Foto: MentorMe

Karin Heinzl: „Motivation und Zuverlässigkeit sind im Job viel wichtiger als gute Noten“

Wie finde ich heraus, welcher Job zu mir passt und wie schaffe ich dann den Einstieg in die Berufswelt? All das lernen Studentinnen bei dem Mentorenprogramm MentorMe.

 

Nach dem Studium: Wie finde ich den Einstieg ins Berufsleben?

Studium schön und gut – aber was mache ich mit dem Gelernten eigentlich in der Berufswelt und wo finde ich einen Job, in dem ich mich wirklich aufgehoben fühle? Genau hier setzt das von Karin Heinzl gegründete Mentoring-Programm MentorMe an, das Studentinnen und Mentoren zusammenbringt, die ein Jahr lang gemeinsam am einem Berufsprofil arbeiten – und das kostenlos.

Nachdem das Programm zunächst auf Geisteswissenschaftlerinnen ausgelegt war, wurde es nun auch für alle anderen Studienbereiche sowie die  Absolventinnen geöffnet. Höchste Zeit also, noch einmal mit Karin Heinzl zu sprechen – sie hat uns verraten, welche Herausforderungen die Studentinnen gemeinsam haben, wie sich die Jobwünsche verändert haben und welche Skills bei Berufsanfängern wirklich gefragt sind.

Karin, bei euch hat sich mittlerweile einiges getan. MentorMe nimmt nicht mehr nur Sozial- und Geisteswissenschaflerinnen auf, sondern Studentinnen und Absolventinnen aller Studienrichtungen. Was war der ausschlaggebende Punkt, um sich noch weiter zu öffnen?

„Wir haben letztes Jahr damit begonnen, unser Förderprogramm nur Studentinnen sozial- und geisteswissenschaftlicher Studiengänge anzubieten. Bereits im ersten Programmjahr haben sich aber auch Absolventinnen an uns gewandt, um unsere Angebote – vom Mentoring, Training bis zum Networking – wahrzunehmen. Im Laufe des Jahres und mit jedem Event, jeder Speed-Job-Interview Session, den privaten Touren bei Google, Facebook oder dem Auswärtigen Amt und unserer Kooperation mit Ernst & Young, kamen auch Frauen anderer Studiengänge, die Mentees bei uns werden wollten. Die Unterstützung von Frauen liegt uns wirklich Herzen – wie könnten wir da als Social Startup Nein zu ihnen sagen?“

Sind sich die Studentinnen, in ihren Herausforderungen, einen Job zu finden und ihren Unsicherheiten bzgl. des „Wertes“ ihres Studiums, ähnlicher als man vermuten würde?

„Interessanterweise, ja. Da ist zum Beispiel die Theologiestudentin, die sich fragt, ob sie mit einem geisteswissenschaftlichen Studium in der Strategieberatung Chancen hat. Da ist auch die Absolventin von Umwelt- und Wassermanagement, die in einem Jahr drei Jobs in zwei Ländern hatte, um herauszufinden, dass sie für sich keine Zukunft in dieser Branche sieht und lieber mit und an Menschen arbeitet sowie deshalb systemischer Coach werden will. Die Herausforderung, die es für alle zu meistern gilt, ist, den beruflichen Weg zu finden, der sie erfüllt, an dem sie wachsen und auf dem sie wirken können.“

Kannst du bei den Herausforderungen für die Studentinnen eine Veränderung seit der Gründung von MentorMe feststellen? Gibt es Bewegung – insbesondere von Seiten der Unternehmen?

„Die Herausforderungen der Studentinnen und Absolventinnen, die sich heute bei uns bewerben, sind ähnlich wie noch vor einem Jahr. Allerdings haben sich die beruflichen Wünsche etwas verschoben: Letztes Jahr hatten wir von den 50 Mentees einige, die in die Flüchtlingsarbeit wollten. Heute wollen von den 100 Mentees des zweiten Programmjahres viele in die Politikberatung. Das heißt, berufliche Wünsche gehen auch einher mit gesellschaftlichen Entwicklungen und Gegebenheiten.

