Foto: Georg Schiller

Zwischen zwei Welten: Abarna Kugathasan über Mode, Heimat und kulturelle Identität

Abarna Kugathasan ist Designerin und Gründerin des Modelabels „Kitschy Couture“. Sie spricht im Interview über ihre Lingerie-Designs, die von ihrer tamilischen Identität und dem Aufwachsen in der Diaspora geprägt sind. Und sie erzählt, wie ihre Mode kulturelle Grenzen sprengt und Repräsentation neu definiert.

Abarna Kugathasan kam schon früh mit der Modewelt in Berührung: Ihre Mutter, eine ausgebildete Schneiderin, brachte die Kunst des Sari-Handwerks aus Sri Lanka mit in ihr neues Leben in Deutschland. Heute drückt Abarna mit Kitschy Couture die Dualität ihrer eigenen Identität aus und schafft mit gerüschten, von Lingerie inspirierten Kreationen ein märchenhaftes Universum, das sowohl Sehnsucht als auch Heimweh widerspiegelt. Ihr Stil hat bereits internationale Anerkennung gefunden, mit Veröffentlichungen in der Vogue India sowie im i-D Magazine in Frankreich und Großbritannien. Kantom Azad führte das Gespräch mit Abarna Kugathasan in unserem Videoformat “Kakao mit Kanti”.

Liebe Abarna, wofür steht Kitschy Couture?

„Ich habe Mode studiert und in meiner Bachelor-Kollektion wollte ich mich mit meiner kulturellen Identität auseinandersetzen. Meine Eltern sind Tamilen aus Sri Lanka. Aber ich selbst bin in Deutschland geboren und aufgewachsen. ‚Kitschy Couture‘ symbolisiert die Verschmelzung dieser beiden Welten und ist mein persönlicher Ausdruck, wie ich mit meiner kulturellen Identität umgehe. Es spiegelt diese Zwischenwelt wider, in der man sich bewegt, wenn man zwischen verschiedenen kulturellen Einflüssen aufwächst.“

Wie kam es dazu, dass du angefangen hast, Lingerie zu designen? Welche Rolle spielte deine persönliche Geschichte in diesem Prozess?

Foto: Ben Mönks

„Meine Mutter ist Schneiderin für Saris, und ich wollte ihr Handwerk mit meiner Bachelor-Kollektion ehren. Ich habe darüber nachgedacht, was meine kulturelle Identität für mich bedeutet. Zu Hause habe ich unsere alten Familienfotoalben durchgesehen und geschaut, wie meine Eltern gelebt haben, als sie frisch von Sri Lanka nach Deutschland kamen. Da sieht man ein typisch deutsches Wohnzimmer, und mittendrin stehen ein Plastik-Bananenbaum oder eine Schaumstoff-Lotusblüte mit LED-Licht in der Vitrine.

Wenn ich heute in einen Ein-Euro-Shop gehe und eine Lotusblüte sehe, erinnert mich das sofort an meine Heimat. Meine Eltern haben auf eine künstliche Art ihre Heimat nach Deutschland geholt, und ich bin in diese künstliche Welt hineingeboren worden. Deshalb verbinde ich diese künstlichen Gegenstände mit Sri Lanka, weil das die Heimat widerspiegelt, die meine Eltern für mich in Deutschland aufgebaut haben.

Foto: Boris Marberg

Wenn man anderen, die nicht aus dieser Kultur kommen, diese Zwischenwelt näherbringen möchte, muss man sie in das eigene Zuhause einladen und zeigen, wie man aufgewachsen ist. Im Rahmen meines Bachelorprojekts habe ich deshalb eine Ausstellung gemacht. Ich habe unser damaliges Wohnzimmer mit all diesen Plastikelementen nachgebaut, Bilder aus unseren Familienalben und Videos von meinen Kindergeburtstagen ausgestellt und so den Leuten meine Geschichte erzählt. Es war für mich sehr intim, das zu zeigen, denn das Aufwachsen in einer anderen Kultur ist oft mit Scham behaftet. Normalerweise hätte ich das nicht nach außen getragen.

Da waren all diese intimen Gefühle, verbunden mit dem Drapieren der Saris – dem Handwerk meiner Mutter, durch das sie mit ihrer Nähmaschine ein Stück Heimat nach Deutschland brachte. Ich habe mich gefragt, wie ich all das miteinander verbinden kann. So kam mir die Idee, eine Lingerie-Kollektion zu entwerfen. Ich habe mir angesehen, wie ein Sari drapiert wird, und die Unterwäsche auf ähnliche Weise drapiert.

