Produktivität und gute Arbeitsergebnisse gehen nicht automatisch einher mit geregelten Arbeitszeiten – das erkannten bereits Firmen wie Semco, Netflix und nun auch Einhorn Condoms. Warum wir alle selbst über unseren Urlaub bestimmen sollten:
Urlaub ohne Ende
Die Zeit, die wir außerhalb des Büros mit dem Checken von Mails verbringen, unsere kreativen, spontanen Worksessions in der Nacht und am Wochenende oder unsere Ideenentwicklung unter der Dusche – all das wird nicht als Arbeitszeit honoriert. Im Gegenzug wird unsere Urlaubszeit – die Zeit, die wir tatsächlich fernab unseres Jobs verbringen – genauestens notiert und überprüft. Warum? Das fragten sich die Angestellten von Netflix und trafen mit dieser recht simplen Logik bei ihren Vorgesetzten genau ins Schwarze, heißt es in einem Artikel auf inc.com. Das Ergebnis: Seit 2004 wird bei den Mitarbeitern nicht mehr zwischen Arbeits-, Krankheits- und Urlaubstagen unterschieden. Jeder darf sich so viel Urlaub nehmen wie nötig.
Wer kürzlich dieses Interview mit Waldemar Zeiler von Einhorn Condoms gelesen hat, kommt dieser Ansatz bereits bekannt vor. Gemeinsam mit Co-Gründer Philip Siefer haben sie ihre Mitarbeiter für ein sechsmonatiges Experiment selbst über Gehalt und Urlaubstage bestimmen lassen.
High Performance statt strenge Arbeitszeiten
Was bei uns als neue, flexible Arbeitsform in Deutschland erste Schlagzeilen macht und vermutlich großes Potential hat, gewährt die brasilianische Firma Semco ihren Mitarbeitern bereits seit 30 Jahren. Schon 1981 erkannte Ricardo Semler, der Sohn des Gründers, dass größere Freiräume und mehr Selbstständigkeit zu einer loyaleren und verantwortungsvolleren Unternehmenskultur führen. Starre Arbeitszeiten, die bei Fließbandarbeit vermutlich noch Sinn machten, haben heute insbesondere in der Kreativbranche, wo vor allem die Idee und das Ergebnis zählt, ihren Zweck verloren. Wir wissen alle, dass die meisten Ideen nun mal nicht auf Knopfdruck entstehen, wenn wir hilfesuchend auf unseren Bildschirm starren oder angestrengt über unserem Notizbuch hocken.
Dass Produktivität und Effizienz nicht automatisch durch geregelte Arbeitszeiten sondern, wie bei Netflix und Semco, durch „High Performance“ herbeigeführt werden, hat die Mehrheit der Unternehmen bisher verkannt. Viele würden glauben, so heißt es auf inc.com weiter, dass ihre Mitarbeiter ihre Freiheiten schamlos ausnutzen würden. Firmen wie Semco berichten jedoch vom Gegenteil: Produktiver, motivierter und mit frischen Ideen würden die Angestellten aus dem Urlaub zurückkehren. Insbesondere die Freiheit, dass sich die Angestellten genau dann Urlaub nehmen können, wenn sie ihn wirklich brauchen, sei sinnvoll. Wer meint, der Umsatz würde darunter leiden, überzeugen vielleicht diese Zahlen: Seit der Einführung der „Unlimited Vacation Policy“ konnte Semco ihren Wert von vier Millionen bis heute auf mehr als eine Milliarde steigern.
Bisher haben nur ein Prozent der Firmen in den USA die flexible Arbeitsform übernommen, in Deutschland machte unter anderem Einhorn Condoms den Anfang. Wir jedenfalls sind gespannt, was die beiden Gründer nach ihrem sechsmonatigen Experiment berichten und welche anderen Firmen sich wohl davon inspiriert fühlen…
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