Warum schieben wir Dinge auf, obwohl wir genau wissen, wie gut es sich anfühlt, sie endlich gemacht zu haben? Bei mir heißt es neuerdings anpacken statt aufschieben – und wie ich das mache, erfahrt ihr hier.
Jahrelange Zweifel und Selbstablehnung
Darf ich vorstellen? Mein innerer Schweinehund, ein
besonders großer Vertreter seiner Art. Aber gut, von nichts kommt nichts! Ich
darf mich jetzt nicht wundern, dass das Vieh inzwischen so monströs geworden
ist. Jahrelang habe ich es mit Zweifeln gefüttert und mit Selbstablehnung gespeist,
davon würde wohl jeder in die Breite gehen. Zweifel und das Gefühl, es einfach
nicht drauf zu haben, entstehen bei mir vor allem immer dann, wenn ich Sachen
aufschiebe, anstatt sie anzupacken. Und wenn ich sehe, wie genau das anderen
scheinbar mühelos gelingt, schießt dieses Unbehagen weiter in die Höhe.
Versteht mich nicht falsch, ich weiß, was ich kann, bin ehrgeizig und erreiche
die Dinge, die ich mir vornehme, im Großen und Ganzen mit Erfolg.
Aber da sind diese Tage, an denen mir alles viel schwerer
fällt, da winde ich mich geschickt um Unangenehmes herum, wie endlich den überfälligen Arzttermin zu vereinbaren oder die Gardinen zu waschen. Und dann sind da diese bestimmten Sachen,
die ich schon so lange machen will, aber irgendetwas bringt mich immer wieder dazu, sie aufzuschieben. Zum Beispiel, endlich meine Freundin besuchen, die umgezogen ist, wieder
regelmäßig zum Sport gehen, diese Serie schauen, diesen Klassiker lesen, dieses
Rezept ausprobieren und so weiter und so fort – grundsätzlich absolut machbare
Dinge.
Warum packe ich es nicht an?
Immer wieder bringe ich mich also selbst in die Situation,
dass ich die Möglichkeit habe, eine Sache anzupacken und dann doch einen total
überzeugenden Grund finde, warum ich es doch lieber ein anderes Mal machen
sollte.
Warum
ich mir selbst die Schuld dafür gebe? Weil ich selbst schuld bin. Denn der Witz
an der Sache: Ich bin mir sogar der für mich passenden Lösung bewusst. Einfach
machen, das ist mein Weg raus aus diesem Unbehagen. Dass es damit eigentlich
schon getan wäre, beweist mir dieses überschwängliche Gefühl der Leichtigkeit
und des Erfolgs, das sich danach in meinem Bauch ausbreitet. Dieses Gefühl, etwas lange Aufgeschobenes oder aber auch gerade erst Aufgekommenes abhaken zu
können – das fühlt sich so befreiend an, wie nach einer langen Reise endlich den
lästigen Koffer loszuwerden, so schwerelos, wie sich auf der Luftmatratze im
Pool treiben zu lassen, so erleichternd, wie nach einer Runde joggen die ersten
Schritte Gehen – und das alles gleichzeitig.
Was bremst mich aus?
Und trotzdem, obwohl dieses Gefühl des Erfolgs so
einzigartig schön ist, scheint es beim nächsten Mal wie ausgelöscht – das macht
es für mich zu einem wahrlich rätselhaften Phänomen und verblüfft mich ernsthaft
immer wieder. Warum bewegt mich die Gewissheit, dass ich mich im Anschluss
wunderbar fühlen werde, nicht im Jetzt zum Handeln? Wie kann es sein, dass ich
mich jetzt, da ich die von diesem Gefühl ausgehende Motivation so dringend bräuchte,
scheinbar nicht daran erinnern kann? Überwiegt in dem Moment schlichtweg die Faulheit?
Ist es lediglich die Komfortzone, deren Gemütlichkeit und Sicherheit der Mensch
so schätzt? Vielleicht nehme ich mir als pflichtbewusster Mensch aber auch
stets zu viel auf einmal vor …Wie auch immer, anscheinend bin ich in dieser
Hinsicht bis jetzt einfach nicht lernfähig.
Was hilft?
Da ich mir diese Eigenschaft jedoch grundsätzlich mit gutem
Gewissen zuschreibe, will ich es jetzt auch hier packen. Meine Lösung: Ich
bringe mich seit einiger Zeit bewusst und so oft es geht in diese Situation und hoffe,
dass es sich als effektiv erweist, den Zeitabstand zwischen diesen Situationen
zu verringern und so das Gefühl des Erfolgs lebendig und aufrechtzuerhalten –
man könnte sagen „im Rhythmus zu bleiben“. Ich setze jetzt alles daran, dieses
Gefühl abzuspeichern, um es beim nächsten Anflug von Zögern irgendwie zum Leben
erwecken zu können. „Einfach machen“ ist mein neues Power-Mantra und bis jetzt
fahre ich (an den meisten Tagen) ganz gut damit.
Wie ist das bei euch? Was macht ihr, um euch zu motivieren? Wie
sagt ihr eurem Schweinehund den Kampf an?
Übrigens: Zu versuchen, das in Worte zu fassen und in einem
Text festzuhalten, was mir so im Kopf herumspukt, ist ebenfalls eines der
Dinge, die ich mir bisher zwar fest vorgenommen, aber zunächst hübsch in die Warteschlange
meiner To-do-Liste eingereiht habe. Da ihr nun aber gerade offensichtlich von
mir lest, ist wohl heute eben einer dieser Tage, wo das mit dem „einfach machen“
klappt. Und wisst ihr was? Es fühlt sich (wer hätte es gedacht?!) verdammt gut
an!
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