Kennst du dieses ständige Grübeln? Warum wünsche ich der Person am Check-in-Schalter auch eine gute Reise? Welche guten Argumente sind mir nicht eingefallen, als es darauf ankam? Warum war ich gerade so unbeholfen an der Kasse? – Unsere Autorin Stella Hombach zeigt, ab wann Nachdenken zum Problem wird und wie du mit acht effektiven Übungen besser damit umgehen kannst.
Warum hat die Chefin mich nicht gegrüßt? Hab ich letztens bei der Party etwas Falsches gesagt? Ist die Präsentation wirklich gut genug? Dass wir uns Gedanken über etwas machen, ist normal und nichts Schlechtes. Vielmehr hilft es, uns auf bevorstehende Ereignisse vorzubereiten und Risiken abzuschätzen. Mitunter zeigt es uns auch, dass uns etwas (oder jemand) besonders wichtig ist – sonst würden wir ja nicht so viel darüber (oder über die Person) nachdenken. Oft ist es auch ein Zeichen von Gewissenhaftigkeit, Ernsthaftigkeit und Sorgfalt.
Nehmen allerdings die Sorgen überhand, wird das Nachdenken problematisch. Etwa, wenn sich aus dem fehlenden „Hallo“ der Chefin Ängste entwickeln: Habe ich etwas falsch gemacht? Will sie meinen Vertrag nicht verlängern? Warum mag sie mich nicht mehr? Solche Gedanken helfen uns nicht, die Situation besser zu verstehen, sondern sie blockieren uns. Besonders aufreibend wird es, wenn wir aus dem Gedankenkarussell gar nicht herauskommen. Grübeln wird dies auch genannt. Manche nennen es auch „Overthinking“.
Ab wann intensives Nachdenken zum Problem wird, kommt darauf an, wie sehr es uns belastet. Ein guter Gradmesser kann auch sein, ob es sich negativ auf unseren Alltag auswirkt. Manche Menschen kommen beispielsweise den ganzen Tag nicht mehr aus ihrer Denkspirale raus, sagen aus Unsicherheit Verabredungen ab oder schieben Präsentationen bis zum letztmöglichen Zeitpunkt auf, aus Angst, diese nicht richtig gemacht zu haben.
8 Übungen gegen das Grübeln
Die folgenden acht Übungen können dir jedoch helfen, dein Grübeln besser zu verstehen und im Alltag mit ihm umzugehen. Ein Patentrezept sind sie allerdings nicht, dafür sind die Hintergründe von Grübeleien zu individuell.
- Die Grübelei besser verstehen
Hinter dem Grübeln stecken oft Sorgen. Etwa, als Person nicht liebenswert zu sein oder seinen Job nicht gut zu machen. Durch das Gedankenkarussell verlieren wir uns allerdings meist nur in den Ängsten selbst, ohne sie wirklich ernst zu nehmen. Um das Grübeln zu durchbrechen, kann es daher hilfreich sein, wenn du dich deinen tatsächlichen Sorgen stellst – alleine, mit Freund*innnen oder auch mit therapeutischer Unterstützung.
- Nachdenken als wertvolle Ressource
Statt dich selbst fertig zu machen, dass du immer so viel über Dinge nachdenkst, kannst du versuchen, die Perspektive zu ändern. Wie bereits erwähnt, kann intensives Nachdenken auch ein Zeichen von Gewissenhaftigkeit und Sorgfalt sein oder zeigt dir, dass dir die Person, über die du dir gerade so viel Gedanken machst, besonders wichtig ist. Das sind doch schöne Wesenszüge, oder?
- Entdecke die Ausnahmen
In welchen Situationen grübelst du? Und zu welchen Zeiten setzen die Gedanken ein? Um Muster in deinen Grübeleien zu erkennen, kann ein sogenanntes „Grübeltagebuch“ helfen. In dem trägst du zwei bis drei Wochen lang ein, wann und wie lange die Angst-Gedanken auftreten. Das hilft dir, dein Grübeln besser zu verstehen. Manche Menschen machen sich beispielsweise vor allem Gedanken um ihre Arbeit. Bei anderen sind es Freundschaften, die Erziehung der Kinder oder auch die Klimakrise. Wichtig sind außerdem die Ausnahmen: Denn selbst wenn es dir manchmal so vorkommt, als würdest du nur aus Grübeleien bestehen, so gibt es in der Regel einige Situationen, in denen du gar nicht grübelst. Dass man selbst nicht nur aus Grübeleien besteht, kann entlasten – und es macht die individuellen Problemfelder deutlich.
