Statt altbekannten und doch immer wieder verschobenen Vorsätzen, sollten wir dieses Mal lieber nur ein Ziel verfolgen: mit einem großen Ja zu uns selbst ins neue Jahr starten.
Zwischen Terminen, Geschenken und Gedanken
Zwischen letzten Terminen, neuen E-Mails und den – auch in Gedanken – noch nicht verpackten Weihnachtsgeschenken, zwischen Wintermantel und Online-Bestellung des Kleids für die nächste Reise liegt die To-Do-Liste aus diesem Jahr, die in einem gerade passierten spontanen Energieanfall um die Hälfte schrumpfte. 2017 wird sie dennoch überleben – ich gebe mich geschlagen.
Mit dem Tee in der Hand blicke ich auf das klingelnde Handy, der Name meiner Mutter leuchtet mich grell an. „Hey Mama, was gibt es denn?“, frage ich. „Ach Kind, so viel, so viel. Bald ist Weihnachten und ich habe noch so viele Fragen“, plappert sie los und ich kann mir schon denken, was das für Fragen sein werden. „Ja, also wann kommst du denn jetzt? Und was essen wir denn nun? Ich weiß immer gar nicht, was ich jetzt vegan kaufen soll und bringst du ihn jetzt mit? Also ich will das ja nur wissen, damit ich das Essen planen kann“, sprudelt sie herunter und setzt den letzten Satz rechtfertigend hinterher.
Die Manipulationskrone geht heute an mich
Das mit der Manipulation ist so eine Sache. Bei meiner Mutter bemerke ich sie. Immer und sofort. Das mag sicherlich daran liegen, dass ich meine Mutter einfach schon mein Leben lang kenne und als hochsensibles Kind einer alleinerziehenden Mutter viel Reflektionspotenzial habe, das ich auf nur eine Person kanalisieren kann. Vielleicht ist meine Mutter auch nur besonders schlecht im Manipulieren – um diese Einschätzung treffen zu können, stehe ich ihr wiederum wahrscheinlich zu nah – und am Ende spielt es auch keine Rolle, denn: Wir manipulieren. Alle. Jeden Tag und zu jeder Zeit.
Wir machen das meistens nicht einmal aus negativen Beweggründen, nicht, weil wir vorsätzlich handeln, nicht, weil wir verletzen wollen und auch nicht, weil wir Lügner sind. Vielmehr sind wir, indem wir manipulieren, ziemlich menschlich, weil wir unsere Belange durchsetzen wollen. Der eine mit einem unschuldigen Lächeln, der nächste mit einem gut eingesetzten Lob, meine Mutter mit beiläufigen Fragen. Und ich weiß, eigentlich möchte sie damit nur ihre Wünsche und Interessen geltend machen und weil sie die auf direktem Weg nicht bekommt, manipuliert sie (hoffentlich) unterbewusst, um ihr Ziel zu erreichen.
„Nein, Mama, ich kann dir noch nicht sagen, wann ich da bin oder wie und was es geben wird. Ich hatte noch keine Zeit für irgendwas“, antworte ich eine Spur zu gereizt und lenke das Thema in eine andere Richtung. Die Manipulationskrone geht damit für heute an mich. Dabei hatte ich eigentlich einen ganz anderen Vorsatz: ich wollte mich abgrenzen. Und mit meinem „Nein, Mama“ fühlte es sich auch noch ziemlich gut danach an, bis ich es mit der Notlüge natürlich gegen die Wand fuhr. Aber warum nur ist gerade für uns Hochsensible diese Abgrenzung so eine große Herausforderung?
Dabei hatte ich eigentlich einen ganz anderen Vorsatz: mich abzugrenzen
Abgrenzung ist eigentlich nicht mehr, als die eigenen Bedürfnisse zu kennen und angemessen nach außen zu vertreten – und doch landen wir regelmäßig bei den altbekannten Mechanismen, mit denen wir andere misstrauisch auf Distanz halten, nicht ans Telefon gehen, keine eigene Meinung vertreten, plötzlich wie ein Pulverfass hochgehen oder gemachte Termine kurzfristig absagen. Und das ist auch eine Form von Abgrenzung, nur eben keine besonders höfliche oder dauerhaft effektive. Weder für uns, noch für die anderen.
Begründet werden diese seit der Kindheit gelernten und genutzten Strategien in Schuldgefühlen, der Angst, andere zu verlieren, andere zu verletzen, mit schlechten Vorbildern, mit Grenzüberschreitungen in der Kindheit, dem Gefühl von Machtlosigkeit oder auch durch sich selbst nicht gesetzte Grenzen. Aber heute sind wir erwachsen und haben unsere Muster und Strategien selbst in der Hand, können wählen, wie wir mit uns und anderen umgehen, wie wir uns sehen und wie wir gesehen werden wollen. Wir haben die Verantwortung für uns und sollten genau diese nutzen. Damit der andere weiß, woran er überhaupt ist, wer wir sind und was wir für okay befinden. Weil es ein gutes Gefühl ist, für sich selbst und die eigenen Bedürfnisse einzustehen. Und für gewöhnlich auch weit weniger schlimm, als wir in unseren gedanklichen Endzeitszenarien immer so annehmen. Dafür genügt ein schlichtes Nein, ohne viel Rechtfertigung, bedarf wenn nur ehrlicher Erklärung.
Und weil ich nächstes Jahr mehr Klarheit statt Chaos im Kopf haben, weil ich vor Überforderung und zu vielen Jas keine To-Do-Liste übertragen will, steht auf meiner To-Do-Liste 2018: abgrenzen.
Podcast für Hochsensible
Erst Mitte des Jahres hat die Autorin Maria Anna Schwarzberg den Podcast „Proud to be Sensibelchen“ ins Leben gerufen – ein Podcast für Hochsensible, Emotionale und Menschen, die sich weiter entwickeln wollen. Mittlerweile zählen die aktuell 55 Folgen insgesamt mehr als 250.000 Downloads.
In ihrem neuen Projekt „I AM Proud to be Sensibelchen“, dem dem Bootcamp für Hochsensible, hilft Maria-Anna Schwarzberg dabei, dich, deine Hochsensibilität und deine Werte besser kennenzulernen. Außerdem arbeitet ihr Gemeinsam an deinen Glaubenssätzen, um dich selbst mehr zu mögen.
Wenn du dabei sein willst, kannst du dich hier noch bis 23. Dezember anmelden. Am 5. Januar geht das Bootcamp los.
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