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Angst vor der 30? So ein Schwachsinn, älter werden ist großartig!

Egal ob 20, 30 oder 40 Jahre. Es sind die Erfahrungen die uns prägen und verändern – nicht das Alter, schreibt unsere Community-Autorin Annelie Schober. Also freut euch übers Älterwerden!

 

Wieso macht ihr euch solche Gedanken um euer Alter?

Es erstaunt mich immer wieder, wie wichtig der Übergang in die eigenen 30er genommen wird. Ich habe mir bis zu meinem dreißigsten Geburtstag keine großen Gedanken darüber gemacht. Es ist lediglich eine Zahl, die nichts an meinem Leben ändert. Dann steht da eben nun eine Drei. So what?

Letztlich habe ich erst damit angefangen mich mit dieser Nummer zu beschäftigen…

1. nachdem ich nun häufiger gefragt werde, wie es denn so sei mit Dreißig

2. bereits diverse Artikel zu dem Thema im Netz umher geistern und

3. ein Typ im Club fast hyperventilierte, als er mir davon berichtete, wieviel Angst er davor hätte, nächstes Jahr Dreißig zu werden.

Von einer Ü30-Frau: Macht euch nicht verrückt!

Ich fühle mich nun stark verpflichtet, hier mal eine paar Worte einer Ü30-Frau zu äußern denn: Was soll denn von heute auf morgen passieren?

Ich sage euch, was mir passiert ist:

Ich habe nicht erst mit Dreißig angefangen mein Leben zu resümieren. Das begann bereits mit Mitte Zwanzig und erstreckt sich bis zum heutigen Tag. Aber neben den ganzen Labeln, die ich mir nun angeheftet werden (MILF, Mutti, alte Frau), bin ich mir mit mir selbst vor allem einig geworden, in Zukunft besser auf mich aufzupassen. Das äußert sich unter anderem darin, dass ich mich von Menschen, die meine Energie saugen und mir nicht gut tun, distanziere. Ich steige nicht mehr mit dem Typ, der eigentlich eine Freundin hat, ins Bett. Ich habe beschlossen, mich mit den Frauen zu solidarisieren und nicht mein Ego ganz nach vorn zu stellen.

Die 30 macht Angst, weil wir das Gefühl haben, nun erwachsen sein zu müssen

Nachdem ich mich nun also unweigerlich mit meiner offenbar „angsteinflößenden“ Jahreszahl beschäftigen musste, stellte ich fest, dass die Drei einfach keine gute Nummer ist. Sie signalisiert so etwas wie Ernsthaftigkeit und Erwachsenwerden. Sie erweckt bei einigen Männern den Eindruck, sie müssten nun Ausschau nach einer jüngeren knackigeren Frau halten. Aber das ist fatal, denn ab 30 blühen die meisten Frauen erst so richtig auf und wissen besser denn je über das Leben und sich selbst Bescheid. Erfahrung ist das Zauberwort, das einem mehr Ruhe gibt denn je.

Altern ist ein natürlicher Prozess, den jeder mit Würde durchlaufen sollte. Natürlich muss man sich als Frau irgendwann mit dem Thema Falten auseinander setzen. Mittlerweile verzeiht mir meine Haut eine Nacht ohne Abschminken nicht mehr so gut wie früher. Trinke ich zu wenig Wasser, sehe ich aus wie eine Rosine. Langsam schreit mein Körper vor allem nach mehr Bewegung. Ich hab selbst in der Hand wie ich aussehen will. Im Dunkeln schätzen mich die meisten auf Anfang bis Mitte Zwanzig und im Hellen, naja, da variiert das etwas. Es gibt immer wieder Phasen, da schminke ich mich nicht und finde mich schön. Momentan ist Schminke jedoch mein bester Freund. Mit dem Alter habe ich gelernt, die Signale meines Körpers sehr gut zu deuten, gehe aber trotzdem nicht immer darauf ein. Das ist allerdings nicht so optimal. Macht es besser als ich.

Was sich in Liebesangelegenheiten mit dem Alter verändert

Ein weiteres Thema, das uns „in die Jahre gekommenen“ Dreißiger natürlich auch nach wie vor beschäftigt, ist die Liebe. Unlängst verfolgte ich ein Gespräch von zwei jüngeren Mädchen neben mir auf der Toilette. Es war so spannend, dass ich es mir eine Weile in meiner Kabine bequem machte. Die beiden erzählten über einen Mann, den die eine kennengelernt hatte. Eine von beiden betonte, wie emotional das alles sei, dass sie wirklich total verliebt ist und er sich aber nicht festlegen wolle. Gut, dass ich mich bereits auf der Toilette befand denn ich möchte bei diesem Thema meistens gern kotzen. Never ending story: Niemand will sich festlegen!

