Foto: Instagram | @louise.delage

Jung, schön, alkoholkrank – wie ein Suchtproblem auf Instagram unentdeckt blieb

Alkohol ist für viele ein täglicher Begleiter. Aber wie viel ist angemessen und ab wann reden wir von einer Sucht?

 

Der Weg ins Erwachsenwerden: Alkohol

Alles beginnt meist mit dem ersten Glas Sekt an Silvester. In dem Moment, als wir das erste mal Alkohol tranken, fühlten wir uns auf einmal erwachsen. Schon in jungen Jahren ist Alkohol für uns etwas ganz Normales, mit dem man in den Kreis der Erwachsenen aufgenommen wird. Es ist etwas, das zum Älterwerden einfach dazu gehört. An Geburtstagen, Jubiläen, zum Einstand und bei sonstigen Festivitäten wird immer selbstverständlich angestoßen. Aber Alkohol ist nicht ungefährlich, denn manche rutschen in eine Sucht ab oder gefährden ungewollt ihre Gesundheit. 

Ab wann wird es gefährlich?

Nach einer Studie des Bundeszentralamts für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) haben 95,3 Prozent aller 18 bis 25-jährigen schon einmal in ihrem Leben Alkohol getrunken. Also fast alle. Allerdings ist gegen ein Glas Wein oder ein Bier auch nicht viel einzuwenden. Gefährlich wird es erst, wenn man regelmäßig trinkt und der Alkohol zum täglichen Begleiter wird, ohne den nichts mehr geht. Denn oft ist es leider so, dass wir trinken, ohne das es uns bewusst ist. Das Bier oder ein Glas Wein nach der Arbeit gehört für viele zum Tag dazu und helfen, vom stressigen Arbeitsalltag runterzukommen. Aber ist das denn schon Abhängigkeit? Der Suchtforscher Thorsten Kienast sagte gegenüber dem Focus:

„Die Menschen sind sich nicht im Klaren darüber, ab wann sie eine Abhängigkeit entwickeln, denn Alkoholsucht beginnt schleichend.”

Es kann also wirklich beim abendlichen Glas Wein beginnen. 

Eine gelungene Kampagne hat wachgerüttelt

Das größte Problem von Suchtkranken ist, dass sie es selbst nicht merken. Sie halten ihren Konsum für normal und angemessen und sehen das Trinken eher als normalen Genuss an – nicht als Problem. Die französische Suchthilfeorganisation „Addict Aide” hat nun eine Kampagne gestartet, die im Netz für sehr viel Aufsehen sorgte. Hier wurde der Instagram-Account von Louise Delage ins Leben gerufen. Eine hübsche 25-jährige Frau, die ihre Follower mit Bildern aus ihrem täglichen Leben begeisterte. Was allerdings keiner bemerkte: Sie war auf fast jedem Bild mit Alkohol abgebildet. Mal war es eine Flasche Bier, mal ein Glas Wein, mal eine übersprudelnde Flasche Champagner. 

Ihre Bilder kamen sehr gut an. Innerhalb zwei Monaten folgten ihr über 16.000 Menschen.

Louise Delage’s Instagram-Account ist übersät von Bildern mit Alkohol (Quelle: @louise.delage)

Like my addiction

Vor rund einer Woche kam dann der Twist und Louise postete ein Video, das den Account als fiktiv und ihre Bilder als Kampagne outete. Viel wichtiger noch: Das Video zeigte auf, wie oft sie mit Alkohol zu sehen war. Erschreckenderweise in fast jedem Bild. Ihr Kommentar dazu: „Like my addiction”.

Die Kampagne hat das erreicht, was sie sollte. Der Betrachter denkt über den alltäglichen Konsum von Alkohol nach, der in unserer Gesellschaft schon fast zur Normalität geworden ist. Eine Droge, die wir unterschätzen. Wenn man sich die Bilder anschaut, fängt man an darüber nachzudenken, wie man selbst mit Alkohol umgeht und ob vielleicht jemand, den wir gut kennen, das selbe Problem hat wie Louise, wir es aber einfach nicht bemerken, weil es schon so sehr zum Alltag dazu gehört.

Manchmal war der Alkohol ganz unauffällig eingebaut. (Quelle: @louise.delage)

Addict Aide will mit der Kampagne wachrütteln und zeigen, dass wir viel zu wenig über die Droge nachdenken, die in unserer Gesellschaft einen so festen Platz eingenommen hat, obwohl sie die meisten Todesopfer fordert. Die Organisation will erreichen, dass man sensibler mit Alkohol umgeht und ihn wieder als das sieht, was er ist: ein Rauschmittel, das sehr schnell gefährlich werden kann, wenn man nicht aufpasst.

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