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Der copy / paste Poet

Viele Frauenherzen fliegen ihm nur so zu in den Sozialen Medien, doch der Poet entpuppt sich als Mogelpackung. Ein dreister Betrüger der seine Follower um den Finger wickelt mit geklautem Content.

 

Wenn man von Plagiaten hört, denken viele von uns an gefakte Louis Vuitton Taschen, Gürtel oder sonstige Marken, die billig irgendwo kopiert und vertrieben werden für kleines Geld. So weit so gut. Nun, stellen Sie sich vor, Sie betreiben einen Twitter Account. Sie zwitschern so vor hin sich, bekommen ein paar Likes, retweeten, haben ein paar replys, es macht Spass seinen Alltag mit anderen zu teilen. Man kann motzen über den ollen Chef, kann aber auch seine tiefsten Gefühle offenbaren. Und sie in mittlerweile 240 Zeichen kurz und knackig verpacken. Schliesslich ist man ja irgendwie geschützt, räumlich und auch ein wenig anonym im Netz.

“*Und es ist alles nur geklaut…”

Eines Tages, stossen sie auf eine Seite, auf einem anderen sozialen Portal und sehen, dass sich jemand einfach so an ihren Sprüchen bedient hat und die als seine eigenen ausgibt. Und dann entdecken sie noch viel mehr „Zitate“ und Sprüche, von ihren Freunden, oder von anderen Twitter Usern, mit denen sie verkehren. Und weil sie so schockiert sind und es nicht fassen können, klicken Sie sich durch weitere Portale dieses Menschen und entdecken mehr. Viel mehr.

*Die Prinzen – Alles nur geklaut

 

Social Media lebt vom teilen

Wenn ein Tweet geteilt wird, oder eine Statusmeldung auf Facebook, ist das ja auch nicht weiter tragisch und ganz normal. Davon leben die sozialen Medien ja schliesslich. Aber stellen Sie sich nun vor, dieser Mensch macht nun Geld. Mit ihren Ideen. Mit ihren Sprüchen, die er auf Twitter von ihnen, ohne zu fragen geklaut hat. Und bringt dazu noch ein „Best off“ als Buch heraus. Zum Zweiten mal. Unglaublich dreist? Ja. Gerade erst im wahren Leben passiert.
„Der Poet“ aka Deno (in Wirklichkeit heisst er Denis) Licina, ist ein grosser, muskulöser Typ, Vollbart, dunkle Augen, verträumter Blick und für manche Frauen wohl der Traummann schlecht hin. Dazu gibt er sich als grosser, gefühlsbetonter Frauenversteher, der verletzliche Macho, aber doch ein starker Löwe mit Schulter zum Anlehnen.

Der Poet, die Seite – Eher ein Club der verlassenen Herzen

So alles in allem, liest es sich wie ein Ratgeber für Frauen die noch auf den Traumprinzen warten, Liebeskummer haben oder sonst wie emotional auf der Strecke blieben. Der Poet fängt sie auf. Ist für sie da, hat ein offenes Ohr und immer den passenden Spruch parat. Umspielt sie mit seichter Unterhaltung, platten Kalendersprüchen oder eben Tweets und Sprüche, ja ganze Textpassagen- von anderen. 

Schliesslich ist das Internet für alle da, oder? Für mich persönlich ist so viel Schmalz und Gefühlsduselei einfach zu viel, Sie müssen entschuldigen. Man kann es mögen, oder total lächerlich finden. Aber mittlerweile hat er 64.863 Abonnenten auf seinem Privatprofil, 376.431 auf seiner Seite und 127K auf Instagram. Oder wie er im Ausland in einem Interview sagte: 2 Millionen Follower. Wo die aber sein sollen, weiss niemand so genau. Wie viele davon „echt“ sind, sei dahingestellt, ist es doch heute in leichtes Follower zu kaufen. Aber Zahlen zählen nun mal, ob sie nun echt sind oder nicht ist zweitrangig. Des Weiteren vertreibt er eine Seite Namens „Poetry Clothing“ und hat eine Domain besetzt: www.DerPoet.com die er für stolze $1895 zum Verkauf anbietet. 

Der Poet – als Marke

Man wird das Gefühl nicht los, dass Herr Licina grosses vor hat – nur zu welchem Preis? Eine Userin hat sich die Mühe gemacht, ein paar der Sprüche vom Poeten ihren Urheber zuzuordnen. Insgesamt konnten, vorerst 22 Twitter User ausfindig (Tendenz steigend) gemacht werden, die die eigentlichen Urheber der wunderbaren Sprüche sind, mit dem der Poet die Köpfe der Frauen verdreht. Ausserdem wurde auch ein Text von Rania Naim der in Englisch verfasst wurde, vom Poeten ins deutsche übersetzt und für seinen ausgegeben. 
Ich fand mittlerweile Texte von ihm auf auch auf Tumblr. Man kann nämlich schon im Netz Selbstbedienungsladen spielen, aber die Zeitstempel kann man nicht fälschen. 

