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Hoffnung als treibende Kraft: Die Zuversicht der jungen Generation für eine offene und tolerante Zukunft

Das Buch „Generation Hoffnung“ von Amelie Marie Weber gibt jungen Menschen Hoffnung und hilft der älteren Generation, offen zu bleiben für Neues. Außerdem zeigt das Buch: Ohneeinander schaffen wir es nicht. Wir müssen miteinander ins Gespräch kommen, um echte Veränderung zu bewirken.

Journalistin und Autorin Amelie Marie Weber – Foto: Reto Klar

Amelie Marie Weber behandelt in ihrem neuen Buch Themen wie Klima, Pandemie, Krieg, Internet, Gesundheit, Diskriminierung und Arbeit, präzise arbeitet sie die Vielfalt und Komplexität der jungen Generation heraus. Die eingebetteten Interviews gewähren Einblicke in das Leben inspirierender junger Menschen und erweitern die Perspektive der Leser*innen. Amelie Marie Weber betont die Notwendigkeit von Gesprächen zwischen den Generationen, in denen deutlich wird: Wir alle haben sehr ähnliche Ziele und erreichen sie schneller, wenn wir gemeinsam für sie kämpfen.

Liebe Amelie, was hat dich dazu motiviert, ein Buch über die Generation Z zu verfassen und welchen Zweck siehst du darin?

„Ich schreibe nicht nur über die GEN Z, sondern einfach über junge Menschen, die in Zeiten schwerer Krisen ins Erwachsenenleben finden – irgendwo zwischen Schulabschluss und Familiengründung. In meiner Rolle als Journalistin und Moderatorin auf TikTok habe ich wiederholt festgestellt, dass viele junge Menschen mit einer eher pessimistischen Perspektive in die Zukunft schauen und auch weniger Nachrichten konsumieren, weil sie alles so runterzieht. Das hat mir zu denken gegeben. Ich selbst habe Hoffnung, ich glaube, dass die Zukunft gut werden kann, wenn wir gemeinsam alles dafür tun. Und ich will diese Hoffnung gerne weitergeben. Deswegen habe ich das Buch geschrieben.“

„Ich selbst habe Hoffnung. Und ich will diese Hoffnung weitergeben. Deswegen habe ich das Buch geschrieben.“

Amelie Marie Weber

In „Generation Hoffnung“ beleuchtest du ganz unterschiedliche Themen wie Klima, Pandemie, Krieg, Internet, Gesundheit, Diskriminierung, Arbeit. Möchtest du damit der Tendenz, eine ganze Generation über einen Kamm zu scheren, etwas entgegensetzen?

„Die Vielfalt ist einfach enorm, auch unter den jungen Menschen. Einige engagieren sich auf Demonstrationen, während andere die AfD unterstützen. Es ist wichtig zu erkennen, dass keine einzelne Perspektive eine gesamte Generation repräsentiert. Die Unterteilung in verschiedene Problemfelder erfolgt aufgrund der Vielfalt der Themen, die von Klima bis hin zu Diskriminierung reichen. Obwohl diese Themen unterschiedlich sind, beeinflussen sie uns alle, und es ist hilfreich, sie zu sortieren und sich zu vergegenwärtigen, mit welchen Themen wir eigentlich täglich konfrontiert sind und wie wir sie angehen können. Ich habe versucht, eine Ordnung zu schaffen, sowohl für meine eigene Gedankenwelt als auch für diejenigen, die meine Texte lesen.“

Generation Hoffnung, Foto: Klartext Verlag

In den im Buch enthaltenen Gesprächen bekommen wir detaillierte Einblicke in andere Lebenswirklichkeiten. Welche Funktion erfüllen die Interviewparts?

„Insgesamt waren die Interviews extrem bereichernd, weil ich tolle, inspirierende Menschen gefunden habe, die die Perspektive erweitern konnten. Im Kapitel ,Diskriminierung’ zum Beispiel war es mir wichtig, mit einer Person zu sprechen, die queer ist, weil ich selbst eben diese Perspektive nicht einbringen kann.

Am meisten im Nachhinein bewegt und beschäftigt hat mich das Interview mit einer jungen Ukrainerin, die vor dem Krieg geflüchtet ist und deren Eltern nach wie vor in der Ukraine leben. Auch sie hat Hoffnung, sie sagt, das Leben gehe weiter und man müsse an jedem Tag das Beste daraus machen.“

Wenn man sich gerade die Welt anschaut, liegt die Verzweiflung aber näher als die Hoffnung.