Was ist ein Sari? – Ein Sari ist ein traditionelles Kleidungsstück, das hauptsächlich von Frauen in Sri Lanka, Bangladesch, Indien, Nepal und anderen südasiatischen Ländern getragen wird. Es besteht aus einem langen Stoff, der um den Körper gewickelt wird, wobei eine der Kanten über die Schulter drapiert wird. Der Sari wird mit einer Bluse und einem Unterrock getragen und kann je nach Region und Anlass unterschiedlich gestaltet sein.

Kitschy Couture entstand als Bachelor Projekt meines Modestudiums. Es war nie mein Ziel, ein Modelabel zu entwickeln aber im Endeffekt hat mir das Abschlussprojekt so viel bedeutet und ich hab mich selbst darin so gesehen gefühlt, dass ich nicht aufhören konnte, daran zu arbeiten. Zu hinterfragen, wie ich meine kulturelle Identität definiere, was Heimweh bedeutet und wie ich mir meine perfekte Heimat vorstelle.

Mit der Zeit und der Geburt des Labels sind wir zu einem großen und sehr familiären Team zusammengewachsen. Die Kitschy Shows und die Kollektionen sind beeinflusst von jeder einzelnen Person, die ein Teil dieser Familie ist. Im Sommer 2023 wurden wir zum ersten Mal zum Berliner Salon eingeladen, um im Rahmen der Berliner Fashion Week Kitschy Couture zu präsentieren. Wir stachen wie bunte Kaugummis heraus, weil wir richtig pink und kitschig waren. Das war auch das erste Mal, dass ich mich vor die Kleidung gestellt und meine persönliche Geschichte erzählt habe.“

Warum hast du dich entschieden, Unterwäsche zu designen und nicht zum Beispiel Kleider?

„Es geht bei Kitschy Couture nicht nur um Unterwäsche, sondern um kulturelle Identität: Was bedeutet es, mit Migrationshintergrund aufzuwachsen und das Heimatland zu vermissen? Unterwäsche ist normalerweise etwas, was unter der Kleidung bleibt und was niemand sieht. Durch das Nachaußen-tragen wird sie eine Metapher für die Gefühle und Struggles, die man normalerweise nicht zeigt oder kommuniziert. Jetzt mache ich sie sichtbar für andere.”

Es geht bei Kitschy Couture nicht nur um Unterwäsche, sondern um kulturelle Identität: Was bedeutet es, mit Migrationshintergrund aufzuwachsen und das Heimatland zu vermissen?

Abarna Kugathasan

Wie beeinflussen deine tamilischen Wurzeln und dein Aufwachsen in der tamilischen Diaspora die Designs von Kitschy Couture und deine kreativen Entscheidungen?

Foto: privat

„Ich ziehe viel Inspiration aus meiner Kindheit. Zum Beispiel erinnere ich mich an die Kindergeburtstage. Meine Mama hat mir ein kitschiges, plüschiges Hochzeitskleid genäht und dazu passend eine Buttercremetorte mit einer weißen Baby Born gebacken, die tamilischen Schmuck trug. Das war die Inspiration für unsere erste Show ‚Buttercream Fantasy‘.

Foto: Alina zum Hebel

Auch wie meine Mama uns Kleider genäht hat, wie wir Feste geschmückt und gefeiert haben, wie wir angezogen waren – das alles in einem deutschen Kontext in unserer deutschen Wohnung – prägt meine Arbeit. Kitschy Couture spielt mit diesen Gegensätzen, weil es für mich immer eine Gratwanderung war. Ich komme aus einem sehr konservativen, tamilischen Haushalt, aber bin hier in einem westlich geprägten Umfeld aufgewachsen. Es war immer dieses ständige Hin und Her: Bleibst du in der Mitte, entscheidest du dich für eine Seite? Was fühlt sich für dich richtig an, und was denken andere, was richtig für dich ist?

Kitschy Couture war für mich der Prozess, in diese Zwischenwelt hineinzuwachsen und zu erkennen, dass es etwas Besonderes sein kann, eine Fusion aus beiden Kulturen zu verkörpern. Es können neue Traditionen entstehen, die unsere Wurzeln ehren, aber gleichzeitig Raum für eigene Interpretationen lassen.“

Inwiefern spielt das Gefühl von Heimweh und Sehnsucht in deinen Kollektionen eine Rolle?

