Als Leiterin des Hauptstadtbüros des Pharmakonzerns Merck besetzt Maike Becker-Krüger schon mit Anfang dreißig eine Führungsposition. Bei unserem Partner „Capital“ spricht sie über ihr Bauchgefühl als Mentor und warum es wichtig ist, nicht immer Everybody’s Darling sein zu wollen.
Kann man eine Karriere planen?
Maike Becker-Krüger leitet das Hauptstadtbüro des Pharmakonzerns Merck. Davor hat sie als Referentin im Bundeskanzleramt und im Bundesministerium des Innern gearbeitet. Die 32-Jährige gehört zur von Capital gekürten Jungen Elite 2015. Madeleine Hoffmann von unsere Partner Capital Online hat mit ihr gesprochen.
Frau Becker-Krüger, Sie sind erst 32 Jahre alt und schon in leitender Funktion bei einem DAX 30 Unternehmen. Das ist außergewöhnlich. Planen Sie Ihre Karriere eigentlich systematisch?
„Ich glaube nicht, dass man alle Karrierestufen planen kann. Ein Karriereschritt hängt oft damit zusammen, ob man zur rechten Zeit am rechten Ort ist. Da müssen sich Gelegenheiten auch bieten.“
Dann war Ihre Stelle bei Merck auch eine gute Gelegenheit?
„Wenn man mit 31 Jahren das EU-Direktorat des Kanzleramts verlässt und sagt, man will neue Impulse, wird man häufig ziemlich verdutzt angeguckt. Aber ich wollte gerne auch eine andere Seite der politischen Arbeit kennenlernen. Das war für mich ein neuer Anreiz.“
Merck ist ein traditionelles Familienunternehmen. Was genau hat Sie als junge Arbeitnehmerin denn an der neuen Stelle gereizt?
„Ich baue das Hauptstadtbüro auf, das ist wie ein Startup im Unternehmen. Da bin ich niemandem nachgefolgt, sondern fange ganz neu an. Das ist sehr spannend. Außerdem bin ich die Kontaktstelle des Unternehmens zur Politik in Berlin. Auch wenn ich nicht mehr in der aktiven Politikformulierung bin, bleibt mir die politische Komponente erhalten.“
Was interessiert Sie am Unternehmen selbst?
„Interessant war für mich, dass Merck zwar ein DAX-30-Unternehmen ist, aber zu 70 Prozent von der Familie gehalten wird. Das vermittelt Struktur und Nachhaltigkeit. Gleichzeitig ist es aber sehr innovativ – mit flexiblen Arbeitsmodellen, sehr guter Nachwuchsförderung im Unternehmen. Es bewegt sich immer etwas.
„Durch Selbstreflexion alleine kommt man nicht weiter“
Wie sieht Ihr Arbeitsumfeld bei Merck aus?
„In der Kommunikation und Öffentlichkeitsarbeit sind wir sehr viele Frauen. Mein Arbeitsumfeld ist also keineswegs männerdominiert. Das war übrigens auch schon im Kanzleramt so – auch wenn es wenige weibliche Abteilungsleiter gab. Ich denke, erst wenn unsere Generation in Führungspositionen kommt, wird sich das endgültig ändern. Für uns ist das selbstverständlich.“
War Ihr Alter in einem Ihrer Jobs ein Problem?
„Ich glaube, ich war bisher in all meinen Jobs das Nesthäkchen. Natürlich musste ich mich schon gegen ältere Kollegen durchsetzen. Da muss man bestimmt und nüchtern reagieren. Das ist ein Lernprozess. Als ich das zum ersten Mal tun musste, ist mir eine falsche Entscheidung in die Schuhe geschoben worden, die eigentlich ein paar Ebenen über mir entstanden ist. Weil ich das nicht auf mir sitzen lassen wollte, habe ich es offen angesprochen: ,Das war ich nicht und das finde ich auch nicht richtig.’ Danach bin ich ganz aufgeregt in mein Büro zurück und dachte, jetzt müsste ich mir einen neuen Job suchen. Aber meine Reaktion kam gut an. Zu allem ,Ja und Amen’ zu sagen bringt einfach nichts. Ohne Mut geht es nicht.“
Die Gratwanderung zwischen Mut und Übermut fällt vielen jungen Arbeitnehmern schwer.