„Das ist richtig. In Augenblicken, in denen diese Verzweiflung aufgrund der weltpolitischen Lage überwiegt, hilft es mir, meinen Blick auf die guten Dinge um mich herum zu lenken, auch wenn sie sehr klein erscheinen. Ich gehe dann nach draußen und nehme wahr, wie jemand Fremdes mir freundlich zulächelt oder wie eine Person einer anderen eine Brezel schenkt. Diese kleinen Momente zeigen mir, dass Freundlichkeit und Liebe in der Welt existieren, auch wenn sie manchmal übersehen werden, wenn wir uns auf das Negative konzentrieren.
In solchen Momenten hilft es mir, aktiv zu werden, sei es durch Spenden oder das Bewusstsein, dass ich zwar nicht die ganze Welt retten, aber meinen kleinen Beitrag leisten kann.”

Lanna Idriss, Vorständin von SOS-Kinderdörfer weltweit, hat im EF-Interview gesagt: ,Es ist unsere Aufgabe, der Jugend Platz am Verhandlungstisch zu machen’. Hast du das Gefühl, dass die jungen Generationen unterschätzt werden?

„Vollkommen. Die Arbeitswelt ist dafür ein besonders anschauliches Beispiel. Wir werden oft als weinerlich, zimperlich und verwöhnt bezeichnet, was absurd erscheint, denn wir sind diejenigen, die in diesem anhaltenden Krisenmodus aufwachsen und wirklich viel aushalten müssen. Dieses Klischee in der Arbeitswelt hat meiner Meinung nach zwei Hauptgründe.
Erstens sprechen wir offener über mentale Gesundheit und sagen auch mal, wenn es uns nicht gut geht. Das ist in meinen Augen eine enorme Stärke, die jedoch von anderen Generationen als Schwäche abgetan wird. Vielleicht sollte man darüber nachdenken?

„Es ist wichtig zu erkennen, dass wir alle im Grunde für die gleichen Werte kämpfen.“

Amelie Marie Weber

Der zweite Punkt ist, dass wir uns aktiv für Werte in der Arbeitswelt einsetzen, wie die Vereinbarkeit von Familie und Beruf sowie gute Führung. Wir setzen uns so selbstbewusst dafür ein, weil wir es uns leisten können, bedingt durch den Fachkräftemangel. Das mag für diejenigen, die froh sind, überhaupt einen Job zu finden, verstörend wirken, ich verstehe das. Die Arbeitsauffassung unterscheidet sich, aber es ist wichtig zu erkennen, dass wir alle im Grunde für die gleichen Werte kämpfen.
Die Unterschiede insbesondere in der Arbeitswelt sind gar nicht so groß, wie Studien zeigen. Es ist paradox, dass trotzdem ältere Generationen auf jüngere herabblicken. Am Ende werden alle von den Werten profitieren, für die wir gerade kämpfen.”

Das heißt, deine Zielgruppe sind nicht nur junge Menschen, sondern auch ältere, die die Jungen besser verstehen möchten?

„Ja richtig. Ich spreche junge Menschen an, die sich verstanden fühlen wollen und die erkennen, dass sie mit den Problemen und Gedanken nicht alleine sind. Aber gleichzeitig auch ältere Menschen, die die jungen verstehen und wissen wollen, warum wir so ticken, wie wir ticken. Ich hoffe wirklich, dass dieses Buch einen Teil dazu beiträgt, dass diese Gespräche zwischen den Generationen zustandekommen. Wenn wir miteinander sprechen, werden wir schnell merken, dass wir uns viel einiger sind als wir denken. Am Ende wird eine Generation allein diese Welt nicht verändern, das schaffen wir nur gemeinsam.“

Du hast acht Monate an dem Buch geschrieben. Haben sich deine Haltung und dein Blick auf die Welt im Laufe des Schreibens verändert?

„Ja, definitiv. Ich habe noch nie so viel gelernt wie während des Schreibprozesses. Sowohl über die Themen, über die ich geschrieben habe, als auch über mich selbst.

