Foto: bridgetjonesmovie.com

Abschied von einer Heldin: Der dritte Teil von Bridget Jones kommt in die Kinos

Am 20. Oktober kommt der dritte, und wahrscheinlich letzte Teil, von Bridget Jones in die deutschen Kinos. Der Titel lässt eher Schreckliches erahnen: „Bridget Jones´ Baby”. Dementsprechend gering waren meine Erwartungen an den Film. Denn ganz ehrlich, Fortsetzungen sind selten so gut wie der erste Teil – ausgenommen natürlich: Harry Potter.

 

Bridget ist zurück 

Die Handlung ist schnell erzählt: Bridget Jones (Renée Zellweger), mittlerweile 43, ist erneut Single und sitzt einmal mehr an ihrem Geburtstag allein in ihrem riesigen roten Schlafanzug in ihrem gemütlichen – und für Londoner Verhältnisse herrlich unrealistischen – Singleapartment. Während die Liebe mal wieder eine einzige große Enttäuschung für sie darstellt, läuft es beruflich mittlerweile sehr gut: Bridget Jones ist Produzentin einer Nachrichtensendung. Die Moderatorin dort (Sarah Solemani) ist gleichzeitig Bridgets beste Freundin. Gemeinsam gehen sie auf britisches Festival, auf dem Bridget einen One-Night-Stand mit einem amerikanischen Milliardär hat. Gespielt wird dieser von Patrick Dempsey, vielen besser bekannt als Mc Dreamy aus Greys Anatomy, der herhalten muss, weil Hugh Grant sich geweigert hat, im dritten Teil mitzuspielen. Eine verständliche Entscheidung.

Aber zurück zur Handlung: Dass ihre lange sexuelle Durststrecke gerade von dem Entwickler einer Datingplattform beendet wurde, weiß Bridget zu dem Zeitpunkt noch nicht. Ungeahnt dessen, sexuell höchstzufrieden, kehrt sie nach London zurück. Kurz darauf begegnet sie auf einer Taufe Marc Darcy (Colin Firth), ihrer großen Liebe, die man schon aus den ersten beiden Teilen kennt. Mal wieder frisch getrennt und immer noch verliebt in Bridget. Eins führt zum anderen und die beiden schlafen miteinander. Dann bekommt Bridget kalte Füße und verschwindet.

Kurze Zeit später stellt sie fest: Sie ist schwanger. Aber, wer ist bloß der Vater? Eine Frage, die sich eine Frau im aufgeklärten England im Jahr 2016 tatsächlich noch stellen muss? Anscheinend ja, denn die 43-jährige Bridget Jones hat mit beiden Männern seit Jahren abgelaufene, vegane Kondome benutzt. Nach langem hin und her klärt sie beide Männer darüber auf, dass sie nicht weiß, wer von ihnen der Vater ist. Den Rest des Filmes entwickelt sich darüber eine Dreiecksgeschichte, gespickt mit viel Slapstick-Humor und wenig wirklicher Offenheit gegenüber Familienkonzepten im 21. Jahrhundert.

Von der alten Bridget ist nicht viel übrig

Eigentlich bin ich wohl ein bisschen zu jung für Bridget-Jones-Nostalgie, vor allem in Anbetracht der Tatsache, dass die „Millennial- Generation”, der ich angehöre, in Form der neuen, jungen, ultrahippen und wahnsinnig humorlosen, Cat-Content-fordernden Chefin von Bridget Jones, mit ihrer bärtigen Hipster-Entourage im Film das Böse verkörpert wird.

Nichtsdestotrotz bin ich enttäuscht. Der erste Bridget Jones Film ist sicherlich auch kein Aushängeschild feministischer Filmkunst, hat aber Anfang der 2000er trotzdem viel für ein offeneres, nicht der Norm entsprechendes Frauenbild getan. Dieser progressive Charakter, von dem ich mich gestern Abend extra noch einmal überzeugt habe, fehlt dem dritten Teil, meiner Meinung nach, komplett. 

Wo steht die Filmindustrie in Sachen moderner Familienbilder?

Dass im Jahr 2016 ein Film produziert wird, in dem es das höchstes Ziel der Protagonistin ist, einen Mann zu finden, mit dem sie endlich: „Happily ever after” sein kann, macht mich wütend. Bridget Jones wünscht sich im dritten Teil tatsächlich nichts sehnlicher als endlich zu heiraten, darf (auch vor ihrer Schwangerschaft) noch nicht einmal mehr rauchen und wird schwanger, weil sie abgelaufene Kondome benutzt und völlig besoffen, auf der Suche nach ihrer ebenso völlig besoffenen besten Freundin, mit einem wildfremden Mann auf einem Festival und kurz darauf mit einem zweiten Mann, mit den gleichen abgelaufenen Kondomen, schläft – ohne im Nachhinein auch nur einen Gedanken an Geschlechtskranheiten zu verschwenden.