„Meine Eltern haben auf kreative Weise ein Stück ihrer Heimat nach Deutschland gebracht und damit unbewusst ihr Heimweh zum Ausdruck gebracht. Ich habe diese Elemente in meinen Designs aufgegriffen und dabei meine eigene Vorstellung einer perfekten Heimat entwickelt – mein ,Artificial Paradise’. Das ,Artificial Paradise’ symbolisiert diese Zwischenwelt. Ein hybrides Universum, das durch die Verbindung gegensätzlicher Kulturen entsteht. Grenzen verschwimmen und Gegensätze können in Harmonie miteinander koexistieren. Das ist mein Weg, eine Heimat für mich zu finden, in der es keine festen Regeln oder Grenzen gibt. Eine Heimat, in der es kein ‚zu deutsch‘ oder ‚zu tamilisch‘ gibt, sondern man einfach so existieren kann, wie man ist. Diese Heimat zelebrieren wir mit jeder Fashionshow.“
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Das ‘Artificial Paradise’ symbolisiert diese Zwischenwelt. Ein hybrides Universum, das durch die Verbindung gegensätzlicher Kulturen entsteht. Grenzen verschwimmen und Gegensätze können in Harmonie miteinander koexistieren.

Abarna Kugathasan

Deine erste Berliner Fashion Show „Buttercream Fantasy“ symbolisierte eine Hochzeit und die zweite Fashion Show „Artificial Paradise – My Honeymoon is everything I dreamed of and more“ stand für die Flitterwochen. Möchtest du darüber mehr erzählen?

„Mit unserer ersten Show ‘Buttercream Fantasy’ wollten wir eine tamilische Hochzeit zelebrieren. Inspiriert von einem weißen Hochzeitskleid und der Buttercremetorte, die meine Mutter zu meinem Kindergeburtstag für mich nähte und backte, entstand unsere erste Bridal Collection. Diese Hochzeit steht symbolisch für Selbstliebe und die vollkommene Akzeptanz der eigenen kulturellen Identität. Die Kollektion bestand aus weißen Brautoutfits, die an Buttercreme, Kuchen und Zucker erinnerten. Wir wollten die Hochzeit und die damit verbundene Selbstliebe auf tamilische Weise zelebrieren. Den Models haben wir gesagt: ‚Das ist eure Hochzeit. Ihr heiratet euch selbst. Ihr lauft alle allein zum Altar.‘

Die zweite Show ‚Artificial Paradise – My Honeymoon is everything I dreamed of and more‘ symbolisierte die Flitterwochen. Nachdem die Braut sich selbst geheiratet hat, fliegt sie allein in die Flitterwochen – in unser ‚Artificial Paradise‘.“

In der südasiatischen Diaspora hat das Thema Hochzeit eine große Bedeutung, vor allem für Frauen, die oft von klein auf darauf sozialisiert werden, dass es ein wichtiges Lebensziel ist. Deine erste Kollektion dreht sich ebenfalls um das Thema Hochzeit. Welche Gedanken hattest du dabei, und brichst du bewusst Konventionen?

Foto: Alina zum Hebel

„Ich fand das Thema Hochzeit für die erste Kollektion sehr passend. Für mich ging es darum, Selbstliebe zu zelebrieren und zu zeigen, dass die Braut sich selbst heiratet. Wenn du in einem Umfeld aufwächst, in dem niemand so aussieht wie du, kann es als Kind schwer sein, dich selbst zu akzeptieren und zu finden. Die Hochzeit in der ersten Show symbolisiert, dass man sich selbst vollkommen annimmt und sich diesen Antrag macht, sich selbst zu heiraten.

Als 28-jährige tamilische Frau werde ich oft gefragt, wann ich endlich heirate. Jetzt finde ich es amüsant, sagen zu können, dass ich im Grunde mit meiner ersten Show geheiratet habe.“

Wenn du in einem Umfeld aufwächst, in dem niemand so aussieht wie du, kann es als Kind schwer sein, dich selbst zu akzeptieren und zu finden.

Abarna Kugathasan

Mir ist aufgefallen, dass die zweite Kollektion um einiges freizügiger als die erste Kollektion war. Das erste Model bei der zweiten Show lief beispielsweise nur mit Tanga und war oben ohne, lediglich ihre Haare bedeckten ihre Brüste.

