Foto: Levi Saunders

Macht los, Kinder! Wieso Urlaub mit Kindern richtig gut sein kann

Wenig führt weiter weg vom Erholungsurlaub als eine Reise mit Kindern. Die Zweisamkeit bleibt daheim, Kondome dienen als Luftballons und Küsse landen neuerdings auf Käsefüßen. Trotzdem gibt es nichts Innigeres, als dem Nachwuchs die Welt zu zeigen.

 

Mit Kind und Kegel

Das Reisen ist eine meiner Lieblingsbeschäftigungen. Immer noch. Trotz der widrigen Umstände. Denn neuerdings mache ich mich meist mit zwei Kindern auf die Socken. Und einem Mann. Im
Gepäck: Spielzeug, Feuchttücher, Schminke, die eh nicht benutzt wird, ein Buch,
das eh nicht gelesen wird, Kondome, die eh nicht benutzt werden, mit Paarzeit
als feuriger Erinnerung. 

Anders sieht es etwa bei meiner Schwägerin aus. Sarah, verherzt mit einem Piloten, meinem Bruder, reist noch ganz und gar romantisiert durch die Gegend. Im Gepäck leichtes Flatterallerlei, die Kamera, Bücher, ein Schminkutensil, Pullen voll Paarzeit. So sehe ich das zumindest mit meinen vor Müdigkeit schweren Mutteräuglein. Im März düsen die zwei Täubchen nach Südafrika.

Und doch: ich will nicht mehr tauschen. Ganz ehrlich. Klar, wenn der Elternabend am
Lagerfeuer wieder mit Kind auf dem Schoss endet, die lange Fahretappe nur
deshalb funktioniert, weil die zehn kleinen Krabbelfinger in Endlosschleife
jodeln, wenn der Stadtbummel durch New Orleans wegen akuter Hungertodgefahr an
der Hotdog-Bude endet oder die Wanderung durch den Nationalpark stirbt, weil
der Doppelbuggy einen Platten hat – dann ist sie da, die Sehnsucht nach dem
Reiseerlebnis ohne Improvisationszauberkoffer, Märchenreiseführer und
Reiswaffelgeruch.

So gehen auch die Kinder früh schlafen

Allerdings sind es auch meistens genau die Situationen, die
Reiseerlebnisse der ganz anderen Art bescheren. Die Hotdog-Bude in New Orleans
entpuppte sich als Geheimtippladen voller Wahnsinnswürstchen inklusive
Plauderstunde mit dem Besitzer und Einblick in die Seele der Stadt. Der Text
der zehn kleinen Krabbelfinger lässt sich mit allem trällern , was das Unterwegssein so mit sich bringt. Wir
haben auf einer Reise durch die USA vom hawaiianischen Hula-Mädchen bis zum
Truckfahrer alles zappeln lassen, was sich unserem Camper-Ungetüm in den Weg
gestellt hat. Und statt die Wanderung mit Doppelbuggy zu machen, haben wir das zweijährige
Kind kurzerhand zum Laufen animiert und das Baby im Vorschnaller verpackt. Fortan
wanderten wir per pedes, das Kind war nach jedem Gang stolz wie Oskar und abends so müde, dass der Elternabend am
Lagerfeuer ab da an überwiegend unter Erwachsenen stattfand.

Wir sind wirklich und wahrhaftig größter Fan der Reise mit
Anhang. Die Elternzeit haben wir bei beiden Nachkommen genutzt, um die Welt mit
Zeit zu entdecken. Bei Nummer eins sind wir von Monat acht bis zehn durch
Thailand, Neuseeland und Australien gerumpelt. Bei Nummer zwei haben wir nach
einem halben Jahr zu viert die USA im Wohnmobil durchquert, in Hawaii einen sonnigwonnigen
Zwischenstopp eingelegt und Weihnachten in New York gefeiert. Beide Reisen
waren viel zu teuer und verrückt. Und sie waren das großartigste, intensivste,
beeindruckendste, lehrreichste Unterfangen, das wir bislang gestartet haben. Auf
allen Reisebildern lachen alle, von ganz klein bis ganz groß. Wenn wir die Fotos
heute anschauen – und das tun wir oft – bekommen wir sofort gute Laune. Und
sind sofort wieder mittendrin in der großen Freiheit! 

Deshalb: macht los, Kinder! Urlaub wird völlig überschätzt. Reisen ist das neue Unterwegssein. Mit und ohne Kleingemüse!

Dieser Text ist in etwas abgewandelter Form zuerst auf dem Blog www.gretasfreunde.com erschienen.

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