Ulrike Römig ist Trägerin eines mutierten BRCA1-Gens. Nach ihrer Brustkrebs-Erkrankung wird sie sich auch die Eierstöcke entfernen lassen, um ihr Krankheitsrisiko zu senken.
„Nach der Brust-OP sah ich aus wie ein Alien“
Mit 34 Jahren erhielt Ulrike Röming die Diagnose Brustkrebs. Es folgten Chemotherapie, prophylaktische Mastektomie und Wiederaufbau der Brüste. In ihrem Blog „Mopstollwut“ – so nennt sie ihren Krebs – erzählt Röming, was die Krankheit mit ihr macht. Nun überlegt sie, das Blog zu löschen. Warum und wie es ihr nach der Therapie geht, erzählt sie uns im Interview.
Der Tumor in deiner Brust ist entfernt, die Rekonstruktion überstanden. Alles gut, könnte man meinen. Trotzdem schreibst du auf „Mopstollwut“, dass die Zeit nach der Therapie mit die schlimmste für dich war. Warum?
Warum?
Was hat dir der Brustkrebs genommen?
„Das Vertrauen in meinen Körper – und ganz konkret meine Brüste. Ich dachte, ich gehe da rein, gebe meine Brüste beim Pförtner ab, bekomme zwei neue und gut ist. Natürlich ist das naiv, aber mit dieser Naivität habe ich den Krebs gemeistert. Anfangs fühlten sich die Implantate an, als hätte man mir zwei Müslischüsseln umgeschnallt, zwei harte Fremdkörper, die ständig scheuern. Meine Haut war grün und blau, die Nippel tot und ich hatte unheimliche Schmerzen.“
Hat dich deine Ärztin nicht darauf vorbereitet?
„Doch. Ich habe auch viel gelesen. Vor allem Fachliteratur über die verschiedenen Methoden. Das Wissen gab mir Sicherheit, so funktioniere ich. Auf das Gefühl, dass deine Möpse plötzlich weg sind, kann dich jedoch niemand vorbereiten. Zurück zu Hause saß ich dann nackig und allein vor dem Spiegel und fühlte mich grässlich.“
Warum?
„Ich sah aus wie ein Alien. Ich hatte keine Haare mehr auf dem Kopf, Augenbrauen und Wimpern waren weg und durch das Narkosemittel, vielleicht auch durch die Antibiotika, die ich während der Operation bekam, hatte ich im Gesicht überall Pickel. Gutes Aussehen, Attraktivität waren für mich nie wichtig. Doch wenn man sich scheiße fühlt und zudem noch scheiße aussieht, ist das heftig. Ich musste mir sogar neue Schlüpper kaufen.“
Du meinst neue BHs?
„Nein, Unterhosen. Die Chemotherapie hat meinen Zyklus vollkommen durcheinandergebracht. Außerdem musste ich mit dem Rauchen aufhören. Das Ergebnis: Am Ende der Therapie brachte ich gut zehn Kilo mehr auf die Waage. In den Wochen nach dem Wiederaufbau war ich tatsächlich ziemlich depressiv.“
Wie kamst du da wieder raus?
„Ich ließ die Traurigkeit zu. Als die Augenbrauen und Wimpern dann wiederkamen, wurde es langsam besser. Meine Augenbrauen sind zwar nicht mehr so voll wie früher, an einer Stelle ist sogar ein kleines Loch, aber ich weiß, das sehe nur ich.“
Die Brustrekonstruktion war im Mai 2015, zwei Monate später hast du wieder angefangen zu arbeiten. War das nicht ziemlich schnell?
Welche denn?
Du meinst die Entfernung der Eierstöcke.
Wie gehst du mit diesem Druck um?
… und dann steht die nächste Operation an.
Brustkrebs-Patientinnen haben ein erhöhtes Risiko für Rezidive und Neuerkrankungen. Hast du manchmal Angst, dass der Krebs zurückkommt?
Du hast einmal gesagt, zu schreiben sei für dich der beste Weg, Kummer und Sorgen zu verarbeiten – darum hast du mit dem Bloggen angefangen. Warum überlegst du nun, damit aufzuhören?
Das Original-Interview von Stella Hombach ist bei unserem Kooperationspartner IGP-Magazin erschienen.
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