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Was ich in meiner Schwangerschaft über Selbstfürsorge lerne

Aus einer Schwangerschaft kann man viel lernen – zum Beispiel, wie man sich besser um sich selbst kümmert

 

Seit ich schwanger bin, ist mein Leben besser. 

Damit meine ich nicht, dass meine Schwangerschaft immer nur angenehm ist. Und auch nicht, dass ich keine Ängste oder Zweifel hätte oder dass ich der Meinung bin, dass Muttersein meine alleinige Berufung sei, auf die ich alle die Jahre gewartet hätte. Wie wohl jeder Schwangeren gehen mir sogar sehr, sehr viele Dinge durch den Kopf und ich durchlebe die unterschiedlichsten Gefühlslagen.

Was meine ich also, wenn ich sage, dass mein Leben nun besser ist?

Seit ich schwanger bin, gehe ich besser mit mir selbst um. Und das bereichert mein Leben ungemein.

Am Anfang der Schwangerschaft hat mir ein Rat meiner Frauenärztin enorm geholfen. Sie sagte: „Sagen Sie ruhig Nein zu allen Dingen, zu denen Sie sich sonst überwinden würden.“  Diese Worte haben für mich sofort Sinn gemacht und sie sind für mich zu einer Art Mantra für die Schwangerschaft geworden.

Nach diesem Gespräch ist mir erst bewusst geworden, wie oft ich im Alltag Dinge tue, die sich in dem Moment eigentlich nicht stimmig anfühlen. Oft sage ich mir dann selbst „Stell dich nicht so an“ oder „das schaffst du schon noch“…und so weiter. Erst die entschleunigte Lebensweisein der Schwangerschaft hat mir geholfen, Selbstfürsorge konsequenter in meinen Alltag zu integrieren:

1. Ich höre auf meinen Körper

Als schwangere Frau bekommt man ständig sehr deutliches Feedback vom Körper. Hunger, Müdigkeit, Übelkeit werden viel stärker wahrgenommen als  gewöhnlich. Aus meiner Sicht ist es ein großer Fehler, diese körperlichen Empfindungen einfach auf „die Hormone“ zu schieben und sie dadurch als lästiges Beiwerk des Schwangerseins abzutun. 

Vielmehr können wir froh sein, dass unser Körper so deutlich mit uns kommuniziert.( – Wenn ich das sage, möchte ich nicht respektlos gegenüber den Frauen sein, die von extremer Schwangerschaftsübelkeit geplagt werden oder die Herausforderung bewältigen müssen, neun Monate zu liegen. Ohne Frage kann einem eine Schwangerschaft Übermenschliches abverlangen.–)

Mir geht es hier eher um eine grundsätzliche Haltung dem eigenen Körper gegenüber, die aus meiner Erfahrung förderlich ist, um die Zeit der Schwangerschaft als Bereicherung zu empfinden. 

Für mich ist diese Zeit eine Möglichkeit, zu verstehen, wie mein Körper mit mir kommuniziert und in der ich mich darin übe, seine Bedürfnisse möglichst zu erfüllen. Je mehr ich das tue – mich hinzulegen, wenn ich müde bin, zu essen, wenn ich hungrig bin, mich zu bewegen, wenn ich Bewegung brauche –, desto besser fühle ich mich und desto mehr vertraue ich meinem Körper wieder. Und: Ich habe auch das Gefühl, dass mein Körper mir wieder mehr vertraut! Das klingt vielleicht erstmal seltsam, aber ich spüre deutlich, dass sich mein Körper wieder mehr entspannt, da er merkt, dass seine Botschaften von mir wahrgenommen werden. Im meinem normalen Alltag habe ich sie allzu oft ignoriert und meinem Körper sehr viel abverlangt. 

Die Schwangerschaft eignet sich übrigens auch so gut, um diese Beziehung zum Körper wieder zu stärken, weil es viel eher von anderen akzeptiert wird, wenn man z.B. eine Pause einlegt. Für mich ist das sehr hilfreich, um auch in der Arbeit „im Training“ zu bleiben.

