Foto: unsplash | Nicole Honeywill

Das ist der wahre Grund, warum Home Office oft nicht funktioniert

Für Arbeitnehmende wird es zunehmend attraktiver, viele Arbeitgeber*innen sehen es allerdings nach wie vor nicht gerne, wenn ihre Angestellten von zu Hause aus arbeiten.

Forderung nach einem Führerschein für Remote-Arbeit

Anette Dönisch von unserem Partner Business Insider fasst die Tipps von Evernotes General Manager Beat Bühlmann zusammen.

Bestimmte Regeln müssen sein

Laut einer Umfrage des deutschen Bundesverbands Digitale Wirtschaft aus dem Jahr 2017 können sich 92 Prozent der rund 700 befragten Arbeitnehmer*innen vorstellen, zumindest an einigen Tagen pro Woche aus dem Home Office zu arbeiten. 34 Prozent der Befragten gaben aber an, dass es bei den Arbeitgeber*innen nicht gut ankommen würde.

Die Begründung dürften die meisten kennen, die schon einmal nach Home Office gefragt haben und deren Vorschlag abgelehnt wurde: Die Produktivität könnte sinken, die Kommunikation sei schwieriger, die Kontrolle quasi unmöglich.

Beat Bühlmann ist General Manager bei der Softwarefirma Evernote. Er leitet das Team EMEA, das für Europa, den Nahen Osten und Afrika zuständig ist. Seine Mitarbeiter*innen sind also über mehrere Länder und Zeitzonen verteilt. Er kennt die Probleme, die Teams haben, die nicht in einem Büro arbeiten, sagt aber auch: Alle Probleme lassen sich einfach lösen.

„Als Teamleiter muss ich verstehen, unter welchen Voraussetzungen meine Mitarbeiter*innen arbeiten“, sagte Bühlmann in einem Vortrag bei der HR-Konferenz Hiring Success. Ihm sei es daher wichtig, alle Teammitglieder gleich zu Beginn eines Projekts zusammenzuholen, damit sie sich persönlich kennen lernen. Das würde später die Kommunikation per Telefon, Videokonferenz oder E-Mail leichter machen. Zudem bittet er alle Angestellten, ihm ihr Home Office oder ihren Arbeitsplatz über Skype zu zeigen.

Wenn Kommunikation zum Problem wird

Der größte Fehler, den er bei diesen „virtuellen Teams“ sieht, steckt seiner Meinung nach oft in der Kommunikation. Genauer gesagt: E-Mails.

„Man muss wissen, wann man eine E-Mail verschickt und wann nicht“, sagte Buhlmann. „Man verschickt ja auch keine E-Mail an die Feuerwehr, wenn es bei einem brennt.“ Zudem habe man keine Kontrolle über seine E-Mail, wenn sie einmal verschickt worden sei — man weiß nicht, an wen sie weitergeleitet wird, wer in BCC genommen wird und so weiter.

Er ermutigt sein Team, zum Telefon zu greifen, wenn es etwas Dringendes oder ein Problem zu besprechen gibt, oder verschiedene Kommunikationskanäle zu kombinieren. Außerdem soll eine E-Mail immer drei W-Fragen beantworten: Wer macht was bis wann?

Nicht jede/ jeder ist für Home Office geeignet

Vor allem aber gibt es bei Home Office oder Remote Work immer eine Sache zu beachten: Nicht alle sind dafür gemacht. Bühlmann versucht deshalb, schon im Bewerbungsprozess herauszufinden, wer für so ein virtuelles Team geeignet ist und wer nicht. „Manche Menschen lassen sich zu leicht ablenken und die eignen sich weniger für diese Art der Arbeit“, sagt Bühlmann.

Um herauszufinden, wer dieses Aufmerksamkeitsmanagement mitbringt, führt Bühlmann mit allen Bewerber*innen Telefoninterviews durch — damit er sich nicht von ihrem Aussehen blenden lässt — und stellt ihnen am Ende des Telefonats zwei Fragen. Er bittet sie dann, ihm diese Fragen per E-Mail zu beantworten (nicht mehr als fünf Sätze) und dabei die Frage noch einmal zu wiederholen.

„Wenn ich dann eine E-Mail bekomme, in der weder die Fragen vorkommen, noch die 5-Sätze-Regel eingehalten wird, dann weiß ich, da hat man mir nicht richtig zugehört.“ Und genau das sei eben ein No-Go, wenn man dauerhaft in einem virtuellen Team arbeiten will.

Gemeinsam mit York Scheunemann von Google hat Bühlmann ein Dossier erstellt, in dem sie eine Art Führerschein für Remote-Arbeit fordern. Wichtig sei dabei vor allem, dass sich die Mitglieder des Teams auf gewisse Richtlinien einigen (wie etwa, dass man auf eine Kalendereinladung innerhalb von 24 Stunden reagieren muss oder auf welche E-Mails man antworten soll und auf welche nicht).

In Buhlmanns Team hat dieses Prinzip offenbar funktioniert. Evernote misst jeden Monat die Zufriedenheit der Teams. Sein Team ist von 54 auf 90 von 100 Punkten bei der Zufriedenheit gesprungen.

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