Auch wenn viele beim Thema „Work-Life-Balance“ mittlerweile die Augen verdrehen: Nur wer eine gute Balance zwischen Beruf und dem Leben jenseits des Jobs hinkriegt, wird auf lange Sicht wirklich zufrieden sein.
Zweifelhafte Karriere eines Begriffs
Auch wenn viele beim Thema „Work-Life-Balance“ mittlerweile die Augen verdrehen: Nur wer eine gute Balance zwischen Beruf und dem Leben jenseits des Jobs hinkriegt, wird auf lange Sicht wirklich zufrieden sein können.
Ich weiß auch nicht genau, wie es passieren konnte, dass der Begriff „Work-Life-Balance“ eine derart zweifelhafte Karriere machen konnte. Mittlerweile wird die Formulierung ja gern genutzt, um Leute lächerlich zu machen, die angeblich als allererstes im Jobinterview danach fragen, ob sie Dienstag auch pünktlich um 17.30 Uhr zum Handballtraining loskommen.
Dass viele Menschen, besonders Männer, ein Problem mit diesem Begriff haben, zeigt vor allem, dass besonders der männliche Arbeitsethos bis vor kurzem ohne größere Variationsmöglichkeiten so aussah: Nur wer richtig ranklotzt, kommt groß raus, erst die Arbeit, dann das Vergnügen; die Arbeitskultur des heimlichen Wettbewerbs, wer abends am längsten am Schreibtisch ausharrt, wird noch heute in gewissen Branchen besonders gehegt und gepflegt.
Was macht uns wirklich glücklich?
Dabei steht fest und ist längst wissenschaftlich belegt: Nur wer das Gefühl hat, die beiden Sphären, die das Leben der meisten Menschen über mehrere Jahrzehnte prägen, nämlich Job und Leben jenseits des Berufs, gut vereinbaren zu können, wird auf Dauer ein Leben führen, das als ein gutes empfunden wird.
Auf Inc. schreibt die Gründerin und CEO Marissa Levin, mit welchen acht Schritten aus ihrer Sicht jede*r dafür sorgen kann, dass die eigene Work-Life-Balance im Gleichgewicht ist. Sie weist erstmal darauf hin, dass die Grenzen zwischen Job und Privatleben für viele von uns mittlerweile stark verwischt sind – und es gerade deshalb immer wichtiger wird, die beiden Bereiche ganz bewusst voneinander zu trennen und das Leben jenseits des Berufes zu schützen. Und sie verweist auf eine aktuelle Studie , nach der Erwachsene in den USA mittlerweile elf Stunden pro Tag online verbringen würden – und damit ständig Gefahr laufen, Berufs- und Privatleben miteinaner zu vermengen.
Das hier ist Levins Liste, mit der wir für unser emotionales und körperlichs Wohlbefinden sorgen können – ohne unsere beruflichen Verpflichtungen zu vernachlässigen:
1. Auf die Gesundheit achten
Ein Punkt, der so selbstverständlich klingt und den bestimmt fast jede*r schon vernachlässigt hat, etwa wenn man sich mal wieder ins Büro schleppt, obwohl der Körper eigentlich ganz klar signalisiert, dass er ein Bett oder ein Sofa bräuchte. Aber wer soll denn sonst die Arbeit erledigen! Sind doch gerade so viele Kolleg*innen im Urlaub! Und die Abgabe nächste Woche! Levin sagt: Wenn wir uns ganz bewusst um unsere Gesundheit kümmern, vermeiden wir, dass größere Probleme in Sachen Gesundheit auf lange Sicht überhaupt entstehen.
Dazu gehören für Levin zwei vermeintliche Selbstverständlichkeiten, die leider für viele keine sind: Regelmäßige Check-up-Termine bei*m Arzt*Ärztin wahrnehmen und einmal die Woche einen Termin blocken für sportliche Betätigung – was auch immer man gerne macht.
2. Puffer einbauen
Für viele von uns entsteht Stress, weil ein Termin den nächsten jagt und wir Angst haben, es nicht zu schaffen. Levin empfiehlt:
– Immer einen 15-Minuten-Puffer zwischen zwei Meetings einbauen.
