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Spießrutenlauf dank Eiskönigin

Ich liebe Walt Disney und bin ein großer Fan von Zeichentrick- und Animationsfilmen. Doch was uns da seit Jahren auf der Disney-Vermarktungswelle entgegenschwappt, ist unerträglich. Das Schlimmste: Diese Welle erwischt uns alle, zieht uns in ihren Sog und umspült uns mit ihrem Dreck.

 

Als ich ein kleines Mädchen war, haben mich meine Eltern oft zum Einkaufen mitgenommen. Für mich war das ein Highlight, denn spätestens in der Quengelzone witterte ich fette Beute – die bestand damals aus einem Kinderriegel oder einem Ü-Ei. Samstags haben wir manchmal mit der Familie einen Ausflug in die Stadt gemacht. Dann wurde ein Schwung Klamotten für die viel zu schnell heranwachsenden Kids gekauft und alle haben gemeinsam in der Markthalle zu Mittag gegessen. Bei der Klamottenauswahl gab es gelegentlich vielleicht kleine Streitigkeiten bezüglich Farb- und Musterauswahl, aber da hatte man sich meist schnell geeinigt. Zumal ich ohnehin immer die ausrangierten Klamotten meiner älteren Schwester übernehmen musste.

Kindheit mit Walt Disney

Zu meiner Kinderzeit gab es natürlich auch Walt Disney Filme, die wir uns anschauen durften. „101 Dalmatiner“, „Dschungelbuch“ und später dann „Die Schöne und das Biest“, „Der König der Löwen“ oder auch „Arielle die Meerjungfrau“. Ich erinnere mich an Sammelkarten von „Die Schöne und das Biest“, die ich einem Mädchen auf einem Flohmarkt mit meinem eigenen Taschengeld abgekauft hatte. Auf jeder einzelnen waren Szenen aus dem Film, manche Karten glitzerten sogar – sie waren jahrelang mein Schatz.

Bis ich die Sammlung etwa zehn Jahre später einem alten Sack für 3 Euro über eBay verkauft habe (alter Sack vermute ich, da der Kerl Helmut hieß – vielleicht tue ich ihm diesbezüglich auch unrecht). Ich beging dabei den Fehler, das Paket noch vor Zahlungseingang zu verschicken – die Kohle habe ich nie gesehen. Der Verlust meines Lebens, bis dahin!

Und dann kam “Frozen”

Warum ich das erzähle? Um euch, und auch mir noch einmal bewusst zu machen, dass es damals längst nicht so viele Gefahrenzonen für unsere Eltern gegeben hat, an denen sie uns Kinder möglichst unbemerkt vorbeischleusen mussten oder wegen denen sie gar komplett auf einen Stadtbesuch verzichtet haben oder selbigen abbrechen mussten.

Anders heute: Wenn wir, mein Mann und ich, unsere Tochter zum wöchent-lichen Großeinkauf mitnehmen oder zu einem Stadtbesuch mit planmäßigem Klamottenshoppen, dann wird das für uns ein echter Spießrutenlauf. Schuld daran ist Walt Disney, also die Disney Company! Mit dem Film „Frozen“ hat sie eine Lawine ungeahnten Ausmaßes ins Rollen gebracht. Okay, von den Machern des Films vielleicht bis höchst wahrscheinlich erahnt und geplant, uns Eltern (und ich denke, ich kann hier für einige sprechen) hat diese Lawine völlig überrascht und unsere Nerven, unsere geschmacklichen Reglements und unsere Geldbeutel geradezu überrollt.

Welchen Supermarkt man auch ansteuert, in welches Kaufhaus man auch geht, Anna, Elsa und dieser grenzdebile Schneemann Olaf, die Hauptfiguren aus dem Film „Frozen“ (deutsch „Die Eiskönigin“), glotzen einem aus jeder Regalecke entgegen. Müsliverpackungen, Schokoriegel, Pflaster, Haarspangen, Socken, Unterhosen, T-Shirts, Puzzel, Kuscheltiere, Stifte, Musikinstrumente, Fahrräder… es gibt einfach alles davon. Merchandise at it’s best! Und die kleinen Mädchen fahren voll drauf ab! Ich könnte meine Tochter von Kopf bis Fuß mit Elsa behängen. Dann wäre sie überglücklich, leicht entflammbar und könnte später als Figur in einem Greifarmautomaten arbeiten.

Es ist eine Sucht

Zum Glück habe ich die Lage noch einigermaßen unter Kontrolle. Grund dafür ist zum einen, dass ich die Hotspots zu vermeiden weiß und zum anderen, dass ich Tricks anwende, die ziemlich bis sehr genial sind. Es gibt ja, wie erwähnt, alles von diesem Scheiß. So lag bei meiner Tochter an Nikolaus eine Elsa-Zahnpasta im Stiefel. Gesunde Zähne statt synthetische Kleidung oder hässliches Plastikwerk. Aber nur mit Zahnpasta schaffe ich es nicht, den Elsadurst meiner Kleinen zu stillen. Es ist Suchtverhalten. Sie wollen immer mehr! Daher gehören zu ihrer Sammlung längst schon andere Merchartikel, als nur die zur Zahngesundheit: eine Elsa-Baby, ein Elsa-Tutu, Elsa-Haarspangen, -Malbuch, -Kopfkissen, – Rucksack, -Hausschuhe, -Bücher und sicherlich noch Kleinteiliges, das ich längst vergessen oder verdrängt habe.

Schuld an diesem Sammelsurium des Grauens sind zum einen meine Familie – Oma und Tante lieben es einfach, meine Tochter mit diesem Quatsch glücklich zu machen. Zum anderen unsere eigene Schwäche dieser kleinen Person gegenüber. Sie feiert es so sehr, dass man ihr ab und zu eben doch eine Freude mit diesem Frozenkram machen möchte. Aber jetzt ist Schluss! Ganz sicher! Nix mehr von Anna, Elsa, Olaf und dem Rest der Bande. Ich bleibe hart und irgendwann wird der Spaß ja aufhören…

Dachte ich. Und dann lese ich, dass 2018 der zweite Teil, also die Fortsetzung, in die Kinos kommen wird. HELP! Kein Produktionsstopp der Kinderherzen stehlenden Frozen-Merch-Industrie. Stattdessen viele weitere skurrile, verrückte, hässliche, glitzernde, vergenderte Kacke, die überall in den Regalen lauert und weitere Trotzanfälle vor Einkaufsregalen und in Supermarkt-schlangen hervorrufen wird… der Spießrutenlauf geht weiter. Viel Glück, allen Eltern da draußen. Wir schaffen das!      

Dieser Artikel erschien zuvor auf meinem Mama-Blog killepupmitlala.   

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