Wenn man sich dann intensiver damit auseinandersetzt, mit Menschen spricht, die bereits aktiv sind, und sich die Zahlen anschaut, die in die richtige Richtung gehen, dann gewinnt man Hoffnung. Ich hatte erwartet, dass es sehr ernüchternd sein würde, und in Teilen ist es das auch. Aber gleichzeitig sieht man, dass bereits Fortschritte erzielt wurden und es Menschen gibt, die sich engagieren. Durch das Schreiben selbst habe ich also auch Hoffnung schöpfen können.”

„Am Ende wird eine Generation allein diese Welt nicht verändern, das schaffen wir nur gemeinsam.“

Amelie Marie Weber

Ein Kapitel in deinem Buch widmet sich dem Internet, dich selbst bezeichnest du hier als Süchtige. Was wünscht du gerade den jüngeren Generationen im Umgang mit den sozialen Medien?

„Unsere kollektive Sucht nach den kleinen Geräten in unserer Hosentasche spielt in jedem einzelnen Kapitel eine Rolle. Soziale Medien beeinflussen den Krieg. Auf Social Media finden sich Umweltbewegungen zusammen. Social Media hat viel mit Mental Health zu tun und beeinflusst sämtliche Lebensbereiche. Dieses Kapitel ist das umfangreichste, nicht zuletzt, weil ich als Head of Social Media ständig damit konfrontiert bin. Ich glaube aber auch, dass es eine enorme Rolle für unsere Generation spielt, sowohl positiv als auch negativ. Ich schreibe über die Vorteile – denn die gibt es, sonst wären wir nicht alle süchtig danach.

Mein Eindruck ist, und das gibt mir Hoffnung, dass gerade junge Menschen, die damit aufgewachsen sind, gewisse Umgangsformen etablieren, die zu einem gesünderen Verhältnis beitragen können. Ich glaube, dass wir mit der Zeit einen Umgang damit finden werden, der gesünder ist als der aktuelle. Wenn man sich beispielsweise jüngere Menschen anschaut, die Real und Snapchat nutzen – das sind Apps, die weniger gefiltert und weniger süchtig machend sind –, dann macht mir das sehr viel Hoffnung. Es muss so sein, denn es ist offensichtlich, wie sehr uns diese mächtige Sucht beeinträchtigt. Da muss sich etwas ändern, und ich glaube fest daran, dass das auch passieren wird.“

Ich habe vor einigen Wochen Gespräch mit einer Frau geführt, die weit über 70 ist. Sie sagte, sie habe das Gefühl, dass sich durch diese digitale Sucht die Beziehungen total verändert haben. Sie wünsche der jungen Generation, dass sie wieder echte Beziehungen führen können.

„Ich würde nicht behaupten, dass wir überhaupt keine echten Beziehungen mehr führen können. Das wäre sehr dramatisch und würde bedeuten, dass wirklich alles verloren ist. Es ist jedoch anders geworden. Besonders im Kontext von Onlinedating wird das deutlich. Wenn ich beispielsweise Tinder öffne, zeigt mir die App an, dass etwa 8000 Männer zur Auswahl stehen. Das ist wirklich verrückt. Wie soll man sich da für jemanden entscheiden, wenn es noch 7999 andere Optionen gibt?

Auf der anderen Seite erleichtert die Technologie teilweise auch das Pflegen von Beziehungen. Zum Beispiel sind meine Freundinnen, die in ganz Europa wohnen, mir näher, weil ich sie ein wenig an meinem Leben teilhaben lassen kann. Das wird manchmal übersehen, ist aber genauso wichtig.

Man muss sich klar machen, dass nichts über echte Begegnungen geht, wie uns die Corona-Pandemie eindrücklich gezeigt hat. Ich bin jedoch sicher, dass man Wege finden kann, damit auf gesunde Weise umzugehen. Diese Wege müssen jedoch aktiv gesucht und gefunden werden. Ignorieren wir, was diese Technologien mit uns machen, werden wir definitiv vor großen Problemen stehen.”

Ich nehme häufig wahr, dass Vertreter*innen verschiedener Generationen das Gefühl haben, man nehme einander etwas weg.

