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Warum Podiumsdiskussionen nerven und wie man sie besser macht

Podiumsdiskussionen sind immer noch eines der beliebtesten Formate, um Themen öffentlich diskutieren zu lassen. Der Erkenntnisgewinn ist oft gering. Wie kriegt man das besser hin?

 

Das Ziel von Paneldiskussionen

Seit acht Jahren bin ich regelmäßig bei Podiumsdiskussionen dabei, mal als Diskussionsteilnehmerin, in letzter Zeit jedoch auch immer öfter
als Moderatorin. Die Moderation ist die viel größere Herausforderung, denn man
muss sich auf alle Teilnehmer*innen vorbereiten und das Thema der Debatte aus
verschiedenen Blickwinkeln kennen, um gute Fragen zu stellen, die ein
interessantes Gespräch ermöglichen, das zu Ergebnissen führt, viele
Perspektiven berücksichtigt und das Publikum nicht langweilt.

Denn für wen macht man ein Panel, wenn nicht für die
Zuschauer*innen? Und wohl jedem von uns ist es mehr als einmal so gegangen,
dass wir noch während der Diskussion den Raum verlassen haben, wenn wir uns
durch die Reihen hinaus quetschen konnten, wir haben abgeschaltet und nur noch ins
Handy gestarrt, oder man setzt sich von vornherein so, dass man leise und
unauffällig den Raum verlassen kann. Podiumsdiskussionen nerven, sie bringen
selten neue Erkenntnisse und lassen ihre Gäste mit dem Gefühl zurück, gerade
Zeit verschwendet zu haben. Bei vielen Panels auf Konferenzen oder bei
Talkshows ist das so. Woran liegt das eigentlich? Und viel wichtiger: Wie
könnte es besser gehen?

Hier sind die wichtigsten Schritte, damit eine moderierte Diskussion eine Konferenz bereichern kann.

Wähle Gäste aus, die etwas zu sagen haben und
Lust auf fachlichen Austausch haben

Bei Veranstaltungen muss ein Kunststück gelingen: das Panel
muss im Vorhinein so spannend klingen, dass viele Gäste kommen – es muss
dann aber live auch tatsächlich das Versprochene halten können. Doch was uns
die Erfahrung lehrt: die prominentesten Namen liefern nicht immer die
spannendsten Diskussionsbeiträge. Oft verhält es sich sogar so, dass je weiter
oben ein Diskussionsteilnehmer in der Unternehmenshierarchie steht oder je
bekannter eine Person zum Beispiel als Politikerin, Autor oder Expertin ist,
desto vorhersehbarer werden die Statements, desto mehr geht es ihnen um das
Verkaufen ihrer Botschaft, statt um eine Diskussion, die neue – und
vielleicht sogar andere – Erkenntnisse zulässt.

Eine Gästeauswahl, die eine spannende und überraschende
Diskussion ermöglicht, ist daher aus meiner Sicht das allerwichtigste, damit
eine Paneldiskussion die Zuhörer nicht langweilt und auch die anderen Gäste auf
dem Podium nicht einschlafen, während gesprochen wird.

Was sollte dabei beachtet werden? Robert Franken, der
ehemalige CEO von chefkoch.de und regelmäßiger Speaker auf Konferenzen, rät: „Keine
C-Levels, denn die verbreiten in der Regel Parolen aus der Unternehmenskommunikation.
Spannender wird es weiter ,unten‘. Genau das umzusetzen, liegt in der
Verantwortung der Organisationsteams: Sich trauen, neue Personen auf Bühnen zu
setzen, anstatt altbekannte Namen – denn in der Regel kann man mit diesen
Menschen auch leichter persönliche Vorgespräche führen, um sich mit ihren inhaltlichen
Standpunkten auseinanderzusetzen. Bei CEOs oder Spitzenpolitiker*innen telefoniert
man dann häufig nur mit dem Assistenten oder der persönlichen Referentin – die
Vorbereitung leidet darunter. Mein Tipp daher für die Gästeauswahl: Bittet um
ein erstes Gespräch am Telefon. Das ist der sicherste Weg um zu hören, ob eine
Person Lust hat, über etwas zu diskutieren oder eher daran interessiert ist,
Selbstdarstellung zu betreiben.