Da dachte ich an genau zwei Dinge:

1. Die arme Maus, jung und schön, hat Liebeskummer. Kommt mir in meiner dreißigjährigen Laufbahn sehr bekannt vor.

2. Die arme Maus, soll dem Typ eine Ansage machen und dann weiterziehen.

Nummer zwei macht man nämlich, wenn man schon ein bisschen viel Lebens-
und Liebeserfahrung hat. Jedenfalls manchmal. Ich erinnere mich an meine erste große Liebe und wie ich gefleht habe, er möge mich nicht verlassen. Das passiert mir heute nicht mehr. Wenn ein Mann mich nicht will, dann werde ich natürlich auch traurig, wütend, lösche alle Nachrichten und nach zwei Wochen Überzeugungsarbeit, dass der Typ sowieso nicht für mich bestimmt ist, geht das Leben (leicht betrübt) weiter. Ich glaube nämlich daran, dass wir jeden Menschen aus einem gewissen Grund treffen.

Mit dem Alter relativiert sich vieles

Jedes Mal wenn ich Liebeskummer hatte, war das die Zeit, in der ich am meisten über mich gelernt habe, am kreativsten war und sich viel in mir veränderte. Liest man meine Tagebücher im Alter von 20 bis etwa 27, könnte man meinen, ich wäre der unglücklichste Mensch auf Erden. Ich zitiere: „Heute hat sich A. nach zwei Monaten gemeldet, ich wusste, dass wir verbunden sind! Diese Connection, die ich die ganze Zeit fühlte, ist einfach da. So krass! Vielleicht treffen wir uns in den nächsten Tagen, er weiß noch nicht genau wie lange er arbeiten muss!“

Ja nee ist klar! Wir sind so stark verbunden, dass wir mittlerweile seit Jahren gar keinen Kontakt mehr haben. Der hat mich auch immer schön hingehalten und ich hab das vor meinen Freunden stets gerechtfertigt. Damals habe ich allerdings zwei Jahre gehofft, dass wir zusammenkommen. Ich wollte einfach nicht aufgeben und dachte ernsthaft, den oder keinen. Verrückt! Schön war auch: „Ich wünsche mir nur noch eine Nacht mit ihm, ein einziges Mal bei ihm sein. Danach werde ich endgültig einen Schlussstrich ziehen.“ Zehn Einträge weiter gab`s noch mehrere „letzte Nächte“ und bittere Tränen.

Wie naiv und traurig ich oftmals war. Manchmal hatte ich solche Herzschmerzen, dass ich nicht atmen konnte und stundenlang die deprimierenste Musik gehört habe, in der Badewanne lag und trotz  verschrumpelter Haut liegen blieb, bis das Wasser kalt war. Meine beste Freundin musste mir minütlich sagen, dass alles gut wird. In dieser Zeit habe ich meistens viel geschrieben und es überkam mich ein Einfallsreichtum, welcher sich in einer Fotosession oder Sprachnachrichten äußerte, um dem „Heartbreaker“ zu zeigen, was für`ne geile Alte ich bin.

Früher hab ich viel zu wenig nach vorne geblickt

Ich habe bis zum heutigen Tag einen großen Teil meiner Naivität verloren
und das ist gut so! Denn das ist ein (großer) Vorteil des Alterns; zu
wissen, dass am Ende alles gut wird, dass Gefühle vorbeigehen, dass ich mich niemanden anbieten muss, der mich nur benutzt und so viel arbeiten
muss, dass er mich meistens nur zum Bumsen unter der Woche kurz treffen
kann.

Mit Dreißig schaue ich auf vieles zurück und habe realisiert, dass ich häufig nur in der Vergangenheit gelebt habe, anstatt nach vorn zu blicken. Immer wollte ich Dinge zurück, die nicht mehr da waren. Das macht doch keinen Sinn. Hat eine Weile gedauert, bis das mal bei mir ankam. In mir hat sich ein gewisser Grundoptimismus breitgemacht, den ich niemals erreicht hätte, wenn nicht all diese blöden und schönen Dinge in meinem Leben passiert wären. Im Prinzip hat dies aber alles am Ende NICHTS mit dem Alter zu tun. Wir entwickeln uns nämlich (normalerweise) stetig weiter und lernen aus allen Erlebnissen. Im Idealfall haben wir eben um die Dreißig schon so viel erlebt, dass wir ruhiger, ausgeglichener und ein wenig weiser sind. Das ist doch ein ganz natürlicher Prozess. Daher können wir uns nun alle mal wieder beruhigen und uns wirklich über jedes neue Lebensjahr freuen. Allerdings würde ich gern den Körper einer Anfang Zwanzigjährigen behalten, denn der „Bereich“ lässt sich leider auf Dauer nicht schön reden, Erfahrung hin oder her.

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