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Fakten schaffen

Okay, manch eine könnte hier zu Recht behaupten, dass das ganze Jahr über die Narren unser Land regieren, doch wollen wir uns nicht zu sehr auf Politik und Polemik versteifen, sondern dem Pendant des tierischen Ernstes widmen.

 

Okay, manch eine könnte hier zu Recht behaupten, dass das ganze Jahr über die Narren unser Land regieren, doch wollen wir uns nicht zu sehr auf Politik und Polemik versteifen, sondern dem Pendant des tierischen Ernstes widmen. 

Einmal im Jahr…

“Ernst?” mag sich die ein oder andere fragen! Nein, Ernst ist kein weiterer hinzukopierter Vorname unseres Ex-Verteidigungsministers von und zu Guttenberg. Ernst ist das, was manchen Leuten an Karneval abhanden kommt. Ausgelassenheit und überschäumende Freude durch Überfluss an Alkohol domineren an den “Tollen Tagen”. Doch nicht für alle sind die Karnevalstage so toll – und für Jene die den Augenblick genießen wollen und sich von ihm überrumpeln lassen, folgt spätestens Aschermittwoch das böse Erwachen. Die berüchtigte Narrenfreiheit wird da manch einem beziehungsweise manch einer zum Verhängnis. 

An Karneval steht die Welt Kopf – Ausnahmezustand! Was gerade noch in züchtiger zivilisierter Ordnung war, verfällt ab Weiberfastnacht fast urplötzlich ins Chaos. Wie ein sich verbreitetender Virus werden gerade im Rheinland mit den Epizentren Köln und Düsseldorf die sonst so Unlustigen schlagartig fröhlich und ausschweifend heiter. Und alles nur, weil sie sich mit dem übermäßigen Genuss von Alkohol in einen Rauschzustand gespielter Glückseligkeit versetzen. Gepaart mit dröhnender karnevalistischer Stimmungsmusik verfallen viele dieser Narren in einen Zustand völliger Zügellosigkeit, der schnell alle Hemmungen killt. Stimuliert vom Alkohol wird apathisch geschunkelt, wild gepinkelt und der nächste Prosecco die Kehle runtergespült. 

Was zunächst noch lustig anmutet, gerät schnell zum bitteren Ernst (Hallo, da biste ja wieder!). Denn nach heiter angetrunken, folgt bei vielen schnell das Wachkoma und bei nicht wenigen beginnt leider auch die aggressive Phase. Da wird dann verbal ordentlich ausgeteilt, andere Mädels ungeniert heruntergeputzt, wie schlampig sie in ihrem Kostümchen daherkommen und wenn alle Hemmungen fallen, geht es sogar schlagkräfig zur Sache. Haare ziehen und kratzen sind da noch die harmloseren Aktionen, die am Tag danach im nüchteren Zustand gern mit den folgenden Worten beschwichtigt werden: “Hatte wohl gestern einen Prosecco zu viel, sonst bin ich ja nicht so!” Manch eine von Jenen hofft tags darauf noch, dass das lustige Känguru-Kostüm die wahre Identität der Unbändigen gut verschleiert habe. 

“Wenn dat Trömmelche jeht, dann stonn se all parat”

Der einstige Frohsinn des Karnevals geht immer mehr verloren, die ungezügelte Sucht nach Spaß in Verbindung mit exzessiven Alkoholkonsum führt bei den Besonnenen und Genervten in die Flucht vor den Karnevalstagen. “Jeck” steht dabei heutzutage schon als Umschreibung für “besoffen und peinlich”. Und warum sollte man darüber hinaus der Szenerie eines Rosenmontagszuges beiwohnen, wenn die einzige Intention scheinbar darin liegt, dass man um die letzte Kamelle fightet und von der gröhlenden Menge ständig mit Bier überschüttet wird. Und dann all die Närrischen, die es nur auf eins abgesehen haben – aufs Bützen (hochdeutsch für abknutschen) wildfremder Menschen, denen man sich im nicht alkoholisierten Zustand sicherlich nicht mehr als 50 Meter genähert hätte. Man möchte meinen, dass sich der Karnevalsvirus auf diese Weise verbreitet. An Karneval sind alle Konventionen ausgesetzt und die Paarungsbereitschaft bei Männlein und Weiblein steigt proportional mit dem Genuss von alkoholischen Getränken. Der Filmriß und der Kater danach sind damit nicht nur vorprogrammiert, sondern womoglich auch das peinliche Erwachen am nächsten Morgen Seite an Seite mit einem oder auch mehreren fremden Menschen. Na dann, Alaaf und Helau den Narren! 

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