Die Moderatorin Ninia Binias sagt: „Ich bin zwar recht
harmoniebedürftig, aber bei Podiumsdiskussionen nervt mich oft, dass sich im
Prinzip von Anfang an alle einig sind. Es wird nur noch wenig wirklich
diskutiert. Das hängt mit einer engagierten Moderation und der
Einladungspolitik zusammen. Wenn ich dort im Publikum sitze, will ich nicht
sehen, was ich auch weiß, wenn ich kurz auf den Twitter-Account der Anwesenden
schaue, sondern mit neuen Erkenntnissen und Inspiration rausgehen.“

Was Ninia Binias sagt, bedeute für die Organisation der
Diskussion, tief in die Recherche einzusteigen und nicht gleich die ersten fünf
Personen anzuschreiben, die für das Thema als Expertin oder Experte bekannt
sind. Oft beklagen Organisatoren, es sei schwierig Frauen als Rednerinnen zu finden. Hier findet ihr unseren Guide: So gewinnt man mehr weibliche Speaker.

Um die besten Speaker für eure Runde zu finden, helfen folgenden Fragen:

Was ist die präzise Fragestellung der Runde? 

Denn ist das
Thema zu breit, ufert auch die Diskussion aus und bleibt häufig bei
Allgemeinplätzen stehen. In 45 oder 60 Minuten kann nur eine wirklich scharf umrissene
Frage gut diskutiert werden.

Welche Perspektiven sollen zu Wort kommen? 

Greifen sie
ineinander? Erst wenn ich die Blickwinkel abgesteckt und benannt habe, kann die
Recherche nach geeigneten Speaker*innen beginnen. Zudem sollte man sich fragen, ob
man Gegensätze aufeinander knallen lassen möchte oder vielmehr eine
konstruktive Debatte aufbauen will, in der die Gäste gegenseitig von ihrem
Wissen profitieren, sie auf der Bühne gemeinsam weiterdenken – und das Publikum
somit tatsächlich etwas davon hat, als nur bei den Standpunkten zu klatschen,
die auch sie vertreten.

Ist meine Gästeauswahl vielfältig? 

Die Frage nach Diversität
wird nicht allein mit möglichst unterschiedlichen Standpunkten abgedeckt. Wenn
sich die Gäste in größeren Runden von vier bis fünf Teilnehmern in Alter,
Geschlecht, Status, Herkunft etc. sehr ähnlich sind, erfüllt das Podium nicht
das Kriterium der Vielfalt, selbst dann, wenn die Branche vielleicht eher
homogen ist. Als Organisatorin einer Diskussion kann man sich daher zum
Beispiel fragen: Was können die Diskussionsgäste voneinander lernen? Womit
können sie sich gegenseitig überraschen? Welche Erfahrungen bringen sie mit,
die völlig unterschiedlich sind?

Egal wie viele Gäste auf eurem Podium sitzen (ich empfehle
maximal vier), stellt euch bevor ihr sie final einladet vor, wie die Diskussion
verlaufen könnte. Wenn ihr bei der
Vorbereitung schon neugierig auf die Diskussion werdet und nicht 100 Prozent
wissen könnt, wie sie verlaufen wird, ist das ein gutes Zeichen.

Die Auswahl der Moderation

Eine gute Moderation kostet die Person, die sie übernehmen
wird, viel Vorbereitung. Wer eine Diskussion so moderieren will, dass sie die
Gäste auf der Bühne und die im Publikum beisammen hält, muss das Thema der
Veranstaltung genau kennen und aus verschiedenen Perspektiven betrachten
können. All das kostet Zeit. Selbst dann, wenn ihr also eine Diskussion
organisiert, bei der die Gäste auf dem Podium kein Honorar bekommen (können), empfehle
ich die Moderation grundsätzlich mit mindestens einem Tagessatz zu bezahlen.

Wie finde ich nun eine gute Moderator*in?

Optimalerweise habt ihr die Person schon einmal dabei erlebt, wie
sie moderiert hat, sie hat ihre Arbeit per Video/Audio dokumentiert oder aber
ihr habt einen Tipp von jemandem, dem ihr vertrauen könnt.

Denn was ihr wissen solltet, ist: Nicht jede Person, die
Vorträge hält, die vielleicht selbst ein Team leitet, die beruflich
recherchiert und Themen aufbereitet, kann auch moderieren. Das Können setzt
sich zusammen aus Erfahrung, gewissenhafter Vorbereitung, erlernten Techniken
der Gesprächsführung und Empathie.