Foto: Boris Marberg

„Kitschy Couture war von Anfang an ein Unterwäsche-Label. Bei der ersten Fashion Show war ich jedoch noch sehr vorsichtig, weil ich mir Sorgen gemacht habe, wie Unterwäsche aufgenommen wird, gerade weil ich in der Rolle einer kulturellen Vertreterin stehe. Ich habe mir viele Gedanken darüber gemacht, wie ich den Balanceakt schaffe, ‚respektvoll‘ gegenüber der tamilischen Community zu sein, ohne mich dabei selbst zu zensieren. Deshalb war die erste Show etwas bedeckter.

Danach hatte ich dann viel mehr Selbstbewusstsein. Wir hatten lange an den Designs gearbeitet, und ich habe zunehmend meine eigene Stimme gefunden und stand hinter dem, was wir gemacht haben.”

Du hast erwähnt, dass du dir Gedanken darüber gemacht hast, was „respektvoll“ ist. In unserem südasiatischen Kulturkreis stellt man sich oft die Fragen: „Was denken unsere Eltern über uns? Was denken Menschen aus der Community über uns?“ Wie reagiert deine Umgebung?

„Es ist ziemlich gemischt. Ich erhalte viel Unterstützung und positives Feedback von Menschen aus der Diaspora, die sich durch Kitschy Couture empowered fühlen. Für sie ist die Marke eine Repräsentation ihrer Kultur und Perspektiven, was wirklich schön ist. Auf der anderen Seite bin ich bei einigen Dingen vorsichtiger. Ich weiß, dass Kitschy Couture Tabus bricht und sich bewusst über bestehende Grenzen hinwegsetzt. Wir möchten Tradition ehren und uns gleichzeitig nicht von gesellschaftlichen Normen und Regeln einschränken lassen. Wir wollen Raum für neue Denkweisen, Offenheit und Akzeptanz schaffen.“

Ich finde es spannend, dass du trotz deiner unkonventionellen Arbeit immer noch den Druck verspürst, eine „kulturelle Balance“ zu finden, um zu vermeiden, dass die Community es als „zu viel“ empfindet. Ich kann mich gut mit diesem Gefühl identifizieren.

„Ja ich versuche immer einen Mittelweg zu finden. Es ist jedoch schwierig, diese Balance zu finden, besonders wenn man aus einem konservativen tamilischen Haushalt kommt und jetzt als erwachsene Frau ein Unterwäsche-Label gründet. Man wächst mit diesem kulturellen Druck auf, er begleitet dich ständig, denn er ist immer um dich herum. Ich glaube nicht, dass wir uns jemals von diesem Druck vollständig befreien können. Es wird immer ein Tanz geben, bei dem man versucht sich in diesem ständigen Hin und Her in der Mitte zu bewegen. Aber ich finde das nicht schlimm – im Gegenteil, ich sehe es als unsere Stärke. Durch das Aufwachsen in dieser Zwischenwelt können wir Brücken zwischen beiden Seiten schlagen.

Bei unserer zweiten Show spielte zum Beispiel der Musiker Hindol die Sitar, während die Musikerin Fevronia ihn auf der Tanpura begleitete. Für Hindol war es ungewohnt, seine Musik in einem Fashion-Week-Kontext zu präsentieren, und eine Unterwäschekollektion musikalisch begleiten. Ich hatte anfänglich Bedenken, wie er das finden würde, aber er fand es faszinierend und bereichernd, tamilische Kultur auf diese Weise zu erleben.

Die Sitar ist ein indisches Saiteninstrument mit einem langen Hals und vielen Saiten, das sowohl Melodien als auch rhythmische Begleitung spielt. Sie wird oft in der klassischen indischen Musik verwendet und hat einen charakteristischen, resonanten Klang. Die Tanpura ist ein Saiteninstrument, das kontinuierlich einen tiefen, gleichmäßigen Bordunton erzeugt. Sie dient als harmonische Begleitung in der indischen Musik, ohne selbst Melodien zu spielen.

Es ist schön, wenn wir durch die Fashionshows einen Rahmen schaffen, in dem Modernes und Traditionelles koexistieren können. Es clasht nicht, sondern geht Hand in Hand. Diesen Bogen kann man nur spannen, weil man diesen Tanz in der Mitte lebt. Man bewegt sich zwangsläufig zwischen beiden Seiten, und genau deshalb können wir Brücken zwischen den Welten bauen. Natürlich wird es nicht immer funktionieren und es wird immer Menschen geben, die das kritisch sehen. Es gibt sicherlich Leute, die fragen: ‚Wie kann sie nur versuchen, mit Unterwäsche tamilische Kultur zu repräsentieren?‘ Aber es gibt auch viele Menschen, die sich durch unsere Marke repräsentiert fühlen. Oft wird mir gesagt, dass man sich in der Welt von Kitschy Couture wie zu Hause fühlt.“

Deine Designs zeigen viel nackte Haut, was in der südasiatischen Diaspora eher untypisch ist. Spielst du absichtlich mit Themen wie Freizügigkeit, Selbstbestimmung und Selbstheiratskonzepten? Welche Rolle spielen feministische Perspektiven in deiner Arbeit?