- Das Grübeln durchbrechen
Je häufiger wir in bestimmten Situationen ins Grübeln geraten, desto stärker werden die negativen Gedankengänge zur Gewohnheit. Das Gedankenkarussell schaltet sich also wie automatisch ein. Es kann daher helfen, das Grübeln bewusst zu unterbrechen. Der erste Schritt dahin ist, das Grübeln als solches wahrzunehmen. Im nächsten Schritt kannst du kreativ werden: Setze dir beispielsweise ein Stoppzeichen. Manche Menschen durchbrechen ihren Grübel-Dialog tatsächlich, indem sie innerlich einfach laut „Stopp“ rufen. Es kann aber auch jedes andere Wort sein, etwa „Nudelsalat“ oder „Kladderadatsch“. Wenn die Situation es hergibt, kannst du das Wort auch laut sagen. Andere Menschen machen auch eine Kniebeuge oder wechseln bewusst den Raum. An dieser Stelle sind deiner Fantasie keine Grenzen gesetzt!
- Gib der Grübelei ein Gesicht
Stell dir vor, bei deinen Grübelgedanken handelt es sich um ein Tier oder irgendeine andere Fantasiegestalt, beispielsweise einen kleinen Gnom mit spitzem Hut und roter Nase. Male dir die Figur bis ins Detail aus: Wie sieht sie aus? Wie redet und läuft sie? Was hat sie an? Als nächstes überlege dir, in welchen Situationen sich die Figur an dich heranschleicht. Was sind das für Momente? Wie bekommst du das mit? – Und: Kannst du dem Wesen vielleicht ein Bein stellen oder es verscheuchen? Dieser spielerische Zugang kann dabei helfen, den Grübeleien ihren Schrecken zu nehmen. Außerdem erlaubt er dir, eine neue Perspektive einzunehmen und ermöglicht Abstand. Allein das kann die Augen für neue Lösungsmöglichkeiten öffnen.
- Schreib dir die Sorgen von der Seele
Das Grübeln auf Papier zu bringen, kann entlasten. Zum einen wirken manche Ängste dann gar nicht mehr so realistisch. Zum anderen gewinnst du auf diese Weise Abstand – und Distanz hilft oft, die eigenen Gefühle etwas zu beruhigen und eine neue Perspektive einzunehmen. Mitunter kann dir auch eine Pro-und-Kontra-Liste helfen. Diese bringt abstrakte Ängste ins Konkrete und macht sie dadurch rational erfass- und analysierbar.
- Vereinbare ein Grübel-Date
Nimm dir täglich 10 bis 30 Minuten Zeit, in der du deine Gedanken ausschließlich grübeln lässt. Überlege dir hierfür, zu welcher Uhrzeit das Grübeldate stattfinden soll, suche dir eine bestimmte Stelle in deiner Wohnung aus und stelle dir einen Timer. Gerne kannst du deine Gedanken auch aufschreiben. Die Idee dahinter: Irgendwann werden die Grübelgedanken nervig und nehmen von selbst ab.
- Sei dir ein*e gute*r Freund*in
Viele Grübler*innen sind von sich selbst und ihren Gedankenspiralen sehr genervt. Manche machen sich sogar selbst fertig, wenn sie sich wieder einmal in ihrem Gedankenkarussell verheddern. An der Situation ändert das allerdings nichts; außer, dass die Personen sich noch schlechter fühlen. Wenn dir das auch so geht, überlege dir doch mal, was du einer guten Freundin sagen oder raten würdest, wenn sie sich mal wieder über sich selbst ärgert. Anderen Menschen mit Milde und Nachsicht zu begegnen, fällt uns nämlich oft leichter als uns selbst. Das ist mitunter zwar schade, lässt sich aber auch gut nutzen.
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