Foto: Jana Zieseniß

Ich und Heimweh? Über verwirrende Gefühle während meiner Weltreise

Unsere Community-Autorin kannte kein Heimweh. Bis sie für mehrere Monate durch Südamerika gereist ist und feststellen musste: Zu Hause ist es doch eigentlich auch ganz schön.

Ich hatte viel von der großen Reisedepression gehört, die einen überfällt, wenn man von einer langen Reise zurückkommt. Doch in Anbetracht der Vorfreude, mit der ich drei Monate nach meiner Abreise das Flugzeug in Lima bestieg, konnte ich das nicht so wirklich glauben. Eigentlich seltsam, denn so etwas wie „Heimweh“ kannte ich bis dato gar nicht. Und doch fühlte sich das Gefühl in den letzten zwei Wochen meiner Weltreise genau danach an. Es war so ein mir unbekannter Sog nach Hause, zu meiner Familie. Meinem Freund. Meinen Freunden.

Dabei lag doch die beste Zeit meines Lebens hinter mir. Ich habe spannende Länder bereist, tolle Abenteuer erlebt. Wie meinen ersten Fünftausender. Oder meine Wanderung zum Machu Picchu. Und doch konnte ich die letzten zwei Wochen in Peru nicht mehr so wirklich genießen, wie es ihnen eigentlich gebührt hätte.

Heimweh? Ich?

Ich, die nicht mal als Kind Sehnsucht nach Zuhause verspürte. Die meine Eltern problemlos zu Oma und Opa oder mit dem Onkel auf Reisen schicken konnten und die sich beim Abschied nicht mal umdrehte? Die immer von sich behauptet hatte: Bei mir gibts nur Fernweh? Die lange Jahre gar kein richtiges Zuhause hatte, sondern zwischen Frankfurt und dem Rheinland hin- und hergependelt ist, ohne  wirklich an dem einen oder anderen Ort richtig heimisch zu werden? Die, die jedes Jahr mindestens drei bis vier Monate auf Reisen ist? Die es kaum erwarten kann, wenn sie das nächste Mal den Koffer packen kann (also nicht das Kofferpacken selbst, das hasse ich, aber ihr wisst schon).

„Reisen ist schön. Nachhausekommen auch.“

Diesen Spruch hielt ich bis dato für einen Mythos. Oder ein Mantra von klassischen Türkei- oder Mallorcatouristen, die sich immer „so sehr auf ihr eigenes Bett freuen“. Was gibt es schließlich Schöneres, als auf Reisen zu sein? Aber vielleicht liegt es einfach an der Definition von „Zuhause“, dass ich mich mit diesen Worten einfach nicht identifizieren konnte.

Denn heute weiß ich: Zuhause ist für mich kein bestimmter Ort. Ich fühle mich eigentlich an sehr vielen Orten zu Hause. Nämlich genau dort, wo die Menschen sind, die mir viel bedeuten. Und das kann meine Heimatstadt Goslar sein, das Rheinland, wo ich jetzt mit meinem Freund zusammen wohne oder Hamburg, wo meine Schwester wohnt. Oder wenn ich mit meinem Freund mal wieder für ein paar Tage meinen „Wohnort“ nach Berlin verlege.

Zuhause ist da, wo meine Lieblingsmenschen sind!

Heimweh habe ich also nicht nach bestimmten Orten, ich freue mich nicht
zwangsläufig auf mein eigenes Bett oder meinen eigenen Garten, sondern auf die Menschen, die ich auf Reisen immer wieder zurücklassen muss. Und daher wird aus mir garantiert niemals ein dauerreisender digitaler Normade, auch wenn das mit meinem jetzigen Job problemlos möglich wäre.

Und natürlich genieße ich die Freiheit, so viel auf Reisen zu sein. Aber genauso genieße ich (mittlerweile) auch die Heimkehr.

Reisen und Nachhausekommen sind wie Yin und Yang

Das eine ist nur halb so schön ohne das Andere. Jedenfalls für mich. Wie schön es vor meiner Haustür sein kann, ist mir erst so wirklich bewusst geworden, als ich mal für längere Zeit darauf verzichten „musste“. Oder kennt ihr das nicht auch, dass ihr vom Flughafen nach Hause fahrt und euch wundert, wie wunderschön grün unsere Felder und Wälder sind? Wie wunderschön gelb der Raps blüht und wie süß die kleinen Dörfchen doch sind, die an einem vorbeiziehen?

So ging es mir zumindest gerade nach meiner Rückkehr aus Australien. Unterschiedlicher könnten zwei Landschaften fast gar nicht sein.

Wie würden andere dein Land wahrnehmen?

Wenn ich gerade von einer Reise zurückkomme, stelle ich mir gerne vor, wie die Menschen, denen ich dort begegnet bin, wohl meine Heimat wahrnehmen würden? Wären sie genauso begeistert wie ich von ihrem Land? Was würde ihnen auffallen? Was würde sie faszinieren? Was würde ihnen wohl gefallen? Ich glaube, es wären die kleinen Fachwerkstädte. Die Weinterrassen an den steilen Moselhängen. Unsere Wälder, die teilweise so verwunschen aussehen, als seinen sie einem Märchen entsprungen. Die Berge. Die Autobahn.

Reisen befähigt mich, auch meine eigene Umwelt wieder mit anderen Augen zu sehen. Und daher kenne ich keinen „Posttravelblues“. Statt dessen kann ich es kaum erwarten, die Welt vor meiner Haustür zu erkunden (so wie auch jetzt gerade).

Okay, nach ein paar Wochen kribbelt es mir doch wieder in den Füßen und ich kann es nicht erwarten, ein neues Land zu erkunden und, im Anschluss, voller neuer Eindrücke und Erlebnisse wieder glücklich „nach Hause zu kommen“.

Dieser Artikel erschien zuerst auf Sonne & Wolken, dem Reiseblog von Jana Zieseniß. Wir freuen uns, dass sie einmal im Monat einen Text rund ums Reisen bei uns veröffentlicht.

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