Foto: Ben Mönks

„Wenn ich Designs entwickle, mache ich das nicht bewusst, um spezielle Themen wie Freizügigkeit oder Selbstbestimmung zu thematisieren. Diese Konzepte entstehen automatisch. Die kulturellen Einflüsse und der Druck, mit dem man aufwächst, beeinflussen unterbewusst die Konzepte. Sie sind mein Weg, diese Einflüsse zu verarbeiten.

Für unsere Shows wählen wir Menschen aus, die ich bewundere und die mutig sind in dem, wer sie sind. Diese Personen lassen sich nicht von den sozialen Mauern, die gegen uns errichtet wurden, einschränken. Sie sind starke Persönlichkeiten, die sich selbst treu bleiben, auch wenn sie möglicherweise Backlash erfahren.

Bei der Auswahl der Models entscheiden wir nicht nach Geschlecht, wer was trägt. Nachdem wir ein Outfit erstellt haben, überlegen wir, welche Person sich in diesem Outfit wohlfühlen würde. Wir stellen ein Konzept auf, schauen uns unsere Wand mit den möglichen Models an und fragen uns: ‚Wie würde diese Person ihren Honeymoon-Traum leben?‘ Die Outfits sind nicht geschlechtsbezogen, sondern personenbezogen.“

Für unsere Shows wählen wir Menschen aus, die ich bewundere und die mutig sind in dem, wer sie sind. Diese Personen lassen sich nicht von den sozialen Mauern, die gegen uns errichtet wurden, einschränken.

Abarna Kugathasan

Beim Besuch deiner Kitschy Couture Fashion Shows ist mir aufgefallen, dass viele Models mit südasiatischen Wurzeln, unterschiedlichen Körperformen und Größen sowie Menschen aus der LGBTQIA+-Community für dich gelaufen sind. Welche Auswirkungen erhoffst du dir durch diese bewusste Repräsentation in der Modebranche?

Foto: Ben Mönks

„Als ich als Teenagerin Modezeitschriften gelesen oder Fernsehen geschaut habe, habe ich nie jemanden gesehen, der*die aussah wie ich. Mir hat dieses Vorbild gefehlt. Ich denke, mein 13-jähriges Ich hätte sich sehr von den Models, die bei uns laufen, repräsentiert gefühlt. Das finde ich wichtig.

Ich hoffe, dass ich durch meine Mode zeigen kann, wie es ist, in unserer Haut zu stecken und hier aufzuwachsen. Die Menschen, die für uns laufen, kommen unter anderem aus der südasiatischen Diaspora und brechen Konventionen. Mit unseren Fashionshows möchte ich diesen Menschen eine Bühne geben und ihre Vielfalt sichtbar machen.“

Ich denke, mein 13-jähriges Ich hätte sich sehr von den Models, die bei uns laufen, repräsentiert gefühlt.

Abarna Kugathasan

Wie hast du als Person of Color die Modebranche erlebt?

„Ich habe den Eindruck, dass unsere Marke mit der kulturellen Zelebrierung offen empfangen wurde. Trotzdem habe ich das Gefühl, dass in diesen Räumen noch nicht genug Repräsentation stattfindet. Es wäre schön, wenn die Vielfalt noch sichtbarer wäre. Zwar sehe ich, dass sich aktuell etwas in der Modebranche verändert und das Bewusstsein für Repräsentation wächst, aber es gibt noch einen Weg zu gehen.“

Siehst du deine Arbeit als Designerin auch als eine Form von Aktivismus an?

„Ja, auf jeden Fall. Bei der Fashion Week versuche ich, über Themen zu sprechen, die normalerweise nicht angesprochen werden, und offen über meine eigenen Struggles zu berichten. Wir zelebrieren mit unserer Community unsere Identität und die Zwischenwelt, in der wir leben – etwas, das wir sonst nicht so offen zeigen. Es fühlt sich für mich immer an, als ob wir Mauern einreißen, die schon seit Ewigkeiten existieren.“

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