Foto: Anna Rose

Anna Rose: „Ein gutes Foto muss sich echt anfühlen“

Keine eigene Geschichte erzählen, sondern die vorhandene bildlich unterstützen. Das ist der Gedanke von Anna Rose, wenn sie auf den Auslöser drückt. Was sie macht, um beim Fotografieren im Flow zu bleiben, erzählt sie uns im Interview.

 

Die Frau hinter der Kamera

Wenn wir durch unsere geliebten Magazine blättern, sind es meist Porträts oder ganze Fotostrecken, an denen unsere Augen haften bleiben. Ganz einfach weil die Outfits, das Licht und die Stimmung einfach so perfekt scheinen. Was wir dabei oft vergessen: Die Person kann noch so interessant sein oder gut aussehen – wenn dem Fotograf, oder in diesem Falle der Fotografin, der Blick für den einen Moment fehlt, ist das Foto nicht zu gebrauchen.

Anna Rose hat dieses Gespür, dank ihrer langjährigen Assistenz bei anderen Fotografen und ihres Fotografie-Studiums in Paris. Die heute 34-Jährige stand bereits für Magazine wie „Wired Germany“ , „Interview Deutschland“  oder „Weekender“  hinter der Kamera.

Wir haben mit Anna darüber gesprochen, wann sie das erste Mal eine Kamera in der Hand hielt und wie sie sich als selbstständige Fotografin am besten motiviert.

Was ist das Erste, was du machst, nachdem du aufgestanden bist? 

„Dicke Socken anziehen und Kaffee machen. Und ich versuche, erstmal nicht aufs Handy zu

schauen, aber das fällt mir schwer. Dann mache ich ein bisschen Sport, und wenn dann nicht fotografiert wird, gehe ich ins Büro – ein Gemeinschaftsbüro in Kreuzberg, das ich mir mit Bureau N und freien Kreativen wie Fotografen, Grafikern, Bloggern und Journalisten teile.“ 

Kannst du dich an den Moment erinnern, als du das erste Mal eine Kamera in der Hand hattest? 

„Den einen Moment gibt es nicht, aber ich erinnere mich an die Zeit und meine erste Kamera. Das war eine Canon AE1 von meiner Mutter. Als ich 13 oder 14 war, haben eine Schulfreundin und ich viel Zeit in dem Labor ihres Vaters verbracht, weil wir dort unsere Film selbst entwickeln konnten. Wir haben sogar einen Schwarz/Weiß-Aktfotokurs an der Volkshochschule

gemacht. Daran erinnere ich mich noch gut, denn außer uns waren da sonst nur Männer über 50 Jahren.“ 

Mit einem Berliner Vater und einer amerikanischen Mutter bist du mit zwei Kulturen groß

geworden. Wo fühlst du dich zuhause? 

„In beiden, und immer vermisse ich die, in der ich nicht gerade lebe. Nach zehn Jahren in New York fühle ich mich gerade in Berlin sehr wohl, aber ob ich jetzt für immer hier bleibe, glaube ich kaum.“

Du hast unter anderem schon für Interview Deutschland, Wired, Weekender Magazin und das Zeit Magazin fotografiert. Welche Art von Fotografie macht dir am meisten Spaß? 

„Zeit ist ein Luxus. Wenn der Mensch, den man fotografiert mitmacht und etwas Zeit mitbringt, sodass sich etwas entwickeln kann, ist das ein Geschenk. Hin und wieder, leider noch viel zu selten, mache ich auch eine Reisegeschichte.“ 

Hast du ein Ritual, um dich auf ein Shooting vorzubereiten?

„Ich lese gerne die Geschichte oder das Interview der oder des Fotografierten vorab, wenn es das schon gibt. Außerdem spreche ich mit

der Bildredaktion, was Sinn macht, machbar ist und eventuell, wie später das Layout aussehen soll. Die Teamarbeit mit der Redaktion im Vorfeld ist mir sehr wichtig. Vor Ort passiert dann immer noch genug Unerwartetes. Insbesondere die Dynamik mit der porträtierten

Person lässt sich kaum voraussehen.“ 

Welche Geschichte möchtest du mit deinen Bildern erzählen?

„Oft existiert ja schon eine Geschichte oder grobe Struktur, wenn ich zum Fotografieren komme.

Diese Geschichte versuche ich dann bildlich zu unterstützen. Vor allem ist mir dabei wichtig, dass der Mensch sympathisch und echt wirkt. Ich habe nichts gegen gestellte oder inszenierte Bilder – ganz im Gegenteil, das macht ja auch Spaß – aber es soll sich dann im Ergebnis trotzdem echt anfühlen. Und, das passiert vor allem dann, wenn sich die Person mit mir wohl fühlt.“

Welches ist dein Lieblingsfoto? 

„So ein richtiges Lieblingsbild habe ich nicht, aber ganz besonders mag ich die Bilder meiner Indien-Nepal-Reise. Da habe ich mit einer alten Fuji-Rollfilm fotografiert. Auf den Fotos treffen Film und Farben so stark aufeinander, wie ich es normalerweise nie mit einer Digitalen schaffen könnte.“ 


Eines von Annas Lieblingsfotos: Eindrücke ihrer Reise nach Indien und Nepal.

Was trägst du bei dir, wenn’s mal nicht deine Kamera ist? 

„So lange es noch nicht Winter ist, habe ich meist meine Tischtennis-Kelle im Rucksack. Im Vergleich zu New York bietet Berlin endlose Möglichkeiten, diese auszunutzen.“ 

Freie Fotografin zu sein ist vermutlich nicht immer einfach. Gab es Phasen, in denen du kurz

davor warst, dir eine Festanstellung zu suchen? 

„Ich hatte noch nie einen Plan B, aber das heißt nicht, dass ich mir nicht vorstellen könnte, noch mal

was ganz anderes zu machen und von vorne anzufangen. Nur bisher kam mir da noch keine zündende Idee.“ 

Wie schaffst du es, dich selbst zu motivieren? 

„Ach, ich bin eigentlich recht motiviert. Aber manchmal ist man motiviert und keiner ruft an (lacht). Ganz im Ernst: es ist gut, eigene Projekte zu haben, an denen man arbeiten kann – parallel zu

Auftragsarbeiten, um einfach einen gewissen Flow beizubehalten und die Freude am Fotografieren nicht zu verlieren. Momentan arbeite ich mit anderen Berliner Kreativen an einem Koch- und Lifestyle-Buch über ein

beliebtes, italienisches Restaurant.“ 

Was inspiriert dich? 

„Unerwartetes: Wenn Menschen locker und freundlich miteinander umgehen.“  

Was ist dein Lieblingsplatz in Berlin? 

„Im Winter ist es definitiv die Sauna. Ansonsten gehört die Straße des 7. Juni definitiv zu meinen Lieblingsplätzen. Wenn diese nach einem Event für Autos noch gesperrt ist, ist es immer wieder einzigartig, dort mit dem Rad entlang zu fahren.“ 

Weekender Magazin: Ein Shooting mit Künstlerin Samantha Thomas. Quelle: Anna Rose | Weekender

Sara Nuru für Gala Style. Quelle: Anna Rose | Gala Style

Devendra Banhart für das Weekender Magazin. Quelle: Anna Rose | Weekender

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