2. Ich achte meine emotionalen Bedürfnisse

Der Körper einer Schwangeren nimmt nicht nur die typischen körperlichen Symptome wie Übelkeit und Müdigkeit sehr deutlich wahr, sondern auch Emotionen werden viel feiner und oft heftiger erlebt. Insbesondere emotionale Reaktionen werden gerne von anderen, aber auch von den Schwangeren selbst, durch die hormonellen Veränderungen erklärt. Und natürlich ist es keineswegs von der Hand zu weisen, dass die Hormone auf körperlicher Ebene für diese veränderte Wahrnehmung verantwortlich sind. Allerdings heißt das nicht, dass man deswegen die eigene Gefühlswelt oder auch das Bedürfnis nach mehr Raum für sich automatisch abwerten sollte. Anders gesagt: Nur weil die Wahrnehmung verfeinert ist, ist sie nicht falsch.

Auch in diesem Fall möchte ich mich nicht dafür aussprechen, ungefiltert alle widersprüchlichen Emotionen auszuleben und die Umwelt damit zu tyrannisieren. Was wir allerdings tun können, ist zu beobachten, wie wir uns fühlen und diese Gefühle auch ernst zu nehmen. Oft steht z.B. hinter einem Gefühl der Angst vor der Geburt einfach das Bedürfnis nach Sicherheit und Aufklärung. Wenn ich das erkenne, kann ich mich meinem Partner oder einer Freundin anvertrauen und dadurch das emotionale Bedürfnis erfüllen. Ähnlich wie der Körper können auch Emotionen durch eine behutsame Aufmerksamkeit beruhigt werden. Gerade für uns Frauen, die wir oft die Bedürfnisse anderer vor unsere eigenen stellen, ist diese erhöhte Sensibilität für die eigenen Emotionen daher eigentlich ein Geschenk. Auch in diesem Bereich können wir in der Schwangerschaft üben, uns selbst näher zu kommen.

3. Ich vertraue meiner Intuition

Nicht nur unser Körper, sondern auch unsere Intuition sendet uns ständig Botschaften. Diese zu erkennen und zu deuten erfordert etwas Übung, denn oft spricht die Intuition sehr leise zu uns. Während der Schwangerschaft erlebe ich es so, dass die Botschaften der Intuition vielleicht nicht lauter, aber deutlicher werden. Ich erlebe häufig intuitive Eingebungen, die mich in eine bestimmte Richtung leiten und gehe diesen immer konsequenter nach. Für mich macht sich die Intuition wie eine innere Stimme bemerkbar, andere erleben sie eher durch Gefühle, innere Bilder oder ein „Bauchgefühl“. 

Schon vor meiner Schwangerschaft habe ich trainiert meiner Intuition zu folgen und ich habe es wirklich nie bereut, wenn ich ihr vertraut habe. Im Moment versuche ich dieses Vertrauen auszubauen – vor allem auch, weil ich das Gefühl habe, dass eine Geburt so ein Erlebnis ist, bei dem eine geschulte Intuition uns helfen kann. 

Auf dieses große Ereignis bereite ich mich deswegen auch mit kleinen Übungen vor und übe mich im Alltag, meinen intuitiven Eingebungen zu folgen. Das können so banale Dinge sein wie die Auswahl der Teetasse am Morgen oder der Weg, den ich mit dem Fahrrad fahre. Oft – nicht immer – erlebe ich hier spontane Eingebungen, denen ich zu folgen versuche. Diese Praxis bringt mehr Ruhe und Gelassenheit in mein Leben, denn ich habe mehr und mehr das Gefühl, nicht mehr so viel mit meinem Verstand entscheiden zu müssen, sondern meinem inneren Kompass vertrauen zu können.

Alles in allem erlebe ich die Schwangerschaft als eine Möglichkeit, wieder mehr in Einklang mit mir zu kommen und auch zu trainieren, diese Verbindung beizubehalten. Das ist für mich ein großes Geschenk  und ich hoffe sehr, dass ich mir etwas von dieser Achtsamkeit mit mir selbst bewahren kann, wenn mein Baby auf der Welt ist. 

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