„Es ist wichtig, miteinander wirklich ins Gespräch zu kommen, sich nicht die ganze Zeit Vorwürfe zu machen, sondern zu sprechen. Einander zu fragen: Hey, warum seid ihr denn, wie ihr seid? Wie konnte es denn dazu kommen, dass ihr auf diese oder jene Weise gehandelt habt? Auch in den Bereichen Diskriminierung, Gendern und ähnliche Themen. Ich erlebe da schon auch, dass junge Menschen sehr aggressiv reagieren, wenn irgendein Fehler gemacht wird. Wenn jemand aus Versehen ein Wort verwendet, das man nicht mehr verwenden soll. Wenn es wirklich aus Versehen passiert ist, weil man es nicht besser wusste, dann finde ich es ganz schlimm, darauf einzudreschen, dadurch entsteht nur noch mehr Konfliktpotential. Dem sollten auch Jüngere mit mehr Verständnis begegnen und sagen: Okay, auch die müssen halt einfach noch dazulernen und ich kann dazu beitragen, dass sie dazulernen, indem ich teile, was ich schon weiß. Das finde ich sehr, sehr wichtig.“

…was aber nur geht, wenn die ältere Generation offen dafür ist, Neues zu lernen. Das ist oft nicht der Fall, wenn ich mir zum Beispiel Kommentare anschaue unter einem Post, in dem gegendert wurde.

„Es ist traurig, wenn man nicht mehr dazulernen möchte und Veränderung so viel Angst macht. Und das ist natürlich der große Vorteil der Jugend, dass wir noch diese Offenheit für Veränderungen haben. Und das ist ja das, was Ältere von uns eigentlich gerade lernen können, sich nicht gegen alles zu sperren, was irgendwie neu ist. Ich versuche in dem Buch darüber ohne den erhobenen Zeigefinger zu sprechen, sondern zu erzählen: ,Hey, ich dachte sogar selbst mal, dass Feminismus nicht wichtig ist’. Ich erzähle das ganz bewusst und ich mache mich da ganz bewusst verletzlich, um zu zeigen, auch ich habe dazu gelernt, dann kannst du es auch. Ich komme von dem Punkt, an dem du jetzt vielleicht gerade stehst.

Natürlich ist mir klar, dass man einige nicht erreichen wird, aber da versuche ich mich dann gar nicht darauf zu konzentrieren, sondern die abzuholen, die vielleicht noch abzuholen sind.“

Welche Vision hat sich aus dem Schreiben des Buches für dich und für die Welt, in der du leben willst, entwickelt?

„Die Achtsamkeit und Toleranz, über die wir gesprochen haben, empfinde ich als riesigen Vorteil dieser jungen Generation. Ich glaube fest daran, dass sich die Welt positiv verändert. Natürlich gibt es immer wieder Rückschläge, aber im Großen und Ganzen sprechen wir doch schon anders miteinander und über andere Themen als noch vor ein paar Jahrzehnten. Das erfüllt mich mit viel Mut, und ich bin überzeugt, dass wir in einer offeneren und toleranteren Welt leben werden. Trotz der aktuellen Parteienausrichtungen glaube ich fest daran, dass sich die Mehrheit für andere Werte stark machen wird. Das mag pathetisch klingen, aber ich bin zuversichtlich, dass das Gute überwiegen wird.

„Hoffnung mag manchmal naiv oder passiv wirken, aber sie ist entscheidend, solange sie nicht nur auf dem Hoffen allein beruht.“

Amelie Marie Weber

Dazu benötigen wir Hoffnung. Hoffnung mag manchmal naiv oder passiv wirken, aber sie ist entscheidend, solange sie nicht nur auf dem Hoffen allein beruht. Natürlich muss Hoffnung in konkretes Handeln umgesetzt werden, sonst hat sie keine Wirkung. Doch Handeln wird niemals entstehen, wenn wir die Hoffnung aufgeben. Wer die Hoffnung verliert, wird nichts unternehmen. Deshalb ist Hoffnung für mich von elementarer Bedeutung. Solange wir sie nicht aufgeben, haben wir noch nicht verloren.”

Generation Hoffnung

Das Buch „Generation Hoffnung. Wie junge Menschen zwischen Klimawandel, Krieg und Selfie-Sucht die Zukunft gestalten“ von Amelie Marie Weber findet ihr in der Buchhandlung eures Vertrauens, direkt beim Verlag oder hier. Support your local Bookdealer! Viel Spaß beim Lesen – und Verschenken.

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