Und noch ein Tipp: Es mag zunächst sinnvoll erscheinen,
jemanden auszuwählen, der aus der Branche kommt und schon Fachwissen zum Thema
der Diskussion mitbringt – diese Herangehensweise ist gut, wenn sowohl auf dem
Podium als auch im Publikum Menschen mit sehr hohem Vorwissen sitzen. Ist das
nicht so, verhindert eine Moderation, die selbst zu tief im Thema steckt, zum
einen eine neutrale Moderation, zum anderen wird sie nicht nachfragen, wenn
etwas für Fachfremde vielleicht nicht verständlich ist und zu sehr im
Tunnelblick auf die Diskussion schauen. Menschen, die eine größere Distanz zum
Thema haben, können ihm offener begegnen.

Die Vorbereitung der Moderation

Der Normalfall ist der: die Person, die moderiert, ist nicht oder nur wenig in die Gästeauswahl eingebunden. Daher haben viele Moderator*innen mit dem Problem zu kämpfen, dass ihr Podium unausgewogen besetzt
ist und schwieriger zu moderieren sein sein wird, als ein überlegt besetztes
Podium. Von daher empfehle ich jedem, der moderiert, sich die Gästeauswahl
vorher anzuschauen und basierend darauf zu- oder abzusagen oder Alternativen
vorzuschlagen. Wer als gute*r Moderator*in in Erinnerung bleiben möchte, sollte
sich Möglichkeiten suchen, auf denen er sein Können zeigen kann. Zudem kann ich
als Moderatorin die Veranstalter auf fehlende Diversität aufmerksam machen und
sage: „Nein danke, ein Panel, das nur aus Männern besteht, moderiere ich
nicht.“

In der Vorbereitung geht es dann darum, basierend auf der
Fragestellung des Podiums ein Konzept für die angesetzte Zeit und eventuelle
Einbindung des Publikums zu erstellen. Die Einbindung des Publikums kann gleich
zu Beginn der Veranstaltung sinnvoll sein, um die Aufmerksamkeit zu erhöhen und
ihm das Gefühl zu geben, nicht nur Gast sondern Teil des Gesprächs zu sein.
Eine gute Moderation muss sich auch auf das Publikum einstellen. Zusätzlich zu
den Informationen, die ein Veranstalter zu den erwarteten Gästen geben kann,
kann zum Beispiel die Moderatorin zu Beginn der Diskussion einige Eindrücke
über das Publikum bekommen, in dem sie Fragen stellt und diese per Handzeichen
beantworten lässt.

Als Moderatorin sollte man sich nun außerdem bewusst machen,
wie knapp die Zeit bemessen sein wird, und wie wichtig es daher ist, dass das Gespräch
schnell in den Gang kommt. Die Unternehmerin Béa Beste erzählt: „Panel-Debatten
sind meistens keine Diskussionen. Let’s do the math: Nimm die anberaumte Zeit,
teile sie durch Anzahl der Teilnehmer inklusive Moderatorin  und du hast ungefähr fünf bis sieben Minuten
Redezeit pro Person. Gehe davon aus, dass jeder der Teilnehmer etwa zehn
Minuten vorbereiteten Thesen hat, die PR-relevant sind und die er unterbringen
muss. Es entsteht kein Austausch, sondern eine Aneinanderreihung von PR-Statements.
Um das zu verhindern, braucht es eine verdammt gute Vorbereitung und eine
brillante Moderation.“

Zu einer guten Moderation gehört daher auch ein Briefing der
Gesprächsteilnehmer. Einen Tipp, den ich allen Moderatoren geben möchte, ist
die Gäste des Podiums schon vorab auf die Zeit aufmerksam zu machen und sie zu
briefen, was inhaltlich vom Gespräch erwartet wird. Kurz vor dem Gespräch ist
der Moment günstig, die Teilnehmer noch einmal darauf aufmerksam zu machen, was
der Kern des Gesprächs sein soll, dass die Diskussion auf etwas hinauslaufen soll
und die Zuhörer aus dem Gespräch Anregungen mitnehmen sollen. Die
Aufmerksamkeit der Podiumsteilnehmer hierfür ist höher, als wenn du diese
Hinweise in die Anmoderation aufnimmst, da sie sich auf der Bühne nun schon
gedanklich auf ihr erstes Statement vorbereiten.

Es kann außerdem helfen, die Teilnehmer kurz vor dem
Gespräch noch einmal darauf aufmerksam zu machen, auf die Fragen der Moderation
präzise einzugehen, nicht abzuschweifen oder Eigen-PR zu betreiben und lästige
Angewohnheiten wie die Aussagen des Vorredners zu wiederholen oder anderen ins
Wort zu fallen zu vermeiden.