Dass im Jahr 2016 ein Film produziert wird, in dem die, als feministische Ikone angepriesene, Protagonistin so naiv ist und bleibt, macht es wohl notwendig, immer wieder und wieder an etwas zu erinnern, dass mittlerweile eigentlich wirklich jedem aufgeklärten Menschen bewusst sein sollte – habe ich zumindest bisher angenommen: Kondome haben Verfallsdaten. Und während vegane Kondome eine super Sache sind, sind abgelaufene es definitiv nicht. Genauso wenig übrigens wie welche, die beschädigt sein könnten.

Wenn eure Kondome seit geraumer Zeit abgelaufen sind, kauft neue! Abgesehen von der Möglichkeit schwanger zu werden und nicht zu wissen, von wem, kann ein kaputtes Kondom euch auch nicht vor Geschlechtskrankheiten schützen. AIDS ist keine Modekrankheit der 1980er Jahre, it is still happening! Vor allem, wenn man ein kaputtes Kondom benutzt, um auf einem Festival mit einer wildfremden Person zu schlafen, nachdem man völlig betrunken nachts ins falsche Zelt gestolpert ist – im Film mag das die romantischste Vorstellung überhaupt sein, im echten Leben sollte man sich nach so einem Erlebnis dringend testen lassen. Auch ein Mc Dreamy kann HIV-positiv sein.

Darüber hinaus ist auch das Verhalten der beiden Freundinnen auf dem Festival kein witziges Zeichen dafür, was für crazy Ladies die beiden sind, sondern viel mehr eines mehr für völlige Naivität. Frauenfreundschaften im 21. Jahrhundert sollte auch auszeichnen, dass man aufeinander aufpasst. #Supportyourlocalgirlgang bedeutet nämlich auch, dass man ein Auge aufeinander hat, vor allem, wenn man gemeinsam unterwegs ist. Das ist keine moralische Ermahnung. Um Himmels Willen, betrinkt euch, habt Spaß, feiert so wild ihr wollt, schlaft mit wem ihr wollt, aber stellt sicher, dass keine von euch unzurechnungsfähig alleine nach Hause geht!

Das gesellschaftskonforme Happy End ist gerettet

Am Ende des Films gewinnt, oh Überraschung, einmal mehr das monogame, heterosexuelle Bild einer Familie, das von einer Hochzeit, dem einzig wahren Lebensziel jeder Frau, gekrönt wird. Immerhin im Geburtsvorbereitungskurs wird dem Zuschauer, in Form eines lesbischen Paares, ein Blick auf andere moderne Familienkonzepte gewährt. Abgesehen davon bleibt durch die Jagd auf das „Happily ever after” wenig Platz für die Realität des 21. Jahrhunderts. 

Ein gutes Beispiel hierfür ist auch Bridget Jones Mutter, gespielt von Gemma Jones. Während sie im ersten Teil von Bridget Jones noch dafür einstand, dass auch Frauen jenseits der 60 ein Anrecht auf ein erfülltes Sexleben haben, strotzt sie im dritten Teil von veralteten Klischees.

Zwar revidiert sie, dank Bridget, angeblich ihre Ansicht, dass alleinerziehende Frauen völlig verloren sind, kann zum Glück am Ende heimlich ja aber doch aufatmen, denn ihre Tochter muss ihr Kind natürlich nicht allein großziehen. Das wäre ja auch wirklich ein Ding. 
Auch ihre Homophobie überwindet Mutter Jones im Laufe des Filmes und nimmt sogar ein schwules Paar – jenseits der 70 – in ihre Wahlkampftruppe auf. Das führt nicht nur zur Erheiterung des gesamten Kinosaals, sondern zeigt auch, wie fest verankert konservative Rollenbilder immer noch sind – egal, ob in Bridget Jones Welt, oder in der Realität.

Wir brauchen auch Vorbilder jenseits der 60 

Wir sprechen viel darüber, dass junge Frauen starke weibliche Vorbilder brauchen, an denen sie sich orientieren können. Diese Vorbilder müssen sichtbar werden, in der Literatur, in der Kunst und eben auch im Film. Und mittlerweile gibt es erfreulicher Weise ja auch viele Beispiele dafür. Vielleicht aber brauchen auch ältere Menschen mehr Vorbilder, die für sie verstaubte Ansichten begraben. Wenn wir wollen, dass sich bald – und nicht erst in 30 Jahren – etwas ändert, geht es nicht ohne diese Menschen. Vielleicht sollten wir auch deshalb endlich aufhören, die Homophobie von Menschen jenseits der 60 als süß darzustellen und ihnen in Filmen Rollen zuschreiben, in denen sie keine reaktionären Weltbilder mehr für sich beanspruchen dürfen.
Festzuhalten ist aber auch: Bridget Jones´ Baby ist unterhaltsam. Wer auf eine gehörige Portion Slapstick-Humor steht, kommt, auch Dank der Schöpferin der Bridget Jones Bücher Helen Fielding und ihrem Mitproduzenten Dan Mazer, dem Borat- und Ali G-Miterfinder, auf jeden Fall auf seine Kosten. Das London der Bridget Jones hat dabei wenig mit der Realität zu tun. Und das ist vielleicht auch gut so. Ach, Bridget, du warst so cool als du jung warst. 

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