– Statt 60-Minuten-Meetings lieber welche planen, die nur 45 Minuten dauern – und dabei nur auf die wirklich wichtigen Punkte konzentrieren.
– Sicherstellen, dass jedes Meeting eine Agenda hat und wirklich nur die Leute dabei sind, die nötig sind; vorher schon das Ziel des Meetings skizzieren, damit alle wissen, worum es geht und worauf hingearbeitet werden soll.
– Plane pro Monat einen Tag völlig ohne Termine und damit ohne Termindruck.
3. Halte dich an deine eigene Agenda – und nicht die von anderen
Wie viel Zeit, fragt Levin, verbringen wir eigentlich damit, die wichtigen Punkte auf der Agenda anderer Leute abzuhaken, und nicht auf unserer eigenen? Ihre schlichte Empfehlung: Lernen, „Nein“ zu sagen . Wer selbst schon mit den eigenen Aufgaben kaum hinterherkomme, müsse lernen, abzulehnen, wenn Kolleg*innen noch andere Verpflichtungen auf den Stapel draufpacken wollen.
4. Plane regelmäßige Verabredungen mit deinen Freund*innen ein
Denn: Nichts erfrischt so sehr und rückt die Dinge wieder in die richtige Perspektive wie ein Austausch, ein Telefonat, eine Verabredung mit engen Freund*innen . Damit das nicht unter den Tisch fällt, empfiehlt Levin, ganz bewusst regelmäßige Verabredungen einzuplanen, etwa einen Telefonierabend oder einen Tag pro Woche, der abends für ein Treffen mit Freund*innen reserviert ist.
5. Schönes langfristig planen
Oft fallen Aktivitäten unter den Tisch, weil wir das Gefühl haben, dass wir außer unserer Arbeit zurzeit eh nichts gebacken kriegen und außerdem keine Zeit haben, Schönes außerhalb des Jobs zu organisieren. Levin empfiehlt: Lange im voraus planen, zum Beispiel jetzt schon eine kleine Reise, etwa einen Städtetrip, buchen, die erst in einigen Monaten stattfindet: So hat man etwas, worauf man sich freut, und oft fällt es leichter, sich auf ein Datum in weiter Ferne festzulegen – weil das Datum noch abstrakt ist und der Kalender leer.
6. Sorge für Schlaf!
So einfach, so wichtig: Ausreichend Schlaf. Zu wenig Schlaf ist ein entscheidender Faktor für körperliche und psychische Probleme. Levins Rat: Egoistisch sein! Wer erschöpft ist, geht früher ins Bett, egal wie viel Arbeit vermeintlich noch ansteht. Und die Familie kriegt den Abend auch mal ohne dich rum.
7. Es ist OK, wenn du nicht alles schaffst
Je vollgestopfter unser Leben ist, desto stärker wird das Gefühl, nie auch nur in die Nähe des Endes unserer endlosen To-do-Liste zu kommen. Und das ist absolut OK, sagt Levin – es sei befreiend, sich von diesem zwanghaften Denken zu befreien. Man sollte sich vielmehr sicher sein: Die wirklich wichtigen Dinge auf der Liste bekämen wir immer abgearbeitet, daran müssten wir nicht zweifeln.
8. Denk an die Macht deiner Gedanken!
Nicht unsere Situation stresst uns, sondern unsere Gedanken in dieser Situation – das will Levin allen Leser*innen noch mit auf den Weg geben – ein Hinweis, den bestimmt viele schwer umsetzbar finden. Aber, sagt Levin: Ängstlich und verzagt auf die eigene Sitation zu blicken, oder ständig innerlich zu spekulieren, was alles in Zukunft schieflaufen könnte, würde schlechte Gefühle und Stress nur noch verstärken.
Je anstrengender und vollgestopfter das eigene Leben wird, desto schwieriger wird es auch, andere zufriedenzustellen, sagt Levin – und deshalb sollte der oberste Fokus auf unserer Gesundheit liegen, denn nur dann sind wir überhaupt in der Lage, wirklich für andere da zu sein.
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