Klar, Diversity ist wichtig – aber sind wir wirklich so tolerant wie wir glauben? Und was sollten Unternehmen tun? Eine (Selbst)Kritik.
Diversity: Finden wir das wirklich so gut?
Jeden Morgen freue ich mich über meine Sitznachbarin im Büro. Darüber, dass sie mich versteht, auch wenn ich morgenmuffelig vor mich hin schweige. Darüber, dass wir Unterlagen ähnlich (für uns verständlich) aufbereiten und uns die Zusammenarbeit dadurch immer so leicht fällt.
Und dann kommt der Morgenmensch. Und redet (zu viel). Oder der kryptische Redner, von dem man jede Metapher erst interpretieren muss. Der ehrgeizige Doppelpartner im Tennis, der (zu) laut stöhnt, und zwar bei jedem Schlag oder die (zu) esoterische Freundin, deren Stimmungsschwankungen kaum zu bändigen sind.
Alles Menschen, die ich so sehr schätze; Freunde, Familie, Kollegen. Versteht mich nicht falsch, ich mag diese Menschen. Sie bedeuten mir die Welt. Aber am frühen Morgen mag ich am liebsten die Person, die so (wenig) kommuniziert wie ich. In besonders stressigen Zeiten mag ich die Person am liebsten, der ich nicht alles dreimal erklären muss. So viel zu Diversity.
Der Vorteil, von mehr Diversity liegt auf der Hand. Aber…
Alle reden über Diversity in Teams, denn die Synergien unterschiedlicher Charaktere liegen auf der Hand: Erfolgreiche Tandems aus ruhigen, technisch versierten Experten und extrovertierten Vertrieblern sind nicht nur ein Klischee. Und doch werden neue Mitarbeiter oftmals nach dem „Personal Fit“ eingestellt, weil sie „so gut ins Team passen“. Und damit ist nicht gemeint, dass in das extrem introvertierte Team ein besonders extrovertierter Charakter passt. Schon komisch, da hat man sich extra den Bewerber mit den exotischsten Erfahrungen eingeladen und doch endet Diversity meistens schon in der Nachbesprechung vom Bewerbungsgespräch.
Unterschiedliche Charaktere können sich toll ergänzen; Pragmatiker helfen dem Experten um eine komplexe gedankliche Ecke, Rampensäue verfechten die Ideen weniger temperamentvoller Kreativköpfe und die Bürokraten sorgen dafür, dass auch alles die rechtmäßigen Gänge geht. Doch zu viel Diversity kann auch zu Spannungen führen, zu Missverständnissen und Zeitverlust durch lange Erklärungen.
Wir sollten die Herausforderungen von Diversity angehen – im Recruiting und auf Mitarbeiterebene
Es ist erfreulich zu sehen, dass viele Unternehmen die Herausforderungen in Zusammenhang mit Diversity vermehrt erkennen und in der Personalentwicklung, neben fachlicher Weiterbildung, zunehmend auch die menschliche Zusammenarbeit sowie die Kommunikation im Vordergrund stehen. Persönlichkeitsorientierte Trainings können Teams etwa helfen, sich besser kennen zu lernen und besser zusammen zu arbeiten. Doch Voraussetzung dafür ist eine Atmosphäre von Offenheit, Ehrlichkeit und Toleranz. Wir müssen uns selbst und andere mit ihren Eigenarten anerkennen und tolerieren. So lief das zumindest in meinem Team – mit großem Erfolg.
Es ist wichtig, Beispiele für gutes Diversity-Management zu zeigen
Die eine Lösung für Herausforderungen in Zusammenhang mit Diversity in Teams gibt es nicht. „Es kommt drauf an“ kann man wohl sagen, auf die Art und das Ziel des Teams und auf die Art und Ausprägung der Unterschiede. Ich für meinen Teil, nehme mir jetzt morgens einfach eine halbe Stunde länger Zeit zu Hause und trinke eine Tasse Kaffee mehr. Seitdem geht’s auch mit den Morgenmenschen.
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