum das Leben mit 30 nicht aufhört und Erwachsensein richtig toll ist!

Die „30er-Krise“: Einige glauben, die besten Jahre seien nun vorbei und das Erwachsensein mache so gar keinen Spass. Kein Wunder, wenn die 20er ständig als beste Zeit unsere Lebens betitelt wird. Kann jetzt also alles nur noch schlimmer kommen?

 

Das Leben in den 30ern: Sind wir nun erwachsen?

Wenn man selber um die Dreißig ist, wird das Thema des Erwachsenwerdens im privaten Umfeld schnell omnipräsent. Entweder beklagen sich die Krisen-Geplagten oder man wird selber gefragt, wie es einem denn so gehe, mit knapp Dreißig. Da müsse man sich ja schon

langsam Gedanken machen. Gedanken zu was? Zum Leben? Das sollte man sich doch eigentlich immer – und nicht erst oder nur im Alter von 30 Jahren. Oder habe ich da etwas falsch verstanden?







    Tatsächlich ist für viele der 30. Geburtstag ein Zeitpunkt für eine Standortbestimmung, die für viele aber mit Angst verbunden ist. Doch wieso löst das Erwachsenwerden bei vielen so negative Gedanken aus? Als ich Ende Februar vom neuen BuchWarum erwachsen werden?: Eine philosophische Ermutigunglas, musste ich natürlich zugreifen. Die Seiten der amerikanischen Philosophin Susan Neiman verschlang ich in einem Zug und sie lieferten mir tatsächlich Hinweise auf meine ursprüngliche Frage:


Wieso löst das Erwachsenwerden bei vielen so negative Gedanken aus?

1. Sie haben ein falsches Bild vom
Erwachsensein.

2. Sie sträuben/wehren sich gegen das
Erwachsenwerden.

3. Sie fürchten sich davor, Freiheiten zu
verlieren.

4. Sie denken, Erwachsensein ist ein fixer
Zustand, in dem wir gefangen sind.

5. Sie glauben, als Erwachsene weniger
glücklich sein zu können.


Warum aber ist das so? Schauen wir uns die einzelnen Punkte mal genauer an.


1. Ein falsches Bild vom Erwachsenwerden

Unser Bild vom Erwachsenwerden ist geprägt von Ernsthaftigkeit, Verpflichtungen und Resignation: Die „fetten Jahre“ sind vorbei, früher war sowieso alles besser und heute ist kaum noch Platz für Träume, Verspieltes oder Albernheiten. Gleichzeitig frönen wir aber auch dem Jugendwahn, wollen äusserlich um keinen Preis älter werden. Unser Ideal vom Erwachsensein ist geprägt von einer Diskrepanz zwischen inneren Werten und äußerer Erscheinung.

Eigentlich belegen mittlerweile zig Studien, dass wir mit dem Alter glücklicher werden. Und trotzdem glauben wir immer noch, dass wir mit jedem zusätzlichen Jahr auf dem Buckel mehr Freude, Hoffnung und Träume verlieren. Dabei stellt sich gerade mit dem Alter eine Befriedigung ein, mit der wir die Liebe und das Gute, das wir selber erlebt haben, an andere weiter geben wollen.

Das Problem des Erwachsenwerdens ist also nicht das Erwachsensein per se, sondern der Stempel, den wir dem Alter aufdrücken – und der so wenig mit der tatsächlichen Realität zu tun hat.

2. Lieber passiv agieren und das Erwachsenwerden hinauszögern

Erwachsenwerden ist eine Frage des Mutes, nicht des Wissens.“

Viele entscheiden sich für die Unmündigkeit, statt für das Erwachsenwerden. Oft geschieht das gar nicht bewusst, sondern resultiert meist aus Faul- und Feigheit – während wir uns selber einreden, dass es Freiheit sei. Dabei ist dieses Verhalten nichts anderes als eine bequeme Passivität, in der wir gerne unsere Aufgaben von uns wegschieben. Aber nicht nur das: Heute haben wir für alle Lebenslagen Berater und Coaches, die uns den Weg weisen und vertrauen ihnen oft mehr als uns selbst. So viel zum Thema Selbstbestimmung.

Selbst denken ist weniger bequem, als andere für sich denken zu lassen.

3. Was die Freiheit des Erwachsenseins wirklich bedeutet

Wir wollen Freiheit. Aber wirklich frei sein, heisst: die Verantwortung und Kontrolle über sein Leben selber in die Hand zu nehmen. Freiheit ist nicht bloss die Ermächtigung, alles Erdenkliche zu tun, worauf man gerade Lust hat. Gemäss Rousseau und Kant heißt wirklich frei sein, Pläne zu machen, Versprechen abzugeben und Entscheidungen zu treffen. Kurz gesagt: Verantwortung für das eigene Tun und dessen Folgen zu übernehmen.

Wenn wir stets andere für uns denken und entscheiden lassen, werden wir nie lernen, das selber zu tun und daraus etwas für die Zukunft mitzunehmen.

4. Erwachsen werden ist ein endloser Prozess, in dem wir uns stets weiterentwickeln

Erwachsenwerden muss als steter Prozess des Aufwachsens verstanden werden und nicht als Status quo im Sinne von erwachsen sein.“ Denn der Prozess wird nie abgeschlossen sein und daher sind wir auch nicht darin gefangen, sondern können uns immer wieder neu erfinden. Befreiend dieser Gedanke, nicht?

Nietzsches Empfehlung, das Leben nicht als etwas Lineares bis zum Punkt der Erlösung anzuschauen, ist in der Tat äusserst ratsam. Er erklärt das Leben als kreisförmig, mit ewig wiederkehrenden Augenblicken. Wer die Frage des ewigen Wiederkehrens bejahen könne, der sei ein starker Geist.“ Wir sollten lieben, was wir tagtäglich tun und wie wir unser Leben gestalten. Tun wir das nicht, muss dringend etwas daran geändert werden.

Älter werden heisst, erkennen, dass keine Zeit unseres Lebens die beste ist, und den Entschluss fassen, jeden Moment erreichbarer Freude zu geniessen.

5. Erwachsen und glücklich sein

Die Resignation und Langweile, die oft mit Erwachsenwerden in Verbindung gebracht werden, können gebrochen werden. Als Kleinkinder erlebten wir die Welt jeden Tag neu, entdeckten unsere Umgebung bewusst und gingen lebhaft und aufmerksam durch den Tag. Auf Reisen erleben wir diese Welt der Kleinkinder auch als Erwachsene wieder. Ein unbekanntes Umfeld, eine neue Kultur oder eine fremde Sprache führt uns zurück in diese Position, die man als Kind hatte. Wir sind gezwungen, Neues zu lernen und entdecken.

Diesen Sinn für das Staunen und Entdecken sollten wir uns auch als Erwachsene im Alltag bewahren. Und zwar jeden Tag.

Mein persönliches Fazit zum Älterwerden

Es geht einmal mehr um die Perspektive. Statt Frust und Hoffnungslosigkeit, dass die besten Jahre vorbei sind, sollte die Freude und Neugier, auf das weitere Aufwachsen und alles was noch kommt, überragen. Die größte Freiheit: Verantwortung für sein Tun und Handeln zu übernehmen.

Denn das Recht auf Glück ist kein Wunschdenken, sondern eine Konsequenz unserer Vernunft. Wer will schon ein unglückliches Leben führen?

Alle Artikelbilder: Privat.

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