Um das Publikum von Anfang an einen guten Einstieg in die
Diskussion zu ermöglichen, sollte die Moderation die Teilnehmer kurz und
präzise vorstellen. Daher ist weniger der Lebenslauf des Gastes entscheidend,
sondern die Dinge, die ihn als Experte für das Thema qualifizieren. Man sollte
unbedingt vermeiden, dass die Gäste sich selbst vorstellen, da viele das
einfach viel zu ausführlich zu viel zu langweilig tun.

Was gute Moderation ausmacht

Die Einarbeitung ins Thema, Standpunkte und Expertise der
Gäste bilden das inhaltliche Fundament einer guten Moderation. Es liegt
außerdem schon in der Bezeichnung des Moderierens, dass Neutralität und
Fairness in der Diskussion wichtig sind. Das bedeutet nicht, dass die
Moderatorin keine Haltung haben darf, oft muss sie es sogar, um dem Gespräch
eine Richtung zu geben – jedoch sollte die Redezeit gerecht verteilt werden,
was auch bedeuten kann, dass die Moderation einen anderen Teilnehmer
unterbricht um einer anderen Person das Wort zu erteilen.

Eine gute Moderation ist außerdem souverän und offen: Als
Moderatorin sollte man in jedem Fall einen Gesprächsleitfaden vorbereiten – es
ist jedoch keine gelungene Moderation, 15 vorbereitete Fragen nach und nach abzuarbeiten.
In jedem Gespräch werden sich Themen ergeben, die eine spontane Reaktion
erfordern und durch die Nachfrage des Moderators oder den Einbezug eines
anderen Gastes wichtige Erkenntnisse liefern können. Die Kunst der Moderation
ist es also, gut zuhören zu können, sehr aufmerksam zu sein und zwischen den
Statements der Teilnehmer Bezüge und Unterschiede herausarbeiten zu können, um
dem Gespräch neue Impulse zu geben. Wer moderieren will, muss wach sein und
mitdenken können. Oder in anderen Worten: Die Moderation braucht ein hohes
Interesse, das Gespräch voranzubringen. Als Moderatorin sollte man also
entweder selbst Interesse am Thema mitbringen oder eine Leidenschaft dafür
haben, Wissen zu vermitteln.

Die Kommunikationsexpertin Nicola Wessinghage nennt das: „Produktive
Kontroverse statt Kontroverse aus Kalkül.” Sie sagt: „Eine gute Moderation entwickelt eine
Dramaturgie, die man erlebt, die aber nicht von vornherein offensichtlich ist.
Sie lockt Menschen aus ihrer Reserve und lässt das Unvorbereitete zu.
Ergebnisoffen aber dennoch nicht strategiefrei.”

Die Journalistin Eva Schulz, die regelmäßig Veranstaltungen
moderiert, findet: „Im
besten Fall sucht Moderation nach Gegensätzen und überraschenden
Gemeinsamkeiten zwischen den Teilnehmern, stellt abstraktere Bezüge her, zum
Beispiel durch Beispiele aus anderen Feldern oder Referenz ans aktuelle politische/gesellschaftliche
Geschehen, bindet womöglich noch das Publikum ein und sorgt so dafür, dass auch
wirklich ein Austausch stattfindet, der zu neuen Erkenntnissen führt, die so
vielleicht nur aus dieser Panel-Kombination entstehen können – statt bloßer
Abfrage individueller Standpunkte.“

Was Moderation nicht sein sollte: Selbstdarstellung. Ein
Moderator wird durch sein Können in Erinnerung bleiben. Du solltest aber deine
Fragen nicht dafür nutzen herauszustellen, dass du klüger bist als deine Gäste
oder immer wieder versuchen, eine bestimmte Antwort aus einem Teilnehmer heraus
zu kitzeln, die er nicht geben will.

Wie du als Teilnehmer*in das Podium besser machst

Manche Podiumsteilnehmer setzen sich mit einer gruseligen
Einstellung auf den Sessel auf der Bühne: Sie wollen gewinnen! Aber: Eine
Podiumsdiskussion kann man nicht gewinnen. Wer das mit allen Mitteln versucht,
zerstört die Diskussion, etwa weil er, um die eigenen Redeanteile zu erhöhen,
die anderen ständig unterbricht, zu lange redet oder aggressiv agiert. Und
falls es dir noch niemand gesagt hat: Das Publikum nervt so etwas tierisch.
Denn die meisten Zuhörer sind zu Gast, um einem spannenden Gespräch zu zu hören
und etwas Neues zu lernen – sie sind nicht als Fanclub mitgereist, um
deine Aussagen zu beklatschen.