Darauf hin angesprochen auf diversen Kanäle antwortete man gar nicht, oder markierte Kommentare als Spam oder die Leute wurden gleich blockiert. Ich habe ja den leisen Verdacht, dass da ein ganzes Team dahinter steckt. Denn egal um welche Uhrzeit man kommentiert, lange bleiben die Kommentare nie online. Auch ich hatte ihn angeschrieben, und mit den Vorwürfen konfrontiert, darauf hin sendete er mir einen Screenshot. Dort war vermerkt, dass Tweets keinen Urheberrecht unterstehen. Nun ja, so weit so gut. Aber abschreiben und einen Text übersetzen ist eindeutig Urheberrechtsverletzung. Und ist es fair, von anderen zu klauen um sich auf dem ein Imperium aufbauen zu wollen? Darf man sich Schriftsteller nennen, wenn man sich schamlos bei anderen bedient?

Ist es fair diese Mädchen und Frauen zu belügen um sich so an ihnen zu bereichern, quasi auf dem Rücken von anderen, mit den Ideen von anderen? Anstand, Respekt und Moral, dass alles, was er so gross schreibt auf seiner Seite, fehlen hier gänzlich. Ich würde mich betrogen fühlen. Hintergangen, angelogen und arglistig getäuscht. 

Die grosse Aufräumaktion

Der softe Macho mit dem verträumten Blick ist ein Opportunist. Einer, den andere wenig kümmern, es geht schliesslich um Profit. Um Fame. Sich etwas aufzubauen Nur eben. Zu welchem Preis? Denn so völlig kalt liess ihn das dann doch nicht. Er löschte innerhalb des Nachmittags vom 6. Februar über 280 Bilder mit Sprüchen auf Instagram, sein Profil dort ist nun privat. 

Amazon hatte am 6 Februar sogar seine Rezession Funktion abgeändert, nachdem die ersten negativen Kommentare auf sein Buch laut wurden. Denn der Herausgeber des Buches creatspace.com gehört zu Amazon. Ein Schelm wer böses dabei denkt. Amazon ist ja auch nicht gerade bekannt für seine menschenfreundliche Mitarbeiter Politik.

Rechtliche Schritte angekündigt- gegen die Urheber “seiner” Sprüche

Auf jeden Fall hat der Poet rechtliche Schritte angekündigt, gegen alle, die sich auf Amazon über sein Buch beschwert haben. Klar, wir wissen nicht, was in diesem Buch steht. (Mittlerweile eben doch, auch dort, Diebstahl von geistigem Eigentum) Doch wenn es sich eben, um ein „Nachschlagewerk“ handelt, denn so lautet der Name des Buches und Herr Licina sich sonst schamlos, fröhlich und munter überall bedient hat, muss man nicht Sherlock Holmes sein, um dort natürlich auch geklaute Sprüche zu vermuten. Bilder in den sozialen Medien kann man löschen. Aus einem bereits gedruckten Buch etwas Entfernen, das gestaltet sich schon schwierig bis unmöglich.

So. Nun stellen Sie sich bitte vor, sie beschweren sich, völlig zurecht, dass er ihr geistiges Eigentum zu Geld gemacht hat. Und er droht ihnen mit Klage. Unvorstellbar? Ja, sehr sogar. Doch genau so die Tage passiert. Die wahren Helden dieser Geschichte, sowie die ganze Geschichte, mit Screenshots finden sie auf Twitter unter den Hashtags: #DerPoet und #DinoLicina. Eine Bloggerkollegin und Betroffene hat auch einen Beitrag darüber gschrieben, den ihr hier findet.  Auch Deutschlandfunk Nova hat schon darüber berichtet. 

Nachgefragt

Ich habe mir ausserdem erlaubt, bei Amazon, Hugendubel – Thalia und Ex-Libris nachzufragen, wie man hinter so einem „Autor“ und seinem Werk stehen kann. Hugendubel  hat sofort reagiert und das Buch aus dem Sortiment genommen während Ex-Libris nichts “zensieren” möchte, dafür sei der Gesetzgeber zuständig, doch mittlerweile ist das Hardcoverbuch dort auch nicht mehr erhältlich. 

Spannend ist aber die Auswahl des Buchcovers. Dort ist eine Feder. Die fremde Feder mit der er sich nun schmückt.

Dieser Artikel erschien auch auf meinem Blog www.wasmansonichtsagendarf.ch

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