Unternehmen erkennen immer häufiger den Mehrwert, der sich auf mehreren Ebenen widerspiegelt: Da ist einerseits der frühzeitige Kontakt zu Studentinnen und Absolventinnen mit Potenzial auf Einstellung sowie die Wertschätzung für die Angestellten, die Mentoren werden und durch das Mentoring ihre Beratungsfähigkeiten ausbauen sowie mit Digital Natives in Kontakt treten … und ganz wichtig: durch die Förderung unserer weiblichen Mentees und des Engagements ihrer Angestellten gewinnen Unternehmen ein positives Employer Branding.“

Noch einmal zum grundsätzlichen Ablauf: Ihr bietet den Studentinnen ein einjähriges Mentoring-Programm. Wie gestaltet sich das aktuell?

„Wir bieten unseren Mentees drei Services: Erstens ein individuelles Mentoring mit berufserfahrenen Mentoren, zweitens ein online und offline Training zu Selbstpräsentation, Rhetorik, Bewerbung, Netzwerkaufbau und Digitale Arbeitswelt und drittens ein großes Netzwerk und viele Networking Events. So erhalten unsere Mentees eine persönliche Beratung, gewinnen an Selbstsicherheit, Praxiswissen und beruflichen Kontakte.“

Aus welchen Bereichen kommen derzeit die betreuenden Mentoren und wie finden Mentee und Mentor dann zusammen?

„Wir haben Mentoren aus allen Bereichen, wie z.B. Stiftungswesen, HR & Coaching, Marketing und PR, Journalismus & Blogging, Politik und Diplomatie, (Digital) Wirtschaft, Wissenschaft, Beratung, (Social) Entrepreneurship, Erwachsenen- und Hochschulbildung, Umweltschutz und Menschenrechte, soziale Bereiche wie Flüchtlingshilfe und viele mehr. Interessierte können sich über ein Formular auf unserer Website anmelden. Im zweiten Schritt schlagen wir passende Mentees und Mentoren einander vor. Erst wenn von beiden Seiten ein ‚Go‘ zueinanderkommt, matchen wir.“

Hast du das Gefühl, dass auch die Mentoren von den Mentees profitieren? Wie sind die Rückmeldungen zu den Erfahrungen durch die Mentoren?

„Ich sage immer: Die besten Mentoring-Teams profitieren voneinander und viele Mentoren spiegeln uns das. Sie haben im Lauf des Jahres über sich selbst reflektiert, sie konnten ihr eigenes Netzwerk und Beratungsfähigkeiten ausbauen und sie haben mit ihren Mentees einen Menschen kennengelernt, der ihnen beruflich und auch freundschaftlich verbunden bleibt.“

Momentan habt ihr noch Plätze für Mentees frei – nach welchen Kriterien sucht ihr die Bewerberinnen aus?

„Am wichtigsten sind uns Motivation, Zuverlässigkeit, Loyalität, der Wunsch, einen Mentor zu bekommen und unsere anderen Angebote zu nutzen. Denn genau diese Eigenschaften sind – mehr als Noten – wichtige Voraussetzungen für den späteren beruflichen Erfolg. Die Frauen, die das aufweisen können, sind auch die Frauen, die später im Job mit Leidenschaft und Einsatz für die Sache arbeiten und ganz nach oben kommen.“

Können sich auch Studentinnen an euch wenden, die noch gar keine Ahnung haben, wo es mit ihnen beruflich hingehen soll?

„Ja, gerne! Wir matchen solche Mentees oft mit Mentoren, die vom Beruf her Coaches sind. Das Tolle an Coaches ist, dass sie vielfach ‚einsetzbar‘ und besonders dann wertvoll sind, wenn unsere Mentees noch viele Fragezeichen in Hinblick auf ihren beruflichen Weg haben.“

Welchen Tipp würdest du Studentinnen geben, die das Gefühl haben, für die heutige Arbeitswelt nicht ausreichend gerüstet zu sein? Geht es vor allem um mehr Mut?

Mut ist eine interessante Sache. Er bringt einen sehr weit und er hilft einem, auf Menschen zuzugehen. Aber wenn man nicht mutig ist, woher soll man zu Beginn Mut nehmen? Ich glaube an das Credo ‚Wissen ist Macht‘. Deshalb rate ich: Sammelt so viel Wissen wie möglich über die Arbeitswelt – durch Gespräche und durch Programme wie MentorMe, die euch Praxiswissen und -kontakte auf dem Silbertablett präsentieren, durch das Besuchen von beruflichen Veranstaltungen und das Lesen von Blogs und Artikeln wie bei Edition F, die euch Einblicke in die Arbeitswelt bieten. Mit diesen Assets im Rucksack – Wissen und Mut – sollte jeder berufliche Weg machbar sein.“

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