Daher frag dich als Teilnehmer*in, was du dem Publikum mitgeben
kannst. Was können die Gäste nur von dir erfahren? Was sind die neuen Dinge,
die du ihnen vermitteln kannst? Welches Wissen haben in der Regel nur Expert*innen,
was aber für so viele andere auch relevant wäre? Gerade Podiumsteilnehmer*innen neigen dazu, zuerst an Selbstdarstellung zu denken und damit zu erreichen, dass
sie Aufträge bekommen, für Interviews angefragt werden oder einen Job angeboten
bekommen. Wem es so geht, der sollte sich lieber in die Rolle eines Vortragenden
hineindenken und sich vorstellen, was er anders machen würde, wenn er allein
präsentieren würde. Denn bei einem Vortrag schaltet man viel eher in den Modus
der Wissensvermittlung, bei einer Diskussion mit mehreren kommt  man jedoch schneller in eine Verteidigungshaltung
und bringt zu viel Ego mit auf die Bühne.

Wie man das Publikum einbinden kann

Heute erwartet das Publikum in der Regel, auch bei einer
Podiumsveranstaltung eingebunden zu werden – nicht nur, indem sie über Tweets die Veranstaltung kommentieren. Vielleicht nehmen weitere Menschen
mit Expertenwissen teil, sie haben Fragen oder Ideen, die sie vertieft
diskutieren möchten. Ich finde wichtig, diese Bedürfnisse zu berücksichtigen,
vor allem aus Sicht des Weiterlernens und Vernetzens. Denn vielleicht hat
jemand aus dem Publikum eine noch bessere Frage, als der Moderation eingefallen
ist.

Dennoch bin ich dagegen, Podiumsdiskussionen für
Publikumsfragen zu öffnen. Dieser so gut gemeinte interaktive Part geht so gut
wie immer in die Hose, bildet einen langweiligen oder eventuell holprigen
Abschluss und kann dazu führen, dass Teilnehmer*innen eher den Raum verlassen und
nicht bis zur Verabschiedung bleiben. Bei kleineren Veranstaltungen, bei denen Teilnehmer und Moderation das Publikum einschätzen können, kann das gelingen, je größer das Publikum ist, desto eher tragen Fragen aus dem Publikum nicht positiv zur Runde bei.

Wer Publikumsfragen schon öfter erlebt hat, kennt das
Phänomen, das nur selten echte Fragen gestellt werden, sondern es sich meistens
um Co-Referate handelt, die der Selbstdarstellung des Fragenden dienen, die
einen Podiumsgast persönlich angreifen wollen oder eventuell sogar das gesamte Thema der
Veranstaltung trollen möchten.

Ein weiteres Problem: Oft bleibt am Ende nur sehr wenig
Zeit, um diese Fragen zuzulassen. 25 Menschen möchten etwas fragen, nur drei
kommen zu Wort.

Ja, es geht besser. Dafür müssen wir aber auf alternative Veranstaltungsformate setzen, die das Publikum von Anfang an mitdenken und
seine Rolle neu gewichten. Gerade im Rahmen ganz- oder mehrtägiger Veranstaltungen können verschiedene Formate zum Einsatz kommen, die es den Teilnehmer*innen ermöglichen, in unterschiedliche Rollen zu schlüpfen und sich mehr oder weniger stark einzubringen.

Mein persönlicher Favorit, den ich kürzlich auf einer Veranstaltung in Duisburg erlebt habe, lief so ab, dass mehrere Referentinnen einen kurzen Input-Vortrag (5-10 Minuten) zu ihren Fachthemen gaben, die nahtlos aneinander anschlossen. Danach konnten die Gäste im Publikum auswählen, welches Thema sie vertiefen wollten. Jede Rednerin bekam eine zusätzliche Moderation an die Seite gestellt sowie einen eigenen Raum, in dem dann eine etwa einstündige Fishbowl-Diskussion stattfand, die einen Dialog von „Expertin“ mit möglichst vielen Menschen aus dem Publikum ermöglicht, die nun selbst als Experte etwas beitragen. Die Moderatorinnen aus den Fishbowl-Diskussionen stellten wichtige Punkte dieser Diskussionen später noch einmal in großer Runde vor. 

Das ist nur eine von vielen Möglichkeiten, auf einer Veranstaltung viele Menschen miteinander ins Gespräch zu bringen. Egal für welches Format ihr euch entscheidet, macht euch immer zur Aufgabe, dass die Gäste die Veranstaltung mit neuem Wissen und Denkanstößen verlassen. Wer dieses Ziel zur Priorität macht, ist auf einem guten Weg.

Titelbild: Campus of Excellence – Flickr – CC BY-ND 2.0

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