„Es wird immer Kollegen geben, die finden, man sei aufmüpfig und solle besser einfach denen mit mehr Erfahrung zuhören. Natürlich sollte man das auch manchmal – man kann viel von erfahrenen Kollegen lernen. Deshalb ist es auch besser, nicht frisch von der Uni in eine Führungsposition zu kommen, sondern auf dem Weg dorthin Berufserfahrung zu sammeln. Trotzdem: Mitleid bekommt man geschenkt, Neid muss man sich verdienen. Man sollte natürlich nicht alle Kollegen gegen sich aufbringen, aber wenn manche ein bisschen neidisch auf das sind, was man erreicht hat, ist das ein guter Kompass, der zeigt, dass ich irgendetwas richtig mache. Durch Selbstreflexion alleine kommt man auch nicht immer weiter.“
Auf was sollten junge Menschen bei ihrer Karriereplanung noch achten?
„Einfach einen Job zu machen, weil er sicher erscheint – davon halte ich persönlich nichts. Man sollte tun, was einen interessiert. Nur dann investiert man gerne seine Zeit und Energie in den Job. Dann will man lernen, sich verbessern, man will voran kommen und Verantwortung übernehmen. Um in Berufsfelder hinein zu schnuppern waren für mich persönlich Praktika sehr hilfreich. Man merkt dabei, was einen speziell interessiert und kann sein Studium danach ausrichten.“
„Man wird nie Everybody’s Darling sein“
Und wenn man den Einstiegsjob gefunden hat – wie findet man die richtigen Stufen auf der Karriereleiter?
„Indem man sich auf seine Aufgaben konzentriert ergibt sich automatisch eine weitere Karriereplanung. Allein das berufliche Netzwerk erweitert einem ja den Horizont bezüglich weiterer Möglichkeiten.“
Spielen da Mentoren für Sie eine Rolle?
„Menschen, die einen selbst und den Karriereweg gut kennen, sind sehr wichtig. Sie können oft sehr gut einschätzen, ob ein Job zu einem passt oder ob man die Entscheidung nochmal überdenken sollte. Auch, ob man zum Beispiel eine Beförderung pushen oder erst einmal die Füße stillhalten soll, wissen Menschen mit mehr Berufserfahrung einfach besser.
Ich persönlich habe drei Mentoren, dazu zähle ich auch einen meiner ehemaligen Chefs. Überhaupt: Ich hatte tolle Chefs, von denen ich viel lernen konnte – sowohl im Bundeskanzleramt, als auch im Hessischen Staatsministerium unter Roland Koch. Ein nicht zu vernachlässigender Mentor ist im übrigen auch das Bauchgefühl. Das schlägt bei mir relativ schnell und zuverlässig zu – wenn es sich skeptisch meldet, sollte ich die Sache noch einmal überdenken.“
Um vor einer solchen Entscheidung zu stehen, muss sich erst einmal die Chance auf den nächsten Karriereschritt ergeben. Wie bekommt man die als junger Arbeitnehmer?
„Man muss Selbstsicherheit, eine natürliche Autorität ausstrahlen. Wenn man etwas aus einer persönlichen Überzeugung heraus tut und sich dementsprechend mit einer Sache so gut auskennt, dass man andere beraten kann, kommt das von ganz alleine. In dem, was ich tue, muss ich gut sein. Grundvoraussetzung dafür ist, dass ich es gerne tue. Gleichzeitig sollte man die Offenheit und Neugier auf neue Bereiche mitbringen. Und wichtig bei all der Kompetenz ist natürlich auch, sich durchsetzen zu können. Man muss wissen, dass man nicht mit jedem Kollegen auch befreundet sein muss. Man wird nie ,Everybody’s Darling’ sein – auch wenn viele meinen, das besonders Frauen immer wieder einreden zu müssen.“
Wo treibt Sie Ihre Neugier als nächstes hin?
„Ich leite das Merck Hauptstadtbüro jetzt seit knapp einem Jahr, da bin ich definitiv noch nicht an dem Punkt, wo ich über den nächsten Karriereschritt nachdenke. Die Schnittstelle zur Politik zu sein macht mir sehr viel Spaß. Statt an die nächste Hierarchiestufe denke ich darüber nach, wo ich meine aktuelle Tätigkeit noch diversifizieren kann. Man sollte nicht immer nur nach oben, sondern auch mal zur Seite denken.“
HINWEIS: Die Veröffentlichung des Textes erfolgt mit freundlicher Genehmigung von Capital – Das Online-Portal des Wirtschaftsmagazins Capital mit Reportagen, Analysen, Kommentaren aus der Welt der Wirtschaft und der persönlichen Finanzen.
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