Lange habe ich darauf hingefiebert, nun ist es endlich so weit: Ich habe meinen ersten richtigen Job. Um mich über den ersten Gehaltscheck zu freuen, war ich aber viel zu k.o..
Keinen Kopf fürs
Drumherum
Yeah, der erste richtige Job! Also nicht bloß eine Aushilfsstelle auf 400-Euro-Basis, nein, ein richtiger 40-Stunden-Job mit einem ordentlichem Gehalt! Wobei ich beim Unterzeichnen meines ersten Arbeitsvertrages eigentlich noch gar nicht an die Kohle dachte, sondern daran, dass ich jetzt nicht mehr ausschlafen konnte. Und keine Zeit für nichts mehr haben würde.
Am Anfang war ich primär aufgeregt und machte mir Sorgen, ob
ich die Erwartungen erfüllen würde. Ich legte mich ins Zeug und ackerte
fleißig, damit meine Chefin stolz auf ihren neuen Schützling sein konnte. Versagen
will ja schließlich niemand. Selbst als ich nach einem Monat eine für mich ganz neue steile
Aufwärtskurve auf meinem Kontoauszug sah, beeindruckte mich das eher wenig.
Wahrscheinlich war ich zu k.o. vom anstrengenden Einstieg ins Berufsleben.
Naja, da muss wohl jeder Berufsanfänger durch. Aber in aller Regel pendelt sich nach
einer Weile alles ein und man hat den Kopf frei für das Drumherum.
Ich merkte das erste Mal bewusst, dass ich nun nicht mehr knapp bei Kasse war,
als meine Freundin (die noch studierte) mir am Wochenende für eine Verabredung absagte, weil sie
zwei Abende kellnern gehen musste. Etwas, das ich früher auch regelmäßig tat,
um über die Runden zu kommen. Da dachte ich mir: „Du musst nicht mehr
extra jobben, du hast jetzt ‘nen Job und kannst deine Miete selbst bezahlen. Yes!”
Schluss mit der Abhängigkeitskeule
Ich habe meinen Eltern lange genug auf der Tasche gelegen.
Studium ist scheiße teuer, wenn man Studiengebühren zahlen muss. Da hilft auch
kein Bafög. Die Mieten sind hoch und leben will man ja irgendwie auch. Ich konnte mich mit gefühlt zehn Jobs gleichzeitig irgendwie durchmogeln,
aber schön ist was anderes. Und wenn Mutti und Papi jeden Monat mit anpacken,
steht man irgendwie in einer Verpflichtung, oder?! Also klar, sie machen es ja
gern. Aber sind wir mal ehrlich: Es ist ja nicht immer alles Friede, Freude,
Eierkuchen. Eltern sind nicht immer erfreut über die Entscheidungen,
die das liebe Kind trifft. Und dann schwingt die Abhängigkeitskeule über dem
Ganzen. Ja, finanziell unabhängig zu sein ist verdammt geil, bringt aber auch einige neue Verantwortung mit sich. Ich habe sehr schnell sechs Dinge gelernt.
1. Endlich unabhängig!
Meine Eltern und ich hatten selten solche
Auseinandersetzungen. Aber ich hatte trotzdem keine Lust, sie um einen Zuschuss zu bitten zu
müssen, wenn mir am Monatsende das Geld ausging. Wie sieht denn das aus? Ich
wollte einfach auf eigenen Füßen stehen und mich nicht erklären müssen.
Mein erstes Gehalt investierte ich in eine Lederjacke, nicht so einen Billigscheiß. Ich trage diese Jacke heute immer noch
(fünf Jahre später) und ich liebe sie. Und zwar nicht, weil sie einfach nur
megaschick ist, sondern weil sie geradezu schreit: „Ich bin unabhängig!”
2. Am Ende des Monats ist noch Geld da
Finanziell unabhängig zu sein, bedeutet aber auch, in
manchen Situationen umzudenken. Plötzlich werde ich nicht mehr von meinem
großen Bruder zum Essen eingeladen, weil ich keine Kohle habe. Plötzlich bin
ich es, die öfter einmal eine Runde schmeißt. Ich will nicht sagen, dass ich
geizig bin und dass nicht gern tue. Ich will sagen, dass ich am Anfang unbewusst
sehr auf meinem neu gewonnenen Reichtum gesessen habe, weil es noch gar nicht
in mein Bewusstsein gedrungen war, dass ich auf einmal flüssig war. Diesen
Zustand kannte ich bis dahin einfach nicht. Ich musste nicht mehr überlegen, ob
der Kinobesuch am Samstagabend (zur Prime Time!) noch in mein Monatsbudget
passt oder ob das teure Parfum nicht etwas übertrieben ist. Ich konnte es mir einfach leisten!
3. Fuffis im Club
Als ich das einmal verstanden hatte, setzte eine unangenehme
Fuffis-im-Club-Phase ein. Ich fühlte mich wie Donald Trump und schaute einfach
nicht mehr aufs Geld. Was kostet die Welt? Ich hab’s ja! Bis ich am Monatsende
merkte, dass ich das Geld für die Miete wohl oder übel von meinem Sparkonto
nehmen musste, weil da eine gähnende Leere auf meinem Konto war. Ok, ich war also
doch keine Millionärin! Und auf mysteriöse Art und Weise sind durch die
finanzielle Unabhängigkeit Ausgaben entstanden, die da vorher nicht waren.
Versicherungen zum Beispiel. GEZ. Bäh!
4. Ich entscheide, wofür ich mein Geld ausgebe
Lektion gelernt: Geld zu verdienen ist super, heißt aber
trotzdem nicht, dass man es im Überfluss hat. Ja, ich stehe jetzt auf eigenen
Füßen. Es fühlt sich gut an, selbst entscheiden zu können, was ich mit meinem
Geld anstelle. Mal unvernünftig sein dürfen. Mal einfach das Leben genießen.
Mal in was Gutes investieren, z.B. gemeinnützige Arbeit oder einfach Freunde in
Not. Mal anderen eine Freude machen. Einfach, weil man es kann!
5. Erwachsensein ist kein Zuckerschlecken
Aber Geld zu verdienen heißt auch, erwachsene Entscheidungen
treffen zu müssen. Was ist mit Altersvorsorge? Welche Versicherungen sind
sinnvoll? Und bloß nicht die Steuererklärung vergessen. Da dröhnt mir schon wieder der
Kopf. Macht aber trotzdem Sinn, sich darüber Gedanken zu machen. Und
noch etwas: Wenn man Geld hat, merkt man erst, wie oft irgendwer
versucht, es einem abzuluchsen. Ich musste lernen, mir die Verträge genau
anzuschauen, bevor ich unterzeichne.
6. Stolz wie Oskar!
Irgendwann wird es normal, arbeiten zu gehen und Geld
zu verdienen. Trotzdem freue ich mich über jede Gehaltsabrechnung und bin
stolz, dass es allein mein Verdienst ist. Der Lohn für meine Arbeit. Meins. Und
wenn ich meine Studi-Freunde über ihr leeres Konto klagen höre, denke ich mir: „Das habe ich hinter mir. Yeah! Aber ihr kommt da auch noch hin.”
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